Die Gesamtsumme
Am Schluss dann, wenn man alles betrachtet und zusammenzählt, dann ist das halt schon richtig gut. Gut, es kostet auch richtig viel plus dann noch den Premium-Aufschlag. Aber man kann schon auch verstehen, weshalb eine doch grosse Klientel genau dieses Auto will. Und kein anderes, keinen Audi, sicher keinen Benz, ganz sicher nichts, das nicht «made in Germany» ist, sondern: BMW. Und die Version, die wir fahren durften, ist so etwas wie eine Lebensentscheidung, auf einer ähnlichen Stufe wie Heiraten (gibt es allerdings nicht im Leasing…) oder der Kauf eines Hauses: 530d als Kombi mit Allrad. Hat man den, dann hat man: alles.
Zwar mögen sich DreierFünferSiebner unterdessen nur noch in der Grösse unterscheiden, doch das sieht halt alles auch gut aus. Der Fünfer ist als Kombi halt schon ein Vieh, das sind fast 5 Meter (4,94 Meter, um genau zu sein), 1,87 Meter in der Breite, 1,50 Meter in der Höhe. Und auch fast drei Meter Radstand. Doch das ist gerade beim Kombi sauber verpackt, wirkt elegant, mit Chrom genau dort, wo er der optischen Unterstützung dient. 570 Liter Kofferraum-Volumen sind eine gute Ansage im Lifestyle-Bereich, die 1700 Liter bei abgeklappten Rücksitzen lassen sich auch nutzen – falls man sich nicht scheut, das dreckige Downhill-Bike auf den edlen Teppichen zu lagern.
Innen, tja – welche eine Wohltat, dass wir auch wieder einmal etwas anderes sehen dürfen als MQB plus weitere Derivate. Gut, im Vergleich zum direkten Konkurrenten Volvo sieht der BMW aus wie aus dem letzten Jahrhundert, der aufgepropfte Screen ist nun wirklich nicht mehr das, was man sehen will, da wundert man sich schon etwas, ob man in München noch nie in einen Tesla (oder eben einen Volvo, oder einen Peugeot – oder auf ein Smartphone) geschaut hat. Es gibt weiterhin Knöpfchen und Schalterchen allerorten, Heerscharen davon auf dem Lenkrad. Da zeigt halt auch der neue Audi A8, wie man das auch gestalten könnte – man darf ja nicht vergessen: der 5er-BMW ist ganz neu, es wird noch ein paar Jährchen dauern, bis es da Anpassungen geben wird. Das Bediensystem haben wir noch nie verstanden, da geben wir uns auch gar keine Mühe mehr, das noch begreifen zu wollen; wir fahren ja höchst selten BMW. Andererseits: das ist schön gemacht, gut zusammengefügt, sauberst verarbeitet, die Materialien vom Feinsten. Und dann eben doch auch logisch, wenn halt auch eher auf der konservativen Seite. Dafür ist die Sitzposition ein Traum, schön tief, und der Sitz selber etwas vom Besten, was wir kennen.
Einst war es die «Freude am Fahren», die einen BMW von seinen Konkurrenten unterschied. Unterdessen gibt auch aus München Fronttriebler – und auch die Konkurrenz im Feld des 5er hat nicht geschlafen. Als xDrive kann der Münchner die geliebten Hecktriebler-Stärken von einst sowieso nicht ausspielen, aber das sind halt auch die Zeichen der Zeit, in der Schweiz werden unterdessen mehr als die Hälfte der Neuwagen mit Allradantrieb verkauft. Doch der 5er macht das bestens, es sind eigentlich keine Krafteinflüsse auf die Lenkung zu spüren – und der Diesel zieht feinst seine Spur, kommt souverän aus der Kurve. Für unseren Geschmack ist er etwas zu hart abgestimmt, doch das gehört ja zum Charakter eines BMW – und man kann ja an den Fahr-Modi spielen. Im Normalbetrieb macht der grosse, schwere Wagen (1,9 Tonnen) aber kaum einen Wank, in die Nähe von so etwas wie einem Grenzbereich kamen wir auf unserer Ausfahrt nie. Es ist ein gutes Gefühl, wenn man einfach nur Vertrauen haben darf in das Fahrverhalten eines Fahrzeugs. Die Bremsen sind feinst dosierbar, die Lenkung so, wie sie sein muss – es ist dies alles ein wirklich passender Kompromiss zwischen Langstreckenqualitäten und durchaus sportlichem Auftritt, derart ausgewogen kann das Audi nicht und Mercedes erst recht nicht.
Am Morgen beginnt der 3-Liter-Diesel seinen Dienst mit einem gut vernehmbaren Brummen. Er beruhigt sich zwar nach einigen Minuten, doch der Selbstzünder bleibt immer hörbar. Wahrscheinlich will das der BMW-Kunde genau so, anders lässt sich diese nicht unangenehme Geräuschkulisse nicht erklären, denn wir kennen da andere grosse Diesel, die hört man dann im Fahrbetrieb nicht mehr. Doch dafür arbeitet der 265 PS starke Sechszylinder mit Macht, drückt 620 Nm maximales Drehmoment ab 2000/min ab – da ist man schon richtig souverän unterwegs. Er will in 5,6 Sekunden von 0 auf 100 rennen, maximal sind es elektronisch abgeriegelte 250 km/h. Und das bei einem Normverbrauch von 5,7 Litern (der Bordcomputer stand nach unserer Ausfahrt auf 6,2 Litern – und ja, das war durchaus flottes Fahren); es macht tatsächlich den Eindruck, dass «efficient dynamics» bei den Münchnern nicht nur eine hohle Phrase ist.
So ein BMW 530 d xDrive ist ab 81’200 Franken zu haben. Es ist aber nicht anzunehmen, dass so ein Fahrzeug für einen noch fünfstelligen Betrag den Händler verlässt. Natürlich ist das viel Geld, dafür könnte man sich auch vier voll ausgestattete Suzuki Ignis kaufen, doch anscheinend scheint das viele Menschen nicht weiter zu kümmern. Man kauft sich halt auch «Sicherheit», sprich: man macht nichts falsch. Das ist der gleiche Effekt wie etwa bei Schühchen von Prada und einem Täschlein von Hermes, da ist man auch auf der sicheren Seite, wird sicher nicht belächelt, sondern schafft sich den «guten Geschmack» gleich noch mit an (was sich dann auch bei den Gebrauchtwagen-Preisen positiv bemerkbar macht). Und genau deshalb ist am Schluss dann, wenn man alles betrachtet und zusammenzählt, halt alles schon richtig gut.
Mehr BMW haben wir in unserem Archiv nicht.
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