Zu schnell
Den 850 von Fiat, der eigentlich nur eine Weiterentwicklung des 600er war, gab es schon seit 1964. Und er war gerade als Special mit 47 PS ein ziemlich fröhliches Sportgerät. Neben der Stummelheck-Limousine gab es 1965 auch ein Coupé sowie den Spider (und dann auch noch den T, das Transporterchen, das in dieser Geschichte aber keine Rolle spielt). Selbstverständlich nahm sich Carlo Abarth dem 850 sofort an, mit dem 600er hatte man ja viel Erfolg gehabt. Quasi gleichzeitig wie der 850 kam auch der von Abarth bearbeitete 850 OT auf dem Markt; OT steht für «Omologata Turismo». Und für zuerst einmal 42 anstatt der serienmässigen 34 PS. Doch das wollte irgendwie niemand, und schon im Herbst 1964 gab es neue Versionen, einen 850er mit 53 PS und den OT 1000 mit 54 Pferden. Schon ein Jahr später stieg die Leistung dann in den Coupé und Spider auf 62 PS. Und dann gab es da auch noch den OTR – das «R» steht für «radiale». Das bedeutete dann schon ziemlich heftige 74 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h. Doch auch der Preis für so einen OTR war heftig: Während der Standard-850 798’000 Lire kostete, mussten für ein OTR-Coupé satte 1’410’000 Lire bezahlt werden.
Doch sie waren schlicht und einfach grossartig, die OTR-Coupé. Und so schnell, dass sie bei verschiedenen Renn-Serien gar nicht erst antreten durften; die (amerikanische) SCCA verbannte die Abarth-Coupé aus der Klasse unter 1000 Kubik, weil klar war, dass die Gegner eh keine Chance gehabt hätten. Allerdings waren sie so gut, dass sie auch die 1600er aufmischten – und das, obwohl die richtig heisse Variante mit 95 PS erst ab 1970 erhältlich war. Leider ist nicht ganz klar, wie viele OTR gebaut wurden; sicher ist allerdings, dass heute quasi alle den «bösen» Motor eingebaut haben, obwohl das chronologisch gar nicht möglich ist. Aber es macht halt (noch) mehr Freud’, knapp 100 Pferde für 700 Kilo sind alles andere als eine Spassbremse.
Es sei hier noch ganz prinzipiell etwas zu den Abarth-Preisen geschrieben. Ja, die Geschichte ist unübersichtlich, ja, es stehen Tür und Tor offen für, hmm, Modifikationen an ganz braven Fiat-Modellen. Einzelstücke und Fahrzeuge mit gesicherter Historie (und Renngeschichte) sind nicht wirklich günstig, wobei da auch gleich noch erwähnt sein muss: auch dann sind sie Schnäppchen, so ein 750er-Zagato, zum Beispiel, ist technisch und optisch ein Meisterwerk – und kostet einen Bruchteil der Sportwagen aus der Umgebung von Modena. Die 1000 OTR kommen nicht auf sechsstellige Beträge, sind ja aber deutlich seltener (und schöner) als etwa Porsche 911 aus dem gleichen Zeitraum. Und mindestens so flott. Und sie machen halt jenen herrlichen «beautiful noise»… Man liegt wohl kaum falsch, wenn man den Abarth ein noch beträchtliches Potential gegen oben zubilligt.
Unsere grosse Abarth-Story: hier.
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