Licence to Thrill
James Bond hat es ja so ein bisschen mit den Damen. Und dem Schnaps. Und den Automobilen. Nur in einem Abenteuer, «You Only Live Twice» (1967), da sitzt Bond – hier: Sean Connery – kein einziges Mal am Steuer. Er ist immer nur Beifahrer. Ob das daran gelegen hat, dass ihm das Drehbuch keinen Aston Martin anbieten konnte, oder vielleicht daran, dass er zwar die «licence to kill», aber keinen japanischen Führerschein besass, das entzieht sich unserer Kenntnis. Und doch hat «You Only Live Twice» ein Automobil berühmt gemacht: den Toyota 2000GT.
Aus der Geschichte des ersten Toyota-Sportwagen, dem hübschen Sports800, haben wir ja gelernt, dass es den japanischen Auto-Herstellern bis Ende der 50er Jahre verboten war, etwas anderes als Lastwagen und Limousine zu bauen. Der Sports800, gebaut zwischen 1965 und 1969, war dann der erste Versuch von Toyota, sich nach Aufhebung des Banns auch in eine andere Richtung zu orientieren. Man darf ihn nicht als übermässig erfolgreich bezeichnen, vom Sports800 wurden gerade einmal 3131 Exemplare gebaut. Aber Toyota wusste, dass da mehr möglich ist – und dass so ein Sportwagen unbedingt auch gut ist für das Image.
Jetzt wird es aber schon mysteriös. Denn Toyota konstruierte den neuen Sportwagen im Gegensatz zum Sports800 nicht selber, sondern vergab den Auftrag an die Entwicklungsabteilung von Yamaha. Ja, Yamaha ist vor allem berühmt als Motorrad-Hersteller, aber dabei wird gerne vergessen, dass die Japaner auch einen ausgezeichneten Ruf als Motorenbauer haben (und schon damals hatten). Erstaunlich ist nun aber, dass Yamaha am Motor, einem 2-Liter-Reihen-Sechszylinder aus dem Toyota Crown, kaum etwas bastelte, ihm einzig zwei obenliegende Nockenwellen verpasste, was die Leistung auf beachtliche 150 PS brachte. Neun spätere Exemplare verfügten dann auch noch über einen 2,3-Liter-Motor mit der gleichen Basis; für die amerikanischen Bedürfnisse wurden auch einige wenige Exemplare mit einem automatischen Getriebe ausgerüstet.
Als Toyota den 2000GT 1965 auf der Tokio Motor Show vorstellte, war das Publikum vor allem positiv überrascht; der Prototyp stahl dem Sports800, dessen Serien-Produkt auf der gleichen Messe Weltpremiere feierte, eindeutig die Show. Zwar erinnerte der neue Sportwagen entfernt an den Jaguar E-Type, doch trotzdem, so ein schönes Auto hatte es in Japan vorher nie gegeben. Wer genau der Designer war, wird wohl nie geklärt werden. Es gilt als sicher, dass Albrecht Graf von Goertz, berühmt geworden als Schöpfer des 1955 vorgestellten BMW 507, Anfang der 60er Jahre für Yamaha gearbeitet hatte.
Aber ob es ein Entwurf von Goertz war, den Yamaha Toyota vorstellte, das ist ungeklärt – und unwahrscheinlich. Die Rolle von Albrecht Graf von Goertz ist eh etwas undurchsichtig, er galt ja auch lange als Designer des Datsun 240Z, obwohl er nie etwas mit diesem ersten erfolgreichen japanischen Sportwagen zu tun hatte. Toyota schreibt das Design mit den ungewöhnlichen Klapp-Scheinwerfern auf jeden Fall einem eigenen Mitarbeiter zu, Satoru Nozaki.
Als der 2000GT 1967 dann endlich auf den Markt kam, da war die Fachwelt überrascht. Das amerikanische Magazin «Road&Track» verglich den Japaner mit dem Porsche 911. Das Fahrwerk mit vorne und hinten Einzelrad-Aufhängung mit Querlenkern und Schraubenfedern war um Meilen besser als das, was die Japaner sonst zu bieten hatten damals. Die Fahrleistungen waren ausgezeichnet, rund 220 km/h schnell war der 2000GT, geschaltet wurde über ein manuelles 5-Gang-Getriebe, der Toyota hatte vorne und hinten Scheibenbremsen. Neben den aussergewöhnlichen Magnesium-Felgen gab es eine weitere kleine Besonderheit, eine «Notbremse», die nur auf die hinteren Räder wirkte – diese wurde vielleicht extra für James Bond eingebaut. Für heutige Verhältnisse ist der 2000GT mit einer Länge von 4,17 Metern und einer Breite von nur 1,60 Metern winzig; das Leergewicht betrug knapp über 1100 Kilo.
Das Fahrzeug wurde von der Fachpresse ausgesprochen wohlwollend beurteilt, obwohl es mit einen Preis von 8800 Dollar noch teurer war als alle Porsche und Jaguar jener Jahre. Doch noch wichtiger war, dass die Chef-Etage von Toyota im 2000GT erkannte, dass Design durchaus seine Berechtigung hat; 1970 kam der Celica auf den Markt, der die Marke Toyota endgültig auf den Radar der Kundschaft auch ausserhalb von Japan brachte.
Bond fuhr in «You Only Live Twice» in einem ganz speziellen 2000GT mit, einem von nur zwei gebauten Cabrios. Beide kamen zwar direkt ab Werk, wurden aber nie offiziell angeboten. Und eigentlich waren sie auch gar keine richtigen Cabrios, denn sie hatten keinerlei Dach. Es wird erzählt, diese beiden Fahrzeuge seien deshalb entstanden, weil der grossgewachsene Connery nicht in das niedrige Coupé – der 2000GT ist nur gerade 1,16 Meter hoch – gepasst habe. Toyota habe es zuerst noch mit einer Targa-Variante versucht, doch auch da soll James Bond zu wenig Platz gehabt haben. Also liess man das Dach dann gleich ganz weg.
Ich kann das nicht so ganz verstehen: Sean Connery ist genau gleich lang wie meine Wenigkeit, 1,89 Meter. Und sicher das eine und noch andere Kilo leichter. Ich hatte allerdings nicht das geringste Platzproblem im 2000GT, ganz im Gegenteil, ich fühlte mich ausgesprochen wohl (was daran liegen könnte, dass ich keine Walther PPK rumzutragen habe). Im Gegensatz zu James durfte ich aber auch hinter das riesige, sehr dünne Holz-Lenkrad. Der Reihen-Sechszylinder erwacht etwas missmutig zum Leben, er braucht ein paar Minuten, bis er schön ruhig läuft. Doch dann läuft er: schon ruhig. Mit diesem typischen Sound, wie ihn halt nur Reihen-Sechszylinder haben. Ab etwa 3000/min kräht er dann ziemlich heiser, schön ist das, wunderschön.
Und ja, der alte Herr geht auch gut vorwärts. Zwar ist das 5-Gang-Getriebe nicht dringend das, was wir heute als knackig bezeichnen würden. Doch nach kurzer Zeit hat man sich an dieses Rührwerk gewöhnt. Und auch daran, dass die Lenkung mehr so eine Richtungsangabe vorgibt denn ein Präzisionsinstrument sein möchte. Selbstverständlich hauen wir den 2000 GT nicht so richtig grob um die Biegungen, doch wir merken schnell: das würde schon gehen, er würde da einiges mitmachen. Doch da hat man natürlich Respekt, vor dem Alter, vor der Schönheit – vor der Seltenheit des Gefährts.
Insgesamt wurden nur gerade 351 Exemplare des 2000GT gebaut, alle bei Yamaha. Selbstverständlich sind diese Toyota heute ausgesprochen teuer, wahrscheinlich die teuersten Japaner überhaupt; das Milliönchen wurde auch schon mal erreicht. Das hier gezeigte Exemplar gehört der Sammlung des Schweizer Toyota-Importeurs, der auch noch einen zweiten 2000GT besass, einst.
Selbstverständlich braucht es jetzt hier auch eine Sammlung. Auch, damit man die Preisentwicklung ein wenig verfolgen kann. Und weil sie halt schöne Automobile sind, diese Toyota 2000GT.
Chassis-Nummer: MF10-10050
Auktion: RM Sotheby’s, Paris 2023, verkauft für 623’750 Euro.
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Chassis-Nummer: MF10-10083
Motoren-Nummer: 3M 10109
Auktion: RM Sotheby’s, The Pinnacle Portfolio 2015, verkauft für 825’000 Dollar, angeboten mit folgendem Text: «Keen historians will be quick to note that two pre-production, left-hand-drive 2000GTs were constructed before chassis 10083—chassis 10081 and 10082. Both were originally built as right-hand-drive examples but were later converted to left-hand drive, eventually selling to Belgium and Denmark, respectively. Chassis 10083, on the other hand, was the first 2000GT designated as type 36011 (designating left-hand drive), with production code 20 (designating U.S. delivery). The car was destined for the West Coast and shipped new by special-order to Toyota of San Francisco. It was purchased by Scott Pfefer, a well-known sports car enthusiast living in the Bay Area, and was registered on California “black plates” VOH 932. It is reported that Pfefer drove the car frequently and had it regularly serviced at Toyota of San Francisco. During his 10 years of ownership, he drove this 2000GT nearly 66,000 kilometers. The car was then purchased in the late 1970s by Oggie Davis, an authorized Toyota dealer in California, and was then acquired by Alex Sokoloff, of Palo Alto, sometime thereafter, until it eventually joined the collection of Jim Thelan, who amazingly owned another 2000GT. Several years later, the car was sold by Thelen to a Japanese enthusiast, who retained it for some 20 years before its acquisition by the present owner. The 2000GT has never been fully restored or involved in an accident, and it remains in excellent condition to this day».
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Chassis-Nummer: 10088
Motoren-Nummer: 1078
1967 ausgeliefert an den Toyota-Händler Don Placke Motors in Saint Louis, nie zugelassen. 1972 verkauft an Bill Spencer, einen weiteren Toyota-Händler in Lawrence, Kansas, für 7200 Dollar. Dort blieb das Fahrzeug bis 2007, als es an die Spezialisten Peter Starr und Bob Tkacik verkauft wurde, die #10088 komplett restaurierten. Wurde später über Art & Revs verkauft.
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Chassis-Nummer: MF10-10093
Auktion: RM Sotheby’s, New York 2013, verkauft für 968’000 Dollar, angeboten mit folgendem Text: «According to this car’s original purchase invoice and window sticker, the 2000GT is a 1967 model that was delivered new to Len Sheridan Toyota in Santa Monica, California. It was purchased for $7,240 by a Robert Vandergrift, who resided in Brentwood, California. For the past decade, the car has resided in a very well-respected Southern California collection. Offered today in highly original condition, this spectacular 2000GT continues to show extremely well. The car has never been subject to a restoration of any kind; although, it was repainted once in its original color of Solar Red. The engine and drivetrain remain 100 percent original and in fully functioning condition, and they have never be disassembled or removed from the car. The interior is also highly original; it displays a few signs of wear, but it has always been well maintained. The car comes with a plethora of original documentation, including the original warranty card, purchase invoice, registration, window sticker, service booklet, and owners’ manual».
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Chassis-Nummer: MF10-10100
Motoren-Nummer: 3M 10252
Besonderes: Erster Besitzer war der amerikanische Rennfahrer Otto Linton, der neben #10100 noch zwei weitere 2000GT besass. Linton behielt dieses Exemplar mehr als 30 Jahre in seinem Besitz.
Auktion: RM Sotheby’s, The Elkhart Collection 2020, verkauft für 912’500 Dollar.
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Chassis-Nummer: MF10-10110
Auktion: Broad Arrow, Monterey 2023, Schätzpreis 850’000 bis 1’100’000 Dollar.
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Chassis-Nummer: MF10-10128
Motoren-Nummer: 10189
Auktion: RM Sotheby’s, Monterey 2014, verkauft für 1’045’000 Dollar, angeboten mit folgendem Text: «Even though the majority of right-hand-drive 2000GTs stayed in their home market of Japan, the Solar Red 1967 example offered here, chassis MF10-10128, is one of just two sold new to Mozambique. It was acquired and subsequently exported from Mozambique by Roger Holstead, a South African sports car enthusiast, in the late 1970s. Holstead owned three 2000GTs in total, including the other Mozambican 2000GT. Holstead kept this particular car until 1986, when it was sold to 2000GT specialists Peter Starr and Robert Tkacik, of Maine Line Exotics in Biddleford, Maine. That same year, the car was purchased by Javier Quiros, who was the Toyota importer for Costa Rica, the fourth oldest Toyota distributorship worldwide. Quiros had the car shipped immediately to his native Costa Rica, where he frequently drove the car on spirited drives throughout the country on the weekends and on vintage rallies.
Starting in September 2013, this 2000GT was painstakingly fully restored to its original specifications by Restauraciones Clásicas, Costa Rica’s premier restoration facility, under the stewardship of its current owners and with assistance from Quiros. Originality was given paramount importance, and Quiros had unparalleled access to Toyota in order to restore his car to precise factory standards, as he had been Akio Toyota’s roommate and close friend while both of them were earning MBAs at Babson College in Wellesley, Massachusetts! Through Toyota, he was introduced to the late Hiromu Naruse, who was both the chief engineer and test driver for Toyota and played an integral part in developing not only the 2000GT but also the Toyota 7, Celica, and Supra and the Lexus LFA. From consulting with Naruse, Quiros was able to ascertain even the most minute details in order to restore this 2000GT as accurately as possible. Both the body and engine were removed from the chassis so they could be completely restored and brought back to as-new condition. The 2000GT then received a repaint in its original shade of Solar Red, as confirmed to be its correct and original color by Starr and Tkacik. After over 4,000 man-hours of labor, the restoration was completed in late May 2014, and the results simply speak for themselves. Following the completion of its restoration in June 2014, the car and its restoration were featured in a handful of publications, including one published by Toyota».
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Chassis-Nummer: MF10-10136
Motoren-Nummer: 10166
Auktion: RM Sotheby’s, Monterey 2013, verkauft für 935’000 Dollar
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Chassis-Nummer: MF10-10147
Auktion: RM Sotheby’s, The Don Davis Collection 2013, verkauft für 1’155’000 Dollar.
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Chassis-Nummer: MF10-10158
Motoren-Nummer: 10204
Auktion: RM Sotheby’s, Arizona 2016, Schätzpreis 800’000 bis 900’000 Dollar, nicht verkauft, angeboten mit folgendem Text: «Delivered new to Japan, this particular 2000GT was produced on November 27, 1967, in right-hand drive for the Japanese market, originally finished in its current shade of Pegasus White over a black leather interior. It was the 98th example of 233 Japanese-market 2000GTs produced. It has spent the vast majority of its life in its native Japan, where it was allegedly owned by the president of the Toyota 2000GT Club Japan. At some time, it was fitted with aftermarket air conditioning, an upgrade that was done to a number of 2000GTs by Toyota dealerships in period. Imported to the United States in 2013 after leaving the ownership of a Mr. Fujita, the car is offered from the collection of its first American owner. The car has received a full service in which all of its fluids were changed. Since then, it has been sparingly driven and well preserved. As such, it remains in highly original condition today. The car retains an internal luggage strap bar and exterior left- and right-hand rearview mirrors».
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Chassis-Nummer: MF10-10174
Auktion: RM Sotheby’s, Monaco 2014, verkauft für 728’000 Euro, angeboten mit folgendem Text: «Chassis MF10-10174 was produced on 19 January 1968, finished in Pegasus White, and delivered new to its home market of Japan as a right-hand drive model. This 2000GT, being offered today from its native country, has recently completed a restoration, where it was repainted in a striking shade of burgundy and fitted with chrome Borrani-style wire wheels». Da kann man sich fragen: Warum die Borrani? Und ausserdem: der originale Motor blieb auch irgendwo auf der Strecke. Dafür war der Verkaufspreis dann doch erstaunlich hoch…
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Chassis-Nummer: MF10L-10189
Motoren-Nummer: 10225
Auktion: RM Sotheby’s, Amelia Island 2015, verkauft für 880’000 Dollar, angeboten mit folgendem Text: «This particular 2000GT was built in December 1967 and sold new in Belgium, where the original owner kept and maintained the car until 1985, when it was acquired by its second owner, Karl Walterscheidt of Germany. Herr Walterscheidt, Germany’s first Toyota dealer and an avid enthusiast, decided to undertake a complete and thorough three-year restoration of the Japanese classic in 1999. After restoring the car, he took part in the 2010 Schloss Dyck Classic Days, where the car was featured as part of the Toyota display, with several other 2000GTs, and the new Lexus LFA. The owner, always willing to drive his car, also participated in the Nürburgring Classic rally. This 2000GT was acquired by the current owner in February 2012, and it has most recently been mechanically refreshed. Additionally, the car includes more-supportive sport seats, which have been painstakingly trimmed in the correct-style material. The interior also features an updated Blaupunkt radio, although the original will also be included with the car, along with a number of additional spare parts, with some of them being NOS. Finally, the car retains a very rare, original, and complete tool roll, which is an increasingly difficult set to find whole».
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Wieder einmal eine tolle Story.
Aber liegt hier nicht ein Übersetzungsfehler vor und es handelt sich bei der „ «Notbremse», die nur auf die hinteren Räder wirkte“ schlicht und einfach um die Feststellbremse? Während der deutsche Autofahrer noch nie davon gehört hat, dass der Handbremse, die er immer und überall energisch festzieht per StVzO eine Zweitfunktion als von der Betriebsbremse unabhängige Notbremse verordnet ist, spricht der US-Amerikaner durchaus im normalen Sprachgebrauch von einer Emergency Brake, denn als Parking Brake benutzt er diese Vorrichtung ohnehin nicht, zumal die Ausführung in, zumindest älteren, US-Fabrikaten konsequenterweise nicht sonderlich viel taugt.
interessante Bemerkung – und wahrscheinlich auch richtig. andererseits, wenn man sich die prominente Position und Grösse der «handbremse» anschaut, dann lag da vielleicht tatsächlich eine doppelte Funktion vor )