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Ferrari 288 GTO

Zufallstreffer?

Es hätte ja ganz anders kommen sollen: Ferrari wollte ein Gruppe-B-Auto bauen. Wie man in Maranello allerdings überhaupt auf die Idee kommen konnte, ein Rallye-Auto konstruieren zu wollen, das wissen wohl nur noch die Götter – eine grossartige Tradition bestand ja nicht wirklich, ausser, man will (Strassen-)Rennen wie die «Tour de France» auch zur Gattung der Rallies zählen. Zu Beginn gedachten die Italiener den 308 GTB umzubasteln, doch das erlaubte das Reglement nicht, also baute Ferrari gleich ein quasi komplett neues Auto. Das allerdings nie auf Schotter oder abseits des Asphalts rannte, obwohl es eigentlich ja rechtzeitig fertig gewesen wäre, um die Gruppe B noch aufzumischen.

Da kann man auch in der einschlägigen Literatur noch so manchen Unsinn lesen, Fakten sind: der Ferrari 288 GTO wurde im März 1984 auf dem Genfer Salon vorgestellt, spätestens Mitte 1985 waren die für die Homologation erforderlichen 200 Stück gebaut (insgesamt wurden es 272) – und die Gruppe B wurde nach dem Tod von Henri Toivonen und Sergio Cresto bei der Tour de Corse in einem Lancia Delta S4 im Mai 1986 zwar in Frage gestellt, doch erst Ende Saison aus dem Renn-Programm genommen. Hätte Ferrari wirklich in der Rallye-WM antreten wollen, dann hätte der 288 GTO spätestens Anfang 1986 bereit gehabt – man darf sich durchaus fragen, ob die Italiener nicht von Anfang an wussten, dass sie ganz einfach das schnellste Serienfahrzeug jener Jahre auf die Strasse stellen würden.

Die optischen Ähnlichkeiten mit dem 308 GTB kommen also nicht von ungefähr – und doch ist der 288 GTO ein ganz anderes Automobil. Der Radstand musste um 110 Millimeter gestreckt werden, die Spur ist auch deutlich breiter. Es wurden ganz neue Werkstoffe verwendet, das Dach und die Heckpartie bestehen aus einem sehr leichten Kevlar/Nomex-Verbundstoff, die Fronthaube aus Fiberglas und Nomex, der Rest der Karosse, die auf einem Stahlrohrrahmen steht und von Pininfarina den neuen Gegebenheiten angepasst wurde, aus GFK. Das erklärt das verhältnismässig geringe Gewicht von 1160 Kilo.

Die Verlängerung des Radstandes war nötig geworden, weil das manuelle 5-Gang-Getriebe hinter dem längs eingebauten Motor angeordnet wurde (beim 308 liegt es bekanntlich «unter» dem quer verbauten Motor). Die Maschine selber war eine neue Entwicklung, erstmals wurden bei einem Ferrari-Strassen-Fahrzeug Turbos eingesetzt, gleich zwei mächtige Trumms des japanischen Herstellers IHI zusammen mit einem Behr-Ladeluftkühler. So kam der 2,8-Liter-V8 mit seinen vier Ventilen pro Zylinder und den zwei obenliegenden Nockenwellen pro Zylinderreihe auf ein maximales Drehmoment von 496 Nm bei 3800/min und eine Leistung von 400 PS bei 7000/min; der rote Bereich begann bei 7800/min. Es heisst, dass die 400 PS sehr pessimistisch gerechnet waren. Trotzdem waren die Fahrleistungen nicht unbedingt das, was heute noch beeindrucken könnte, die 4,9 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h schafft unterdessen ja auch ein scharfer VW Golf. Immerhin war der 288 GTO das wahrscheinlich erste Serien-Auto, das die Marke von 300 km/h Höchstgeschwindigkeit tatsächlich knackte.

272 Stück des nur in Rosso Corsa ausgelieferten 288 GTO wurden gebaut, eines davon nachträglich für Niki Lauda. Es heisst, dass rund 70 Stück davon ausgebrannt sind, weil die Benzinleitungen nicht druckfest genug waren; sie wurden aber anscheinend alle wieder aufgebaut. Der GTO, wie er ganz offiziell heisst, war der erste Strassen-Ferrari mit dem «cavalino rampante» auf den Kotflügeln; davor war das Emblem den Rennwagen vorbehalten gewesen. Heute werden sagenhafte Zahlen für den Ferrari 288 GTO aufgerufen, der als Neuwagen 265’000 DM gekostet hatte: der höchste Preis liegt bei 2,75 Millionen Dollar.

Selbstverständlich geht die Geschichte des 288 GTO noch weiter. Es folgten drei, andere Quellen sprechen von fünf «Evoluzione», die rein optisch den F40 schon vorausnahmen. Der Motor kam im Evo auf bis zu 650 PS, die Höchstgeschwindigkeit lag bei über 360 km/h, das Gewicht deutlich unter 1000 Kilo. Aber das ist eine andere Geschichte, die wir auch gerne erzählen werden, falls wir die passenden Bilder finden.

Mehr Ferrari haben wir in unserem Archiv.

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