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Toyota Mirai

Die Zukunft?

Selbstverständlich könnte es jetzt auch kompliziert werden, tief in die Technik gehen. Doch eigentlich reicht eine ganz simple Erklärung: der Toyota Mirai tankt Wasserstoff anstatt Benzin oder Diesel. In einem Brennstoffzellen-Stack wird dieser Wasserstoff zusammen mit der Umgebungsluft in elektrische Energie (und Wasser) umgewandelt, die wiederum eine Batterie (oder auch direkt den Elektromotor) versorgt, die dann wiederum für Vortrieb sorgen. Im rechtlichen Sinne ist der Mirai also ein Elektro-Auto, weil es mit Strom fährt – doch es wird halt nicht an der Steckdose getankt. Und es verfügt auch nicht über die üblichen Reichweiten von E-Autos, sondern soll mit einer Tankfüllung 500 Kilometer weit kommen.

Selbstverständlich könnte man jetzt auch noch länglich darüber diskutieren, dass es ja (in der Schweiz) vorerst noch keine (vernünftige) Infrastruktur hat, um den Mirai zu betanken – und darüber, wie «umweltfreundlich» Wasserstoff nun tatsächlich ist. Doch wenn man davon ausgehen will (und das wollen wir), dass es in absehbarer Zukunft genügend Tankstellen geben und Wasserstoff in erster Linie aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden wird (und das hoffen wir), dann ist der Toyota Mirai tatsächlich so etwas wie die automobile Zukunft. Ja, auch Hyundai bietet ein Brennstoffzellen-Fahrzeug zum Kauf an, doch die iX35 Fuel Cell sind handgefertigte Einzelstücke – der Mirai wird in Serie gebaut und ist tatsächlich käuflich. Zumindest in einigen Ländern, die bereits über so etwas eine Wasserstoff-Infrastruktur verfügen. Wir fuhren den Mirai in Dänemark, wo es landesweit sieben der entsprechenden Tankstellen gibt.

Selbstverständlich sehen wir auch die Probleme, ganz besonders dort, wo es um die Batterie geht, deren Herstellung (und auch deren Recycling) schon die eine oder auch andere Frage in Sachen wahrhafter Nachhaltigkeit aufwerfen darf, nein, muss, Lithium, Platin, seltene Erden, etc.. Es geht am Ende einzig um eine vernünftige well-to-wheel-Energie-Bilanz, da sehen wir den Mirai natürlich noch nicht als Vorbild, aber als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Und darum geht es. Und wieder einmal spielt Toyota da die entscheidende Pionier-Rolle (zusammen mit Hyundai diesmal). Allein das ist schon ganz viele Karma-Punkte wert, denn irgendjemand muss den Anfang machen, die Tür öffnen.

Und er fährt sich – ohne Fehl und Tadel. Es ist im Mirai alles so, wie man sich das von einem Elektro-Auto gewohnt ist. Kein Lärm – und jede Menge Durchzugskraft schon ab Start. 335 Nm maximales Drehmoment gibt Toyota an, die maximale Leistung liegt bei 114 kW, also über 150 PS. Was den 1850 Kilo schweren Mirai in 9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen lässt, knapp 180 km/h schnell macht. Die Ruhe und die Kraft lassen den Toyota sich ausgesprochen souverän vorwärtsbewegen, man ist flott unterwegs; der tiefe Schwerpunkt, der dem Brennstoffzellen-Stack unter den Vordersitzen sowie den Wasserstoff-Tanks unter den Hintersitzen zu verdanken ist, sorgt auch für ein sehr gutes, ausgewogenes Fahrverhalten. Nein, selbstverständlich ist der Mirai kein Sportwagen, aber er ist auch Kurven nicht abgeneigt. In erster Linie geht es aber um einen angenehmen Komfort, und den kann der Japaner bieten. Und man braucht sich keine Gedanken über die Reichweite zu machen, dies im Gegensatz zu anderen E-Autos, bei denen man das Fahrpedal immer wie ein rohes Ei behandelt, weil ansonsten die Reichweitenanzeige sofort bedrohliche Zahlen von sich gibt. Deshalb nutzt man dann auch gerne mal diesen Drehmomentschub – mit dem nicht einmal ein mächtiger Diesel mithalten kann.

Ja, das Design des Mirai ist, schreiben wir einmal: kontrovers. Doch das ist bei Toyota irgendwie Programm, schon der Prius, wie der Mirai ein grossartiger Pionier, schaffte immer mehr Aufmerksamkeit über seine Technik denn über seine Optik. Innen ist der Brennstoffzellen-Toyota, der eigentlich ein Lexus werden sollte, dafür sehr edel, nur vier, dafür grosszügige Sitzplätze, ein sauber gestaltetes Cockpit, das von einem riesigen Bildschirm dominiert wird, Klavierlack und alles, was es heute so braucht. So sieht die Zukunft des Interieur aus, das hat ja schon Tesla demonstriert. Der Kofferraum des 4,89 Meter langen Japaners fasst etwa 400 Liter, es gibt also da keine faulen Kompromisse wie bei anderen E-Fahrzeugen. An die Optik muss man sich aber schon gewöhnen; an die saubere Verarbeitung hat man sich bei den Japanern längst gewöhnt.

Der Mirai ist in Europa zum einigermassen absurden Preis von rund 80’000 Euro zu kaufen. Das ist im Vergleich zu den USA und zu Japan ziemlich eigenartig, denn dort kostet er keine 60’000 Dollar, profitiert zudem noch von happigen Subventionen und deutlich besseren Garantieleistungen. Doch allein in Kalifornien gibt es ja auch 100 Wasserstoff-Tankstellen, dort macht so ein Mirai also auch mehr Sinn, dort soll er vorerst verkauft werden. Ursprünglich wollte Toyota nur gerade 3000 Mirai bauen bis 2017, doch unterdessen wurde die Produktion deutlich erhöht – weil die Nachfrage überraschend gross ist. Was nicht weiter wundern muss, denn die automobile Zukunft hat mit dem Mirai bereits begonnen – und das interessiert anscheinend mehr Menschen als erwartet. Nein, Wasserstoff ist auch nicht die allseeligmachende Lösung, derzeit sowieso noch nicht, doch das Potenzial ist mittelfristig auf gar keinen Fall zu unterschätzen.

Mehr Toyota gibt es in unserem Archiv.

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  1. […] Brennstoffzellentechnologie serienmässig geben soll, machte das Unternehmen vorerst noch keine. Bei anderen Herstellern ist das ja anders, aber im Volkswagen-Konzern war man sich ja noch im vergangenen Jahr nicht […]

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