Zurück zum Content

Lamborghini LM002

Der Vorbildliche

Es hat ja alles eine Vorgeschichte. Bei Lamborghini war es ja auch nicht einfach so, dass man sich den LM002 aus den Fingern sog und auf die Strasse stellte. Das Vorspiel geht zurück bis Mitte der 70er Jahre, als die amerikanische Armee einen Nachfolger für den Jeep suchte. Das US-Unternehmen Mobility Technology International wollte da mittun – und beauftragte Lamborghini mit der Entwicklung eines Kandidaten. Warum gerade Lamborghini? Schwierig zu wissen. Der erste Prototyp, genannt Cheetah, verfügte über einen Chrysler-Motor, doch Chrysler kam bei Lamborghini erst 1987 offiziell mit ins Spiel (bis 1994). In den Jahren, als der Cheetah entwickelt wurde, waren die Schweizer Georges-Henri Rossetti und René Leimer in Sant’Agata am Ruder (1972-1977), grünes Licht für den Entwicklung und auch den Bau des LM002 gab dann aber Patrick Mimran, ebenfalls ein Schweizer, dem Lamborghini von 1980 bis 1987 gehörte.

Der Cheetah, der 1977 in Kalifornien fertig gestellt wurde, war eine ziemlich eigenartige Konstruktion. Angetrieben wurde er von einem 180 PS starken 5,9-Liter-V8, hinten eingebaut, wasserdicht. Das Design stammt von MTI, also: es war eine Kopie des eines Armee-Fahrzeugs, das FMC in den 70er Jahren konstruiert hatte, dem XR311. Die Ähnlichkeit war mehr als nur frappant, wohl auch deshalb durfte der Cheetah gar nie zu Versuchsfahrten antreten; der Auftrag ging an AM General und dessen HMMWV, später besser bekannt als Hummer. Der Cheetah soll übrigens noch existieren, entgegen anders lautender Angaben. Kleine Nebengeschichte: Lamborghini ging nach dem Cheetah das Geld endgültig aus. Und deshalb verloren die Italiener auch den bereits unterschriebenen Vertrag für die Entwicklung und den Bau des BMW M1… – welche eigenartige Wendungen die Geschichte doch manchmal nimmt.

Als Mimran Lamborghini 1980 übernahm, nahm er auch das Projekt zum Bau eines Geländewagens wieder auf. Er hatte die Hoffnung, dass so ein Gerät gerade im Mittleren Osten durchaus eine Klientel finden könnte. Zuerst wurde der Prototyp LM001 gebaut, 1981, der wieder über einen amerikanischen Motor verfügte, einen 5,7-Liter-V8 von AMC. 1982 kam dann der LMA, der auf dem Genfer Auto-Salon vorgestellt wurde, der jetzt aber die Maschine aus dem Countach LP500S an Bord hatte, also einen 375 PS starken 4,8-Liter-V12. Geplant war auch eine Diesel-Variante, gebaut wurde ausserdem eine Version mit einem Powerboat-7,3-Liter-V12, der LM004, von dem aber 1984 nur ein einziges Exemplar entstand.

Mit der Serienproduktion des LM002 begann Lamborghini dann 1986. Es war ein wahrlich eigenartiges Gebilde, 4,79 Meter lang (also so lang wie ein aktueller Ford Mondeo), genau 2 Meter breit und 1,85 Meter hoch; der Radstand belief sich auf beachtliche 2,95 Meter. Und das Gewicht auf 2,7 Tonnen. Für die Serie wurde auch der 5,2 Liter grosse V12 aus dem Countach LP5000S QV verwendet, 455 PS bei 6800/min (nicht gerade typisch für einen Geländewagen), 510 Nm maximales Drehmoment bei 4500/min (nicht gerade typisch für einen Geländewagen).  Damit schaffte der LM002 zwar eine Höchstgeschwindigkeit von deutlich über 220 km/h, beschleunigte in weniger als 8 Sekunden von 0 auf 100. Doch er hatte auch einen absurden Verbrauch: «auto, motor und sport» mass 1987 zwischen 25,7 und 42 Liter. Kein Wunder, wurde dem LM002 ein 290-Liter-Tank eingepflanzt. Für die Sport-Variante hatte er nur 180 Liter Inhalt, der Tank, der 7,3-Liter hatte dafür 400 Liter zur Verfügung.

Geschaltet wurde manuell über 5 Gänge; die Kupplung musste getreten werden, sonst machte sie keinen Wank. Das soll auch viele Kunden davon abgehalten haben, das Fahrzeug überhaupt zu bewegen. Dafür war die Lenkung unglaublich leichtgängig, mehr so eine Richtungsanzeige. Musste sie aber auch sein, denn Pirelli hatte eigens für den LM002 die Scorpion Zero entwickelt, Dimension 345/60 R17. Die konnten im Sand auch praktisch ohne Luft gefahren werden. Im Gelände soll er überhaupt «hervorrragend» gewesen sein, schreibt «ams». Es gab ja auch eine echte Reduktion, nicht so wie bei heutigen SUV, die vorderen Radnaben konnten von Hand gesperrt werden. Dafür bot er für seine Grösse nur eingeschränkte Platzverhältnisse, vorne war es richtig eng, weil es diesen gewaltigen Mitteltunnel brauchte für die Kraftübertragung, die hinteren zwei Einzelsitze boten auch kaum Beinfreiheit. Dafür war das Innenleben sehr edel gestaltet, Leder, Holz, selbstverständlich eine Klimaanlage. Einen Kofferraum gab es nicht, dafür so eine Art Ladefläche.

301 (oder vielleicht auch: 328) Exemplare wurden zwischen 1986 und 1993 gebaut – erstaunlich viele, da gab es Lamborghini, die kamen nicht annähernd auf diese Anzahl. Denn der Preis war auch absurd, in Deutschland wurden 220’000 Mark verlangt: damit war der LM002 nicht nur für Jahre der schnellste aller Geländewagen, sondern auch mit Abstand der teuerste. Die meisten Kunden fand er folglich auch in den Wüsten- und Öl-Staaten, der Sultan von Brunei bestellte gleich mehrere, darunter auch eine Art Kleinbus, ein geschlossener Kombi mit verlängertem Radstand. Weitere Kunden: König Hassan von Marokko erhielt den ersten LM002, Keke Rosberg den zweiten, Sylvester Stallone hatte auch einen. Musste einen haben, denn in USA hiess das Gefährt «Rambo-Lambo». Es gibt noch erstaunlich viele LM002, die waren für Lambo-Verhältnisse richtig gut gemacht. Ach ja, die aktuellen Preise für dieses Vieh bewegen sich – heftig gegen oben.

Mehr Lamborghini haben wir in unserem Archiv. Wir sind auch schon den Nachfolger gefahren, den Urus. Ausserdem machen wir eine unserer berüchtigten Sammlungen:

12040:

Chassisnummer: ZA9LU45A8LLA12040
Auktion: RM Sotheby’s, London 2020, Schätzpreis 210’000 bis 260’000 Pfund

12046:

Die Idee war eigentlich gar nicht so schlecht: mit einem LM002 an der Rallye Paris-Dakar teilnehmen. Wer genau die Idee hatte, das weiss man nicht mehr, aber der LM002 mit der Chassisnummer #HLA12046 hatte einst der Ex-Frau von Lamborghini-Besitzer Patrick Mimran gehört, Lucy, die ihn dann an den italienischen Rennfahrer Andrea Barenghi verkaufte. Der ihn wiederum zum Schweizer Spezialisten Burnier brachte, um ihn für die härteste Rallye der Welt vorzubereiten. Burnier hatte das Gefühl, dass er am Fahrwerk und Chassis nicht viel machen müsse, verpasste aber dem Motor 600 PS, schraubte alles ab, was nicht nötig war (und sparte so 500 Kilo) – und verpasste dem Wagen einen 800-Liter-Tank. So wurde der Lamborghini auch für die Granada-Dakar 1996 gemeldet, konnte zu Beginn und auch in der Wüste ganz vorne mithalten. Doch das Ding hatte ein Problem: es frass Stossdämpfer. Und nachdem das Team 24 Stück ersetzt hatte, musste man aufgeben, weil man schlicht keine Ersatzteile mehr hatte. Nach der Dakar wurde 12046 von verschiedenen Besitzern weggestellt, bis er vor kurzem Curated in die Hände fiel und wieder in den Renn-Zustand zurückversetzt wurde.

12092:

Chassisnummer: ZA9LU45A8LLA12092
Auktion: RM Sotheby’s, Open Roads 2020, nicht verkauft. Neuer Versuch: RM Sotheby’s, Cliveden House 2024, Schätzpreis 225’000 bis 275’000 Pfund.

12093:

Auktionen: Mecum, Monterey 2011, verkauft, Preis unbekannt.

12103:

Auktionen: RM Sotheby’s, Mailand 2021, Schätzpreis 225’000 bis 275’000 Euro, zugeschlagen für 393’125 Euro (!).

12108:

Motoren-Nummer: 12108

Auktionen: Bonham’s, Scottsdale 2017, verkauft für 187’000 Dollar.

12109:

Auktionen: RM Sotheby’s, Motor City 2015, verkauft für 192’500 Dollar (mehr Bilder hat es oben). Amelia Island 2019, Schätzpreis 325’000 bis 375’000 Dollar, nicht verkauft.

12110:

Auktion: RM Sotheby’s, Paris 2020, Schätzpreis 250’000 bis 300’000 Euro, angeboten mit folgendem Text: «Originally ordered in the attractive colour combination of Argento Metallico with grey leather, chassis “12110” was delivered to its first owner, prominent Italian industrialist Sergio Tontarelli of Ancona, on 29 April 1988. Remarkably, it would remain in his ownership for the next 28 years, during which time it covered only a modest mileage. Indeed, at the time of cataloguing, the vehicle had covered only 22,598 km. Fastidiously maintained during its current ownership, and recently subject of a major service by Cartech Knowledge GmbH of Ismaning, Germany in December 2021 at a cost of some €16,500, chassis 12110 represents a highly significant and correct example of this landmark design and could soon exploit its formidable performance and impressive off-road capabilities once again».

12114:

Auktionen: Artcurial, Paris 2015, verkauft für 143’040 Euro.

12120:

Auktionen: Gooding & Co., Scottsdale 2015, Schätzpreis 225’000 bis 275’000 Dollar, nicht verkauft; RM Sotheby’s, Monterey 2018, Schätzpreis 350’000 bis 450’000 Dollar.

12141:

Chassisnummer: ZA9LU45A8LLA12141
Auktion: RM Sotheby’s, Monterey 2020, verkauft für 275’000 Dollar, mit folgenden Informationen: «This 1989 Lamborghini LM002 was the recent recipient of a full repaint and interior re-dying in its original color combination of olive green over crème. The wheels are finished in black and wear useful TSL Super Swamper tires, including the rear-mounted spare. The interior features wood trim, electric windows, electric door locks, and climate control. Tasteful modifications include useful diamond plate trim in the bed paired with seat pads, as well as a suede headliner. The original owner was the founder of Bally Total Fitness and the current owner acquired it from his estate, making it a two-owner example». Und jetzt wieder: RM Sotheby’s, Monterey 2024, Schätzpreis 350’000 bis 450’000 Dollar, aus der Angus Mitchell Collection. Ach ja: Das Ding wurde in den vergangenen keinen Meter gefahren.

12156:

Auktionen: RM Sotheby’s, Arizona 2015, verkauft für 170’500 Dollar (mehr Bilder hat es oben).

Chassis-Nummer: ZA9L00000KLA12162

Kommt bei SBX Cars zur Online-Auktion. Anscheinend wurden drei LM002 in «Wagon» umgebaut, aber nur dieses Fahrzeug, das vom Sultan von Brunei bestellt wurde, hat eine Zertifizierung von Lamborghini. Nächster Besitzer war der ehemalige BMW- und VW-Chef Bernd Pischetsrieder, der Kombinationskraftwagen später an eine Schwedin verkaufte, die ihre Kinder damit zur Schule fuhr.

12186:

Auktionen: RM Sotheby’s, New York 2017, verkauft für 467’000 Dollar (! – und wir haben mehr Bilder).

12188:

Auktionen: RM Sotheby’s, London 2019, Schätzpreis 180’000 bis 230’000 Pfund.

12194:

Auktionen: Mecum, Monterey 2015, Schätzpreis 275’000 bis 300’000 Dollar, verkauft.

12198:

Auktion: Bonhams, Paris 2024, Schätzpreis 350’000 bis 500’000 Euro.

12202:

Auktionen: Artcurial, Paris 2013, verkauft für 98’672 Euro.

12214:

Auktionen: RM Sotheby’s, Amelia Island 2018, verkauft für 296’500 Dollar.

12243:

Auktionen: RM Sotheby’s, Fort Lauderdale 2018, verkauft für 368’500 Dollar.

12279:

Chassis-Nummer: ZA9LU45A9LLA12279

Auktion: RM Sotheby’s, Miami 2022, noch kein Schätzpreis.

12280:

Auktionen: Bonham’s, London 2007, verkauft für 56’500 Pfund.

12287

Chassisnummer: ZA9LU45A8LLA12287
Auktion: RM Sotheby’s, Palm Beach 2020, verkauft für 275’000 Dollar

12290

Chassisnummer: ZA9LU45A8LLA12290
Auktion: RM Sotheby’s, Open Roads 2020, Schätzpreis 270’000 bis 320’000 Euro, nicht verkauft

Mehr Lamborghini gibt es in unserem Archiv.

Gib als erster einen Kommentar ab

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert