Die Sub-Marke EQ muss sterben
Die Übersicht über die verschiedenen Mercedes-Modelle fällt wohl nicht nur uns schwer. Um ehrlich zu sein: Wir haben auch in Tendenz gegen Null Interesse daran (abgesehen vielleicht von einer G-Klasse, aber die heisst ja auch seit 1979 genau so). Doch wir stellen uns so einen Montagmorgen in einem grossen Benz-Verkaufshaus vor, wie da die Verkäuferinnen in Reih und Glied stehen und Bezeichnungen herunterleiern müssen. Allein schon bei den reinen Stromern: EQA, EQB, EQC, EQE, EQE SUV, EQS, EQS SUV, EQV. Und wer nicht mindestens einen Unterschied schafft zwischen GLA SUV und EQA, der muss wieder nach Hause, Preislisten büffeln.
In absehbarer Zukunft wird alles einfacher: Mercedes streicht alle Modelle, die nicht sechsstellig kosten, zuerst einmal A- und B-Klasse. Ab 2024 sollen gemäss einer Meldung der immer bestens informierten «Bild»-Zeitung nun auch noch die EQ-Bezeichnungen wegfallen. Aus einem EQS, diesem Stück Seife (siehe: Titelbild), wird dann eine S-Klasse. Obwohl EQS und S-Klasse jetzt nicht so viel miteinander zu tun haben, abgesehen von Grösse und Preis. Wie der bisherige EQS dann aber heissen wird, darüber rätseln die Strategen in Stuttgart wohl noch: das Kürzel «e» hinten ist derzeit noch besetzt von den Plug-in-Hybriden.
Aber es ist schon erstaunlich. Viel, viel Geld wird von manchen Herstellern ausgegeben für eine einigermassen g’scheite Nomenklatur in der Modell-Palette. Ok, nicht überall, BMW zählt einfach durch von 1 bis 8, hängt hinten noch etwas an, und gut ist; Peugeot macht einfach etwas mit einer 0 in der Mitte. Mercedes hatte sich ab 2016 die Sub-Marke EQ gegönnt, das war wohl auch nicht wirklich günstig, das muss ja auch alles abgesichert sein in jede Richtung, rechtlich. Und dann marketingtechnisch aufgeblasen. Es war für die Katz, EQ muss schon wieder sterben. Doch wir sind gespannt, was nun kommt, wie denn so ein EQE in Zukunft heissen darf – wenn niemand mehr merkt, dass es sich bei der E-Klasse auch um ein E-Auto handelt, hat man dann eh ein Problem.
Doch man kennt das ja aus Stuttgart: Sie lagen in der Vergangenheit schon öfter daneben. Etwa beim Diesel. Aus dem simplen «D» wurde ein «TD», als der Turbo kam. Später dann «CDI», schon dreilettrig, aber immerhin nachvollziehbar, stand es doch mit «Common-Rail Direct Injection» schlicht in Abkürzung für die verwendete Technologie. Es folgte: Bluetec. Ein reiner Marketing-Schwurbel. Weder war es «Blue» (Adblue war damals noch etwas für Lastwagen) noch «Tec», denn vom CDI unterschied den Bluetec nichts. Man wollte den USA schmeicheln, den Diesel dort besser positionieren, schliesslich war der Gasöl-Antrieb noch immer nur etwas für Trucker. Es kam: Dieselgate. Die Affäre riss den Ruf tiefer in den Keller denn je. Mercedes stand peinlich berührt da. Kampagnen gelauncht, Rekorde gefahren, Pompundgloria – und was hatte es gebracht: Null. Eher: Sub-zero. Was ja dann wieder zur Sub-Marke EQ passt.
Gut, man besann sich dann. Der Diesel hiess fortan wieder schlicht «d». Doch die Simplifizierung rächt sich nun: «e» stand nun bislang für die Benzin-Hybride («de» waren dann folglich Diesel-Hybride, ohne Komplexität kann der Daimler dann doch nicht). Aber eben, die passt nun nicht mehr, wenn die Ex-EQ zurück in die althergebrachte Nomenklatur strömen. Was also tun? Die grosse Verwirrung bis dahin aussitzen, wenn die Verbrenner sowieso beerdigt werden? Darauf wird es sicher hinauslaufen.
Unser Tipp: Das E einfach hinter den Modell-Buchstaben stellen. Aus einem EQE 580 wird dann einfach ein SE 580. Das gab es übrigens schon einmal, als die Benzer noch Vergaser waren und die Einspritzer-Technologie der heisse Trend. Man erkannte den Fortschritt am E. Warum also nicht auch heute wieder? Eine charmante Verneigung vor der eigenen Vergangenheit? Aber wir sind uns sicher: derlei interessiert in Stuttgart niemanden. Leider.
Und warum zeigen wir hier einen 300 SL (es ist dies übrigens das Fangio-Auto, Chassis-Nummer 198.042.8500083)? Weil es Verwirrungen bei Mercedes schon früher gab, Roadster und Flügeltürer trugen den gleichen Namen. Aber wenigstens nicht zeitgleich. Und dann gab es ja auch noch den 300 SLR – diese Geschichte dürfen Sie aber nur lesen, wenn Sie alle Mercedes mit C und G aufzählen können, in absteigender Reihenfolge.
Ich liebe Ihre wunderbaren Kommentare zur deutschen Automobilwelt – bitte mehr davon! -, in deren Heimat sich dergleichen die Motorpresse niemals erlauben würde und könnte (!), zumal nicht auf diesem sprachlichen Niveau!
Chapeau – als Alt-Opel-Fahrer
immer wieder gerne. und auch: immer öfter.
„Aus dem simplen «D» wurde ein «TD», als der Turbo kam.“
Leider falsch, das T steht hier für die Kombiversion. Ein 300TD hat somit einen Saugdiesel unter der Haube.
Die aufgeladenen Motoren hatten hinter der eigentlichen Modellbezeichnung voll ausgeschrieben „TURBODIESEL“ auf der Heckklappe stehen.