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Ligier JS2

French Connection

Warum, so fragte Jo Schlesser seinen Freund Guy Ligier Ende der 60er Jahre, bauen wir eigentlich nicht selber ein Auto? Schlesser, einigermassen erfolgreicher Rennfahrer, war genau wie Guy Ligier unzufrieden mit den Fahrzeugen, die ihnen bei den Langstrecken-Rennen zur Verfügung standen – oder sie waren ihnen einfach zu teuer, wie etwa der Ford GT40, mit dem sie 1967 gemeinsam zu den 24 Stunden von Le Mans angetreten waren (sie fielen an 6. Stelle liegend nach 13 Stunden aus). Guy Ligier, ehemaliger Leichtathlet, Ruderer und Rugby-Spieler, hatte erst mit 34 Jahren mit einer ernsthaften Rennfahrer-Karriere begonnen, er gewann mit Schlesser die 12 Stunden von Reims und 1967 auch noch einen Punkt in der Formel-1-Weltmeisterschaft, dies mit einem sechsten Platz beim GP von England. So ganz nebenbei baute er auch noch ein sehr erfolgreiches Baugeschäft auf, mit 31 hatte er bereits mehr als 1000 Mitarbeiter. Spaziergeld war also vorhanden, beste Beziehungen hatten die beiden Franzosen auch, Rennerfahrung sowieso – und so nahm der erste Ligier bald Gestalt an. Leider verunglückte Jo Schlesser beim Grossen Preis von Frankreich in Rouen auf einem Honda tödlich – John Surtess hatte sich geweigert, dieses Fahrzeug (RA302) zu fahren, es als Todesfalle bezeichnet. Guy Ligier benannte alle seine Fahrzeuge zu Ehren seines guten Freundes mit JS.

Der JS1 von Automobiles Ligier wurde im September 1969 vorgestellt. Es war eine interessante Konstruktion von Michel Tetu, selbstverständlich Gitterrohrrahmen, selbstverständlich Mittelmotor, selbstverständlich Einzelradaufhängung; der Entwurf für die GFK-Karosse stammte von Pietro Frua. Zuerst wurde ein 1,6-Liter-Cosworth eingebaut, die 220 PS machten den nur 800 Kilo schweren Ligier ziemlich fröhlich. Trotzdem wurden nur drei Prototypen gebaut, die auch als Rennfahrzeuge eingesetzt wurden, denn man arbeitete schon bald am JS2, denn Ligier hatte grössere Pläne: 500 Exemplare sollten gebaut werden, damit das Fahrzeug für die GT-Klasse homologiert werden konnte. Während der JS1 ja nur für die Rennstrecke gedacht war, musste dem JS2 etwas mehr Manieren beigebracht werden, Ligier verlangte von Tetu und Frua eine bessere Übersichtlichkeit nach vorne, einen Kofferraum, grössere Türen. Als der JS2 auf dem Salon von Paris 1970 vorgestellt wurde, verfügte er über einen 2,6-Liter-Ford-Motor. Allerdings nur für kurze Zeit, denn Ford wollte mit dem GT70 ein sehr ähnliches Fahrzeug auf den Markt bringen und stellte die Lieferungen der Motoren sehr bald ein.

Aber Guy Ligier verfügte ja über beste Beziehungen. Raymond Ravenel, damals Chef von Citroën, erlaubte ihm, den 2,7-Liter-V6 aus dem Citroën SM für den JS2 zu verwenden. Dafür mussten einige Anpassungen gemacht werden, das Fahrzeug wurde 5 Zentimeter länger (4,25 Meter x 1,72 Meter x 1,15 Meter, wahrscheinlich weniger als 1000 Kilo), die Produktion lief dann 1972 endlich an. 1973 gab es dann den 3-Liter-Motor, wie er auch im Maserati Merak seinen Dienst versah, die JS2 konnten auch bei den Citroën-Händlern gekauft und gewartet werden; Ende des Jahres wurde die SM-Produktion in die Ligier-Fabrik in Abrest ausgelagert. Für 1974 wurde der Ligier noch einmal überarbeitet, aber unterdessen hatte die Ölkrise zugeschlagen, Citroën wurde von Peugeot übernommen und Maserati von DeTomaso, und damit hatte nach wahrscheinlich 225 gebauten Exemplaren auch schon das letzte Stündchen des JS2 geschlagen.

Also, fast. Denn da gab es ja immer auch noch die Renn-Versionen. Die waren sogar einigermassen erfolgreich, 1972 gewannen Larousse/Chasseuil 14 von 17 Etappen der Tour de France, um dann kurz vor dem Ziel auszuscheiden. 1974 gab es dann aber an eben dieser Tour de France einen Doppelsieg – und einen 8. Platz bei den 24 Stunden von Le Mans. Und 1975 schafften Lafosse/Chasseuil in Le Mans einen überraschenden zweiten Platz, nachdem sie lange noch Siegeschancen gehabt hatten; es dürfte daran gelegen haben, dass der Maserati-Motor für dieses Rennen einem Cosworth-DFV Platz machen musste. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sich Guy Ligier längst auf ein neues Projekt konzentriert, die Formel 1.

Andere Exoten haben wir reichlich in unserem Archiv. Und dann gibt es da ja noch: Die Aussergewöhnlichen.

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