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Fahrbericht Citroën C3 Aircross

Das MPSUV

Als Pionier im Segment der kompakten SUV kann sich Citroën nicht mehr bezeichnen. Also versucht man, wohl auch deshalb, so ein bisschen einen Spagat: Weil der C3 Aircross ja nicht nur ein für die Franzosen neues Spielfeld betritt, sondern auch den C3 Picasso als MPV ersetzen muss, reitet Citroën also nicht bloss die SUV-Welle des kleinen Abenteurers, sondern will auch mehr, viel mehr Platz bieten als seine Konkurrenten. So in nackten Zahlen mag das Hand und sogar Fuss haben, 410 Liter Kofferraum sind eine gute Ansage in diesem Segment, 520 Liter bei 15 Zentimetern nach vorne geschobenen Rücksitzen eine noch bessere, ganz zu schweigen von den fast 1300 Litern bei abgeklappten Rücksitzen. Auch gut ist das Raumgefühl, genügend Kopffreiheit gibt es in diesen hohen Geräten sowieso, auch für die Knie der hinteren Passagiere bleibt vielleicht nicht gerade reichlich, aber immerhin. Doch der C3, selber noch knapp unter 4 Metern, ist als Aircross auch 4,15 Meter lang, da ist er dann eigentlich kein Kleinwagen mehr. Aber halt schon quasi ein MPSUV, multi purpose sports utility vehicle. Oder so.

Es gibt da schon ein paar optische Besonderheiten beim C3 Aircross. Zwar orientiert er sich stark an der Design-Sprache, die Citroën mit der zukünftigen Ikone Cactus eingeführt hat. Doch er ist noch plakativer, vor allem vorne, Tagfahrlicht und Nebelleuchten sehen aus wie zwei Bildschirme, die Front wirkt sehr massiv (mehr so wie ein Schutz gegen Fussgänger…). Auf die nicht allerorts geliebten Plastik-Seitenaufprall-Schützer, genannt Airbumps, wird dafür verzichtet, es wäre zuviel, sagt Citroën – obwohl die Dinger eigentlich bei diesem Fahrzeug am meisten bringen würden, denn so ein bisschen «zurück zur Natur» ist das alles ja schon. Und nein, wir wollen hier nicht auf das für den PSA-Konzern eher leidige Thema Allradantrieb zurückkommen, es gibt ja «Grip Control», das muss reichen (tut es ja auch, aber wie macht man das potenziellen Kunden begreiflich in einem Land wie der Schweiz, wo der 4×4-Anteil bei den Neuwagen unterdessen auf über 50 Prozent gestiegen ist?). Wie auch immer: wir haben uns den C3 Aircross immer wieder genauer angeschaut, irgendwie reizt er, lockt er, er ist schon sehr speziell – er sieht in der Serie fast noch mehr aus wie ein Concept-Car als die schon ziemlich wilde Studie. Gute Farben haben sie auch, die Franzosen, vor allem in Kombination mit diesem sehr orangen Rot. Wie schon beim Cactus und auch dem neuen C3 ist es Citroën wieder gelungen, ein freundliches Fahrzeug auf die Strasse zu bringen, die Leute schauen – und sie lächeln.

Innen ist alles wie beim C3, einmal abgesehen von der Sitzposition, die jetzt auch noch die Rentner erfreut und die Rückengeschädigten. Und man sitzt gut, bequem; ein wenig mehr Seitenhalt dürfte sein. C3, das bedeutet also eine gewisse Gewöhnungszeit beim Bediensystem, doch es ist ja alles logisch und klar, da wird auch der Neukunde schnell durchblicken; wir fragen uns allerdings weiterhin, warum das alles mit dem und über den Touchscreen nicht so konsequent durchgezogen wird wie beim Cactus. Erfreulich ruhig ist er auch noch, der Aircross, da kann man durchaus länger sitzenbleiben.

Wir fuhren den 3-Zylinder-Benziner mit 110 PS sowie den 120-PS-Diesel (kauft im Moment noch jemand diese Selbstzünder ausser die Franzosen?). Von beiden lässt sich berichten, dass sie auf den kurvigen und vor allem bergigen Strassen von Korsika keinerlei Mühe bekundeten, den Wagen voranzubringen, auch das Dreizylinderchen nicht, das mit diesem unterdessen ganz anständigen automatisierten Getriebe ausgestattet war. Selbstverständlich machte das manuelle Schalten des durchzugstarken Diesel (300 Nm maximales Drehmoment bei 1750/min) mehr Freude – noch mehr Spass hätten wir gehabt, wenn die Schaltebenen etwas genauer definiert wären. Der Diesel will mit 4,1 Litern auskommen – und dass solches durchaus möglich ist, haben wir ja in unserem Dauertest des Cactus erfahren dürfen. Für den EAT-Benziner gibt das Werk einen Wert von 5,6 Litern an.

Loben können und wollen wir das Fahrverhalten, da spürt man trotz beträchtlicher Höhe von 1,6 Metern kaum einen Unterschied zum normalen C3. Ganz im Gegenteil, eigentlich empfanden wir den Aircross als noch komfortabler, was an seinen Ballon-Reifen und etwas mehr Bodenfreiheit liegen dürfte. Man kann ganz flott in die Kurven (muss man, auf Korsika, sondern wird man von wildgewordenen Einheimischen in ihren Mehari überholt), der Citroën bleibt lange neutral und geht erst erstaunlich spät über die Vorderräder. Auch die Bremsen sind ok, wir haben sie schon gefordert, doch der auch als schwerster Diesel mit Vollausstattung nur knapp über 1,2 Tonnen schwere Citroën kennt da keinerlei Probleme. Ja, das Gewicht, auch das ist eine gute Ansage, in der Basis sind es 1088 Kilo, da kennen wir in diesem Segment auch ganz andere Zahlen.

So weit, so gut. Doch wie ist das nun mit den neuen Slogans von Citroên, be different, feel well und keine Ahnung, wie sie alle noch heissen? Es wurde oben schon angetönt, die Aussenwelt mag den C3 Aircross. Und auch als Passagier fühlt man sich wohl, die Aussicht ist gut, die Materialien freundlich, der Komfort sicher überdurchschnittlich; da macht Citroën sehr vieles richtig, das sind Werte, die heute sicher mehr zählen als knallharte Sportlichkeit. Doch auch die Pilotin, der Fahrer muss nicht darben, das ist mehr als nur ein Hauch von Fahrspass, den der C3 Aircross vermitteln kann. Rennwagen ist ganz klar anders, doch der Wohlfühlfaktor ist hoch – und was will man mehr? Der Preis, übrigens, spricht kaum dagegen: In der Basis (mit dem nicht gar so wilden 82-PS-Motürchen) ist der Citroën C3 Aircross schon ab 17’990 Franken zu haben, den 110-PS-Benziner gibt es mit deutlich mehr Ausstattung (und EAT) ab 24’090 FRanken, die teuerste Variante mit dem Diesel liegt bei 28’890 Franken. Noch Fragen? Assi-System? Ja, hat es, alles, was grad so Mode ist. Aber da kauft man gscheiter das Panoramadach.

(Nein, wir werden aufs Alter keine SUV-Freunde mehr, wir ziehen dem C3 Aircross einen ganz normalen C3 weiterhin vor. Aber wir wollen Citroën attestieren, dass die Bedürfnisse der Kundschaft wohl gut verstanden werden – und das ist der richtige Weg. Die Verkaufszahlen, weltweit 5,6 Prozent im Plus gegenüber dem schon guten Vorjahr, sprechen da ja auch eine deutliche Sprache. Und noch etwas: die Präsentation des Citroën C3 Aircross fand auf Korsika statt, wie mehrfach erwähnt. Da mussten wir uns schon fast aktiv Mühe geben, uns auch noch auf das Automobil konzentrieren zu können: grossartig, diese Landschaften. Können wir als Reiseziel nur empfehlen.)

Mehr Citroën haben wir in unserem Archiv.

2 Kommentare

  1. pallasrevolution pallasrevolution

    »wir ziehen dem C3 Aircross einen ganz normalen C3 weiterhin vor«

    Ich mag ja eure Artikel ansonsten sehr, aber hier bleiben doch einige Fragen offen:
    Wie verhält sich der C3 Aircross im Vergleich zum C3 Picasso und zum kurzen C4 Picasso? Hat ein Fahrrad (ohne Vorderrad) aufrecht stehend Platz im Laderaum bei umgeklappten Rücksitzen? Liegt der Fahrkomfort ausschließlich an Ballon-Reifen und erhöhter Bodenfreiheit? Hatte das Testauto kein CAC (Citroën Advanced Comfort) oder hat das keine Auswirkungen?

    • Peter Ruch Peter Ruch

      Antwort kommt, wir sind ihn extra nochmals gefahren…

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