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Sunbeam Harrington Tiger

Aussergewöhnliches (5)

Es sei hier geplaudert vom einzigen Sunbeam Harrington Tiger. Es ist dies eine Geschichte, da könnte man durchaus seine Zweifel haben. Ob sie sich wirklich so zugetragen hat. Ob da wirklich alles stimmt. Es gibt etwas gar viele Zufälle – und die Kenner der Szene waren sich lange nicht sicher, ob da tatsächlich alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Kommt dazu, dass alles über RM Sotheby’s lief, zwar einer weltweiten Marktführer der Auktions-Branche, aber gerade in der Vergangenheit nicht immer und sicher nicht über jeden Zweifel erhaben. Und dass es definitiv Fälschungen gibt, also: es gibt weitere Harrington-Tiger-Coupé.

Doch beginnen wir: bei Harrington. Das ist jetzt nicht einer der ganz grossen Namen unter den englischen Karosserie-Bauern, nicht Park Ward oder Muliner oder so. Doch Harrington hätte mehr Beachtung verdient. Gegründet 1897 von Thomas Harrington in Brighton, hatte sich der Betrieb früh schon auf Aufbauten für Nutzfahrzeuge spezialisiert. Doch es entstanden schon in den 20er und 30er Jahren auch Karosserien etwa für Rolls-Royce, Bentley, Bugatti, Austro-Daimler, Lagonda. Diese Aufbauten wurden schnell bekannt für ihre hohe Fertigungsqualität, Harrington hätte mehr Aufträge haben können, doch man wollte keine Kompromisse machen.

Harrington, 1930 von Brighton nach Hove umgezogen (in ein wunderbares Art-Deco-Gebäude, das dann auch das Emblem zierte), verkaufte in den 50er Jahren aber auch Fahrzeuge der Rootes Group (Hillman, Humber, Singer, Sunbeam, etc.). Dies unter anderem deshalb, weil die Familie Harrington und die Familie Rootes sich gut kannten. 1959 hatte Sunbeam den neuen Alpine auf den Markt gebracht (eine erste Version, Mk I und Mk III, gab es schon zwischen 1953 und 1955), ein sehr hübscher Roadster, der ein bisschen aussah wie ein kleiner Ford Thunderbird. Was nicht weiter wunderte, denn Chef-Konstrukteur Kenneth Howes hatte für die Amerikaner gearbeitet, bevor er zur Rootes-Gruppe kam.

Der Alpine lief gut an, doch einige Kunden klagten, dass es den kleinen Sunbeam nicht mit festem Dach oder zumindest mit einem Hardtop gab. Die Nähe der Rootes-Gruppe zu Harrington führte dann Anfang 1960 dazu, dass der Coachbuilder den Auftrag erhielt, die Alpine zu überdachen. Ron Humphries übernahm das Design, spannte ein Kunststoff-Dach über die hintere Sitzreihe und den Kofferraum; es entstand ein sehr hübsches Fliessheck-Coupé. Ein erster Prototyp war im Oktober 1960 fertig, 1961 entstanden noch einmal zwei Versuchsfahrzeuge, ab 1962 gingen die Alpine Coupé in Serie. Harrington bot übrigens auch noch ein Motoren-Tuning an, das von Hartwell Engines umgesetzt wurde. Insgesamt entstanden vier Serien, der Harrington Alpine (Series A), der Sunbeam Harrington Le Mans (ohne Alpine), das erfolgreichste Modell, der Harrington Alpine Series C und der Harrington Alpine Series D. Wie viele Exemplare insgesamt entstanden, lässt sich nicht mehr eruieren, denn ab 1962 übernahm die Rootes-Gruppe (indirekt über die Robins & Day Group) die Macht über Harrington, die Produktion wurde zurückgefahren, 1966 wurde das Unternehmen geschlossen, die Fabrikhallen verkauft – die Unterlagen vernichtet.

So weit, so gut. Denn eigentlich geht es hier ja um ein ganz anderes Fahrzeug, den Sunbeam Tiger. Da ist es nun so: Die Idee, einen starken Motor in ein verhältnismässig kleines Automobil einzubauen, wird ja heute gerne und erfolgreich praktiziert. Gerne werden dafür auch die amerikanischen «Muscle Cars» dann als Ahnen zitiert, doch solche «Umbauten» gab es natürlich schon früher, es sei Allard genannt, oder dann auch die famose AC Cobra. Diese Cobra war es auch, die den amerikanischen Sunbeam-Importeur auf den Gedanken brachte: er wollte einfach etwas mehr Power für den Sunbeam Alpine. Das Mutterhaus von Sunbeam, die Rootes Group, bewilligte tatsächlich ein Budget von 10’000 Dollar – und wandte sich an Carroll Shelby, den Erfinder der Cobra. Der bastelte einen 4,3-Liter-Ford-V8 in einen Alpine, das Resultat wurde für gut befunden, nach England geschickt, wo Jensen die weitere Entwicklung und dann auch die Produktion übernahm. Über 6500 Exemplare des Sunbeam Tiger Mark I, der mit etwa 165 PS allerdings nicht gerade übermässig motorisiert war, wurden gebaut und hauptsächlich in den USA verkauft. Es gab dann auch noch dem Mark II, der wurde vom gleichen 4,7-Liter-V8 angetrieben, der auch in der Cobra seinen Dienst tat, und mit mindestens 220 PS waren die Fahrleistungen des nur gerade 1150 Kilo schweren Tiger mehr als nur grossartig. 536 Stück entstanden vom Mark II. Der uns selbstverständlich auch eine schöne Bildergalerie wert ist:

Und jetzt bringen wir die beiden Geschichten auch noch zusammen, die Harrington-Coupé zu den Tiger. Das begab sich so: 1964 fertigte die Pressed Steel Co. in Cowley das Chassis und den Aufbau für einen Tiger. Dieses wurde dann, wie immer, zu Jensen Motors in West Bromwich geschickt, wo das Fahrzeug komplettiert wurde, also Motor, Getriebe, Innenleben. Nach einem kleinen Umweg über Hartwell Engines, wo der V8-Ford noch einen kleinen Upgrade erhielt, ging das Fahrzeug dann aber zu Harrington – und wurde zu einem Coupé umgebaut. Danach, kurz nach Neujahr 1965, kam es wieder zurück zu Jensen, wurde lackiert (Midnight Blue, Farbcode 58), erhielt die Chassisnummer B9472164HROFE – und verliess das Werk am 21. Januar 1965 wieder. Am 18. Mai dann wurde der Wagen erstmals zugelassen, DUU 550C, auf einen gewissen Paul Hickey, der damals für Harrington arbeitete. Danach verliert sich die Spur des Fahrzeugs bis 1978. Seither gab es fünf weitere Besitzer – und zuletzt wurde dieses aussergewöhnliche Stück eben von RM Sotheby’s verschachert. Für 187’000 Dollar.

Wir haben noch mehr solche Einzelstücke und Besonderheiten, das ist ja so etwas wie eine kleine Serie. Also, hier:
Bocar XP-5.
H.R.G. Airline Coupé.
Ruxton Model C.
Kurtis Aguila.
Mehr schöne, spannende Exoten gibt es immer auch in unserem Archiv.

2 Kommentare

  1. Arni Dee Arni Dee

    ‚… Sunbeam Tiger Mark I, der mit etwa 165 PS allerdings nicht gerade übermässig motorisiert war …‘ – bedenken wir allein mal die Zeit, in der der das ‚kleine Auto‘ gebaut wurde, dann stellt sich schon die Frage, wieso dem Autor hier die Dimesionen so durcheinander geraten sind!?

    • Peter Ruch Peter Ruch

      im Vergleich zum MkII war er schon eher – schwächlich, oder? und im Vergleich etwa zu einem Healey 3-Liter war er zu schwer.

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