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Test Seat Leon Cupra ST

Souverän

Schon nach der Präsentation der aufgebretzelten Cupra-Modelle äusserten wir uns ziemlich begeistert über die 300-PS-Spanier. Nun hatten wir einen ST, also einen Kombi, im Test – und freuen uns, dass wir unseren ersten Eindruck mehr als nur bestätigt sehen. Einverstanden, so ein Seat Leon ist das x-te MQB-Modell, noch so ein umgelabelter Golf, doch MQB ist ja nicht prinzipiell falsch – und der Cupra bietet halt schon viel für ein noch einigermassen vernünftiges Geld.

Zuerst einmal: hervorragende Fahrleistungen. Die elektronisch limitierten 250 km/h Höchstgeschwindigkeit schafften wir auf der deutschen Autobahn ausgesprochen locker, da zieht der Cupra einfach souverän durch – und wird nicht einmal unfreundlich laut. Das richtig coole Überholprestige hat der Spanier allerdings nicht, manch ein Premium-Diesel wollte den Weg nicht freimachen für den Kombi. Uns stand das Top-Modell zur Verfügung, also mit 4×4 und DSG – und ja, es ist durchaus vorstellbar, dass der Spanier so ausgerüstet in den vom Werk angegebenen 4,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h rennt. Denn er bringt die Kraft schon sauber auf die Strasse, das Doppekupplungsgetriebe liefert den perfekten Anschluss, das ist schon irgendwie verblüffend – es ist noch nicht lange her, da schafften nur Supersportwagen den Paradesprint in weniger als 5 Sekunden. Und jetzt macht man es auch in einem äusserlich extrem unaufgeregten Kombi. Ebenfalls erstaunlich: auch bei durchaus forcierter Fahrweise steigt der Verbrauch nicht ins Unendliche, auch auf der deutschen Autobahn mit einem Reisetempo von über 200 (wenn es denn möglich war) stieg der Durst nicht über 10 Liter. In der Schweiz, also mehr rollend als heizend, schafften wir auch genau den vom Werk angegebenen Durchschnittsverbrauch von 7,2 Litern.

Der Cupra verfügt selbstverständlich auch über die diversen Fahrmodi, und wie bei anderen MQB-Produkten ist uns «Sport» zu sportlich beim Fahrwerk, schlicht zu hart, da müssen die Plomben auf den Zähnen schon gut verankert sein. Am besten erscheint uns die individuelle Einstellung vom Fahrwerk auf «Normal», aber Lenkung und DSG auf «Sport», da hat man wohl am meisten Fahrfreude. Der Cupra liegt bestens, nicht das sprichwörtliche Brett, aber kaum eine Seitenneigung ist spürbar. Ja, die Lenkung ist vorbildlich, sehr präzis, schön direkt; beim Allradler spürt man auch quasi keine Kraftflüsse (auch wenn man leider auf die mechanische Sperre, die es beim Fronttriebler weiterhin gibt, verzichten muss). Und sollte man dann einmal zu flott unterweg sein, dann sind da ja auch noch die mächtigen Bremsen von Brembo, schön dosierbar, aber gnadenlos, wenn sie dann müssen. Auch hier wieder: schon ziemlich wild, was so ein doch über 1,5 Tonnen schwerer Kombi heute kann.

Und ja, wir schätzen den ST halt schon auch für seinen inneren Werte. 587 Liter Kofferraum, die sich in weniger als 5 Sekunden auf 100 bewegen lassen, das ist es fröhliche Ansage (maximal sind 1470 Liter möglich, das ist auch ganz anständig für dieses Segment). Das Cockpit wurde auf Höhe des Golf 7.2. gebracht, also: grösserer Bildschirm, der schon auf Annäherung des Fingers reagiert, mehr Infotainment-Zeugs, auch mehr Assis (die eh niemand braucht). Die Sportsitze sind auf längeren Strecken vielleicht ein bisschen gar unnachgiebig, aber daran kann man sich gewöhnen – man ist ja auch früher am Ziel in so einem Cupra. Rätsel gibt das Innenleben und das Bediensystem keine auf, was aber daran liegen könnte, dass wir halt schon so viele MQB-Dinger gefahren sind, dass wir uns so ein bisschen wie daheim fühlen.

Mit 45’550 Franken ist so ein Leon Cupra 300 mit 4Drive als Kombi angeschrieben. Das erachten wir als ausgesprochen fair, gerade im Vergleich mit den internen Konkurrenten. Gut, man kann dann da schon noch ein bisschen aufrüsten, die «Performance-Packages» sind nötig und kosten reichlich (ab 3190 Franken), man bezahlt auch zusätzlich für das Navi und sogar das Karten-Material, wenn man sich einmal ausserhalb der Schweiz bewegen will. Doch das ist im Volkswagen-Konzern ja so üblich – knapp über 50’000 Franken für einen flotten ST erscheint uns aber immer noch nicht als zu viel. Man muss das schon klar sehen: Derart feine Fahrleistungen in einem absolut alltagstauglichen Fahrzeug, das auch noch ganz adrett aussieht, gibt es sonst höchst selten.

Mehr Seat haben wir in unserem Archiv.

1 kommentar

  1. Wenger Andreas Wenger Andreas

    Wieso das Performance-Paket im Text als nötig dargestellt wird, erschliesst sich mir keineswegs. Ich fahre den Wagen seit 5/17 ohne und vermisse rein gar nichts. Anders sähe es nur auf der Rennstrecke aus, wo die teure Brembobremse wohl angezeigt ist.

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