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Interview Claudia Meyer

«Acht Jahre Garantie auf die Batterie!»

Sie ist im Gespräch sehr offen, manchmal fast zu ehrlich, die Chefin von Renault, Alpine, Dacia und Mobilize in der Schweiz. Claudia Meyer weiss auch, wovon sie spricht, sie ist seit mehr als 25 Jahren im Autogeschäft. Und erlebt gerade gute Zeiten.

radical: Der Renault-Gruppe geht es gut. Warum?

Claudia Meyer: 2020 wurde der Renaultion-Plan präsentiert. Damals wurde ganz klar kommuniziert, dass es eine Transformation des Unternehmens braucht. Es gab eine ganz klare Analyse, auch in Sachen Entwicklung der CO2-Bestimmungen – und es gab ein Bekenntnis von Renault, weiterhin in allen Segmenten Produkte anbieten zu wollen. Da ging es auch um das C-Segment, wo Renault eigentlich nicht mehr vertreten war. Und wir haben seither unseren Job gemacht. Wobei sicher auch die Voraussetzungen gut waren. Renault hat eine Pionierrolle gespielt in der E-Mobilität, da besteht sehr viel Kompetenz. Es wurden die Kosten gesenkt, man hat die Produktion wieder zurück nach Europa verlagert, für mehr Effizienz, kürzere Weg, eine bessere Nachhaltigkeit. Es wurden neue Plattformen – also: mehrere – entwickelt, man hat viel in den Leichtbau investiert – und man hat nach den passenden Partnern gesucht. Ab 2022 konnten dann bereits die ersten Produkte eingeführt werden. Doch es braucht dafür natürlich und unbedingt auch die Kompetenz im (Schweizer) Händlernetz. Renault hat sich früh und entschieden gegen ein Agenturmodell ausgesprochen. Es war uns immer bewusst, dass wir die Händler, ihr Wissen, ihre Beziehungen brauchen. Entscheidend dürfte aber auch gewesen sein, dass Renault auf eine Dual-Strategie gesetzt hat – es soll jede Kundin, jeder Kunde das Fahrzeug finden in unserem Konzern, das seinen Wünschen und seinem Budget entspricht.

radical: Diese Dual-Strategie, also sowohl Elektroautos wie auch Verbrenner anzubieten, ist sicher ein wichtiger Punkt. Renault kann sehr flexibel auf die aktuellen Bedürfnisse des Marktes reagieren.

Meyer: Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Bei dem ganzen Transformationsprozess war uns immer klar, dass nicht alle potentiellen Kunden uns sofort folgen können. Denn dafür braucht es auch die politischen Rahmenbedingungen. Die E-Infrastruktur befindet sich immer noch erst im Aufbau, gerade das Laden zuhause ist noch längst nicht dort, wie es die Politik den Autoherstellern eigentlich versprochen hat. Wir bei Renault arbeiten mit 5-Jahres-Plänen, ich denke, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht – doch die äusseren Umstände, die politischen Rahmenbedingungen hinken noch etwa drei Jahre hinterher. Das gilt zum Beispiel auch für eine Preissicherheit für den Strom.

radical: In der Elektromobilität stehen die Zeichen in Europa allerdings auf Sturm. Haben Sie dafür eine Erklärung? Gilt das auch für die Schweiz?

Meyer: Es herrscht natürlich eine gewisse Verunsicherung. Da sind auch gewisse Hersteller und die Medien schuld. Es wurden immer neue Technologien ins Gespräch gebracht, nehmen wir zum Beispiel E-Fuel. Doch es geht schon auch um die Möglichkeit, daheim laden zu können. In der Schweiz sind 55 Prozent der Bewohner Mieter, da braucht es nun Klarheit, das hören wir auch von unseren Händlern. Da ist die Schweiz vielleicht so etwas wie eine Insel, Herr und Frau Schweizer sind absolut interessiert an der E-Mobilität, doch sie entscheiden sich noch dagegen, so lange das private Laden nicht geregelt ist. Das ist eine psychologische Schranke, aber irgendwie verständlich, die Kundschaft will da auch Sicherheit.

radical: Wann kommen die günstigen E-Autos?

Meyer: Aktuell ist es sicher der R5, der ist auf jeden Fall in einem bezahlbaren Rahmen. Dann kommt der R4. Und ab 2026 gibt es dann auch noch den Twingo – der wird unter 20’000 Franken erhältlich sein. Doch diese Preisdiskussion ist mir etwas zu einseitig. Wir müssen auch darüber sprechen, was wir sonst noch bieten, etwa die acht Jahre Garantie auf die Batterie. Das gibt Sicherheit, damit sind doch auch schon viele Fragen beantwortet.

radical: Renault ist nicht nur einer der Pioniere der E-Mobilität, sondern engagiert sich schon seit Jahren auch stark im Recycling, einer Kreislaufwirtschaft. Spürt man da schon Auswirkungen?

Meyer: Zwar mögen diese Themen in der aktuellen geopolitischen Lage etwas in den Hintergrund gerückt sein, doch ich denke, dass das gerade für junge Menschen schon sehr wichtig ist und bleibt. Und sie dürfen da schon auch gewisse Forderungen an die Unternehmen stellen, dass diese sich mehr engagieren sollen. Bis 2030 wollen wir den CO2-Ausstoss um 30 Prozent verringert haben, das gilt über alle Marken und alle Länder, also auch für uns in der Schweiz. Es gibt wohl nicht viele Hersteller, die wie Renault die gesamte Wertschöpfungskette analysiert haben und jetzt schon gute Resultate vorweisen können.

radical: Das Tempo, mit dem die Renault-Gruppe neue Modelle vorstellt, ist extrem. Ist der potenzielle Kunde nicht vielleicht etwas überfordert?

Meyer: Es waren in diesem Jahr sicher sehr viele Neulancierungen – es werden elf neue Modelle sein. Doch wir haben auch viele Modellreihen aus der Produktion genommen, weil sie einfach nicht mehr in die Zeit gepasst haben, nicht mehr unseren Vorstellungen und Plänen entsprachen. Wir brauchen aber ein volles Paket, um auf die nötigen Volumen zu kommen, das verlangen auch die Händler. Renault sieht gute Chancen im A- und B-Segment, auch deshalb, weil sich da viele andere Hersteller verabschieden. Und selbstverständlich sind wir sehr stark bei den Nutzfahrzeugen.

Es ist dieses exklusive Interview Teil der Renault-Beilage in unserer Print-Ausgabe radical #2. Deren Inhaltsverzeichnis finden Sie hier.

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