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radical zero: Fahrbericht Peugeot e-208 / e-308

Normalisierung

Der Peugeot 208 ist aktuell das meistverkaufte Automobil in Europa. Das ist verständlich, denn der Franzose ist adrett, sauber verarbeitet, technisch auf der Höhe der Zeit und vernünftig im Preis (ab 18’700 Franken in der Schweiz, ab 21’225 Euro in Deutschland). Dass sich der 208 so gut verkauft, zeigt auch auf, was halt weiterhin am meisten gefragt ist: kein SUV, kein E, sondern einfach ein ganz vernünftiges Automobil mit Verbrenner-Motor, das gut aussieht, einigermassen komfortabel und geräumig ist und für faires Geld zu kaufen ist. Wenn etwas gegen den Peugeot 208 spricht, dann vielleicht sein i-Cockpit, damit hat weiterhin ein gewisser Teil der potentiellen Kundschaft etwas Mühe (wir nicht, ganz im Gegenteil).

Diese zweite Generation des Peugeot 208, eingeführt im Juni 2019, ist seit Anfang 2020 auch als rein elektrisches Modell erhältlich, e-208 genannt. In einer ersten Version gab es eine 50-kWh-Batterie, die Reichweite lag gemäss WLTP bei 362 Kilometern, die maximale Leistung bei 136 PS, das maximale Drehmoment bei 260 Nm. Das war prinzipiell ein ganz anständiges E-Fahrzeug, nichts Besonderes, aber Peugeot war früh auf dem Markt und das Angebot durchaus vernünftig. Aber die Zeit bleibt nicht stehen, deshalb haben die Franzosen nun nachgebessert, dem kleineren 208 die Technik aus dem grösseren 308 spendiert, wenn auch mit einigen Unterschieden.

Zwar ist der Akku nur minimal grösser (51 kWh), die Reichweite steigt trotzdem beträchtlich, auf immerhin 410 Kilometer (immer gemäss WLTP, was bekanntlich mit der Realität nicht viel zu tun hat). Und das, obwohl der Franzose nun auch mehr Leistung hat, 156 PS, 270 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit bleibt auf 150 km/h limitiert, den Sprint von 0 auf 100 km/h schafft der e-208 nun in 8,3 anstatt 8,9 Sekunden. Aber eben, die Zeit bleibt nicht stehen, Stellantis hat Fortschritte gemacht bei seinen E-Fahrzeugen, konnte den Verbrauch (bei gleichem Gewicht, ab 1530 Kilo) um 10 Prozent senken. Auf unserer Probefahrt waren wir zwar deutlich entfernt von der offiziellen Verbrauchsangabe (14 bis 14,5 kWh/100 km), doch die 18 kWh schätzen wir als gut ein, zumal der Peugeot schon ziemlich flott über schöne, hügelige Landstrassen getrieben wurde. Geladen wird weiterhin mit maximal 100 kW.

Es fährt sich denn auch ziemlich gut. Man merkt, dass die Basis des Peugeot e-208 ein ganz normales Automobil ist, Lenkung, Fahrwerk für einen Verbrenner entwickelt wurden. Und so macht der knapp über 4 Meter lange Franzose dann sogar Spass auf kurvigen Strecken, sogar die Bremsen sind nicht derart diffus wie bei anderen E-Autos. Der Antritt und der Durchzug sind e-typisch gut, doch dann, wenn etwas mehr Leistung gefordert wäre, am Berg, beim Überholen, dann merkt man dann schon, dass nicht überbordend viel Leistung vorhanden ist. Die dann auch noch auf viel Gewicht trifft, mehr als 400 Kilo mehr als beim Verbrenner. Andererseits: das reicht, auch wenn der e-208 das stärkste Modell der Baureihe ist, der Sportler will er nicht sein. Doch man muss sich bewusst sein, dass der e-208 nicht als reiner Stromer entwickelt wurde, man gerade in Sachen Platzverhältnisse schon gewisse Kompromisse eingehen muss.

Zur Halbzeit seines Lebenszyklus hat Peugeot dem 208 eine optische Auffrischung spendiert, die dem Bestseller gut tut. Mit Lichtsignaturen kennen sich die Franzosen aus, die zwei Reisszähne des Säbelzahntigers sind nun zu einem ganzen Gebiss geworden, drei Streifen auf jeder Seite, das wirkt harmonischer. Auch hinten sind die Linien etwas geglättet worden, das passt so. Der Kofferraum fasst 265 Liter, gleich viel (oder wenig) wie bisher, 44 Liter weniger als bei den Verbrennern. Innen bleiben die Verbesserung zum neuen Modelljahrgang dezent, das i-Cockpit wurde modernisiert, der Infotainment-Bildschirm kommt nun serienmässig auf 10 Zoll. Die Topversion GT hat eine Ambientebeleuchtung an Bord. Das Angebot an Fahrerassistenten wächst, unter anderem liefert nun eine optional erhältliche Frontkamera 360 Grad-Bild der unmittelbaren Umgebung des Fahrzeugs für leichteres Einparken.

Mit einem Preis von 32’000 Franken (in Deutschland: 36’325 Euro) gehört der Peugeot e-208 sicher zu den fairsten Angeboten unter den reinen Stromern (zumindest in der Schweiz). Und doch ist er ein gewisses Rätsel innerhalb des Stellantis-Konzerns, die e-CMP-Plattform wird zwar fleissig allerorten verwendet, doch gleichzeitig schiebt Peugeot bald schon den viel moderneren e-3008 auf der mittleren STLA-Plattform nach, mit sehr viel Reichweite und deutlich mehr Leistung. Und Citroën kommt mit dem e-C3 ebenfalls bald schon auf einer deutlich modifizierten e-CMP-Basis – zu einem viel tieferen Preis. Klar, der Peugeot 208 steht erst in der Mitte seines Lebens – und doch erhält er halt nicht die neuste E-Technologie. Sondern muss sich jetzt noch ein paar Jahre durchwursteln.

Das gilt genau gleich auch für den ebenfalls erneuerten Peugeot e-308. Auch dieses Modell erhielt einen optischen sowie technischen Up-Date, die Batterie hat jetzt 54 kWh Kapazität, aber ebenfalls 156 PS, 270 Nm, 415 Kilometer Reichweite. Weil der e-308 aber deutlich grösser und schwerer ist als der e-208, also 4,37 Meter lang und mindestens 1750 Kilo schwer, wirkt er noch etwas träger als sein kleiner Bruder. Andererseits: den e-308 gibt es auch als Kombi (4,64 Meter, mindestens 1,8 Tonnen) – und solche sind als reine Stromer dann relativ selten. Der Peugeot e-308 SW glänzt mit 548 Liter Kofferraumvolumen, bei abgeklappter Rücksitzbank sind es gar 1574 Liter – und das ist dann eine gute Ansage. Gerade für die Flotten von umweltbewussten Firmen könnte das ein interessantes Angebot sein, auch wenn der Preis von ab 44’250 Franken (in Deutschland ab 45’765 Euro) dann eher selbstbewusst ist. Den normalen e-308 gibt es in der Schweiz ab 42’950 Franken (in Deutschland ab 44’765 Euro).

Mehr Strom: zero. Alles andere: Archiv.

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