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Cord 810/812

Warum eigentlich?

Man sieht sie oft bei den amerikanischen Auktionshäusern, die Cord 810/812. Und dann staunt man immer wieder über die Preise, manche sind mit nur 50’000, 60’000 Dollar angeschrieben, mehr als 250’000 Dollar werden nur selten erreicht. Dabei sind doch diese Cord wirklich aussergewöhnliche Fahrzeuge: Sehr cooles Design (von Gordon M. Buehrig), nicht nur mit den versteckten Scheinwerfern. Schon damals anständig motorisiert, 4,7 Liter-V8 mit 125 PS – und supercharged dann gar 170 PS. Frontantrieb, ein halb-automatisches Getriebe, einzeln aufgehängte Vorderräder. Und einigermassen selten sind sie auch, zwischen 1935 und 1937 wurden nur gerade 2972 Stück gebaut. Trotzdem darf man die verlangten Preise als wahrlich moderat bezeichnen, gerade im Vergleich mit den quasi baugleichen Auburn 851 Speedster (1935/36), für die auch über eine Million Dollar bezahlt werden. (Bilder unten und oben: Cord 810 Cabriolet von 1936.)

Nochmals, kurz: Errett Lobban Cord. Geboren am 20. Juli 1894 in Warrensburg, Missouri, begann «E.L.» seine Karriere als Mechaniker, Autoverkäufer und Rennfahrer. Er zog nach Los Angeles, kaufte dort Gebrauchtwagen, frisierte sie, verkaufte sie mit Gewinn. Er zog weiter nach Chicago, dann Milwaukee, und es heisst, er hätte seiner Grossmutter seine Grossmutter verkaufen können. Seine Fähigkeiten sprachen sich herum, 1924 wurde er von der Auburn Automobile Company in Auburn, Indiana, angestellt, einem Hersteller, der seit 1903 Autos baute, sehr erfolgreich, im 1. Weltkrieg aber seine Tore hatte schliessen müssen, weil es kein Material mehr zu verbauen gab. Auburn wurde 1919 von einer Investorengruppe aus Chicago aufgekauft, die das Unternehmen dann 1925 an E.L. Cord verschacherte. Der gründete dann 1929 die Cord Corporation als Holding, denn unterdessen war nicht nur Auburn in seinem Besitz, sondern auch Duesenberg (seit dem 26. Oktober 1926, danach als Duesenberg, Inc. bezeichnet) und Lycoming. Diese Holding wuchs weiter, bis 1937 kontrollierte Cord über 150 Firmen, darunter auch die spätere American Airlines. (Bilder unten: Cord 810 Beverly von 1936.)

Selbstverständlich wollte E.L. Cord auch Automobile haben, die seinen Namen trugen. Es begann vielversprechend mit dem L-29, dem ersten frontgetriebenen amerikanischen Serien-Fahrzeug. Von dem bis 1932 nur gerade 4400 Stück verkauft werden konnten, die «great depression» brach ihm wie so vielen anderen US-Luxus-Fahrzeugen das Genick. Doch 1935 hatten sich die Wogen einigermassen geglättet, Cord präsentierte auf der New York Auto Show im November den 810 – und der war eine Sensation, dagegen sahen alle Konkurrenten buchstäblich alt aus. Buehrig nutzte die gestalterischen Freiheiten, die ihm die neue Vorderachse und der Frontantrieb liessen, perfekt aus, dazu versteckte er noch die Lampen unter Blech, damit die neue Front noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. E.L. Cord versprach, dass die ersten Autos an Weihnachten ausgeliefert würden, doch es wurde dann trotzdem April 1936. (Bilder unten: Cord 812 Supercharged Phaeton von 1937.)

Das Problem war: Der Cord war bei weitem nicht so gut wie er aussah. Er hatte eine wahrhaft archaische Hinterachse, was den Wagen zum Hüpfen brachte. Was gerade bei den Supercharged-Varianten, als 810S bezeichnet auch schon 1936 erhältlich, sehr unangenehm war, denn mit 170 PS waren die Dinger so richtig schnell. Vor allem aber war das halbautomatische Getriebe noch nicht wirklich fertig entwickelt, die frühen Exemplare standen mehr in der Werkstatt als auf der Strasse. Zwar war der Cord 810 mit einem Einstandspreis von 1995 Dollar deutlich günstiger als der Auburn Speedster, doch der war erstaunlicherweise viel besser verarbeitet. Für den Modelljahrgang 1937 gab es mit dem 812 und dem 812S das Gleiche in Grün, die Verarbeitung war nun besser, das Getriebe zuverlässiger, insgesamt waren sechs Karrosserie-Varianten erhältlich. Doch die Show war eigentlich schon vorbei, bevor sie so richtig angefangen hatte, es entstand noch ein Prototyp eines 814 für den Modelljahrgang 1938, dann war: Schluss. Bis 1966 (Oldsmobile Toronado, übrigens auch mit versteckten Frontlampen) sollte es dann kein amerikanisches Fahrzeug mehr geben mit Frontantrieb.

Das erklärt aber weiterhin nicht, warum die Cord so günstig sind. Kinderkrankheiten dürften die verbliebenen Exemplare kaum mehr haben. Erfolgreichere Automobile haben wir in unserem Archiv.

2 Kommentare

  1. yumiyoshi yumiyoshi

    Apropos Oldsmobile Toronado: Wäre das nicht auch einmal einen Artikel wert? Die erste Generation vor dem Facelift sind nicht nur optisch eine Augenweide, mit ihrem Frontantrieb und ihrem für die Zeit gutem Fahrverhalten waren sie auch richtig gelungene Autos. Vielleicht findet sich ja einmal ein 1967er für die „Numbers“-Abteilung?

    • Peter Ruch Peter Ruch

      kommt )

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