Erschreckend schnell
Die Renn-Saison 1982, in der schon das neue Gruppe-C-Reglement galt, brachte Lancia mit dem Gruppe-6-LC1 noch so einigermassen über die Runden. Wollte man aber weiterhin vorne mittun auch in der Konstrukteurs-WM, dann brauchten die Italiener ein neues Renngerät. Es fehlte aber an einen Motor, mit dem 1,4-Literchen aus dem Beta Montecarlo Turbo gab es gar nichts mehr zu gewinnen. Schweren Herzens wandte sich Lancia Corse innerhalb der Fiat-Gruppe um Hilfe – und wurde von Ferrari erhört.
Dort hatte man gerade den Ferrari 308 GTBi QV eingeführt, dessen 3-Liter-V8 neu über einen Vierventil-Zylinderkopf verfügte. Diese Maschine durften Lancia und Abarth in die Kur nehmen. Um dem Reglement zu entsprechen, das auch strenge Verbrauchsregeln vorsah (nur noch 60 Liter/100 km…), wurde der Hubraum auf 2,6 Liter beschnitten, dafür kamen zwei KKK-K26-Turbolader dazu. Für das Chassis, ein Alu-Monocoque, und den Aufbau aus Kevlar und Karbon zeichnete wieder Dallara zuständig. Der LC2, wie der Lancia getauft wurde, war nicht nur bestens belüftet, sondern auch sehr aerodynamisch – auf den Geraden galt er als erschreckend schnell.
Es war also nicht weiter verwunderlich, dass der Lancia LC2 in seiner Karriere, die von 1983 bis 1986 dauerte, 13 Pole-Positions schaffte und 11 schnellste Runden. Besonders heftig war das Im Qualifying für Le Mans 1983, das war der Italiener 11 Sekunden schneller als der beste Porsche. Bloss mit der Zuverlässigkeit haperte es ein wenig, nur gerade drei Rennsiege fuhren die insgesamt sieben gebauten Exemplare ein (Imola, Kyalami, Spa). Zwei Mal waren die dominanten Porsche 956 dabei nicht am Start, auch über dem Sieg dem Sieg in Spa lag ein Schatten, denn das Rennen wurde aus Respekt vor dem auf der Strecke verstorbenen Stefan Bellof vorzeitig abgebrochen.
Das nicht gerade beeindruckende Auftreten der Lancia LC2 lag einerseits am Ferrari-Motor, der auch viel zu viel verbrauchte (und deshalb später wieder zum 3-Liter wurde, diesmal mit Magnetti-Marelli-Zündung), andererseits aber auch an einer doch sehr chaotischen Organisiation. Immer wieder wurde der Reifenhersteller gewechselt, von Pirelli zu Dunlop zu Michelin, manchmal fiel einfach ein Rad ab, dann fuhren sich die beiden führenden Lancia in Brands Hatch gegenseitig von der Strecke. Ende 1986 gab Lancia endgültig auf, einige Kunden-Teams liessen die LC2 aber noch bis 1991 laufen. Ohne Erfolg.
Wir können hier vier Exemplare der Lancia LC2 zeigen, LC2-0001 (unten) und LC2-0007 (oben, offiziell das letzte gebaute Fahrzeug – anscheinend verschacherte Lancia aber noch zwei weitere Chassis an private Kunden), die beide über Girardo & Co. verkauft wurden. LC2-0001 war logischerweise das erste Fahrzeug (das übrigens gleichzeitig wie der Lancia Rally 037 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, im Februar 1983), fiel in Le Mans 1983 aus und wurde Zweiter in Kyalami 1984, dann aber mit der 800 PS starken 3-Liter-Variante. LC2-0007 war die letzte Ausbaustufe, mehr als 800 PS, fuhr in seinen drei Rennen drei Mal die schnellste Rennrunde und zwei Mal auf die Pole-Position sowie aufs Podest.
Einen haben wir noch: Chassis-Nummer 0005, kam bei RM Sotheby’s in Le Mans 2023 unter den Hammer, Sieger in Kyalami 1984, Pole-Position Le Mans 1984, 8. Gesamtrang. Verkauft für 2’255’000 Euro:
Einen haben wir noch: Chassis-Nummer: 0002. Steht bei RM Sotheby’s Private Sales zum Verkauf (August 2023). Zweimal Le Mans (1983, einige Führungsrunden; 1985, einige Führunsrunden, 6. Gesamtrang); Sieger 1000 Kilometer Imola 1983. Bei Canepa restauriert, Preis auf Anfrage.
Wir haben da noch einen schönen Überblick über ein paar feine Lancia-Geschichten, hier. Und dann ist da auch noch das Archiv.
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