Kein Vergleich
Damit das klar ist: Toyota ist auch in diesem Jahr wieder amtierender Weltmeister in der Rallye-Weltmeisterschaft und in der Langstrecken-WM. Toyota wird auch 2022 wieder am meisten Autos verkaufen, weltweit und mit immer grösserem Abstand, da ist jetzt schon offensichtlich, nachdem drei Quartale um sind. Toyota kommt spät mit seinem ersten reinen Elektro-Auto, aber man kann davon ausgehen, dass sie das richtig gut machen werden (auch wenn die Japaner jetzt anscheinend noch einmal von vorne beginnen wollen). Und Toyota gibt sich alle Mühe, auch die Benziner am Leben zu erhalten – Autos zu bauen, die nicht nur effizient sind, sondern auch noch Spass machen. Hey, GR Yaris, jetzt der GR86, dazu der manuell geschaltete Supra – Toyota, noch vor wenigen Jahren federführend unter den biedersten Auto-Konzernen, hat sich in überraschend kurzer Zeit zum grössten Hoffnungsträger für alle jene entwickelt, die noch Freud‘ am Fahren haben.
Klar, Toyota hat die finanziellen und technologischen Mittel, um so ziemlich jeden anderen Auto-Hersteller an die Wand zu fahren. Viel, wohl fast alles, von diesem «Umdenken» ist dem wahren Chef zu verdanken, Akio Toyoda. Er, ganz persönlich, hatte den 2011 vorgestellten GT86 auf den Weg gebracht. Hat selber viel Entwicklungsarbeit an diesem Fahrzeug geleistet. Hat wohl, vielleicht auch seine Zweifel gehabt, als sich das Fahrzeug, das auch als Subaru BRZ angeboten wurde, nicht wirklich gut verkaufte. Um es klar auszudrücken: so richtig schlecht verkaufte, miserabel. Aber Akio Toyoda hielt auch an seiner Idee eines leichten, nicht übermotoriserten, nicht überteuerten, einzig der Fahrfreude verpflichteten Sportwagens fest, als wohl alle Analysten, Controller und sonstigen Besserwisser ihm glaubhaft machen wollten, dass solch ein Fahrzeug sich nicht rechnet.
Mit grösster Wahrscheinlichkeit werden auch die neuen Toyota GR86/Subaru BRZ keinen einzigen Yen auf die Haben-Seite der beiden Konzerne einzahlen, ganz im Gegenteil, doch darum braucht sich der oberste Chef nicht zu kümmern, das kann sich Toyota locker leisten. Gazoo Racing ist ein auch ein Marketing-Vehikel, das bezahlen die Japaner aus der Kaffee-Kasse – und wir wagen jetzt und hier die Behauptung, dass GR für das Image der Japaner in den nächsten Jahren noch wichtiger werden wird als die M GmbH, als AMG, als RS für die deutschen Premium-Hersteller. Denn – mit Ausnahme von BMW – hat niemand einen Ableger, der sich derzeit dermassen für die wahren «petrolheads» einsetzt wie Toyota/Toyoda. «Girls just wanna have fun», sang Cindy Lauper schon 1983, und für die Boys trifft das auch 2022 zu.
Die neuen Toyota GR86/Subaru BRZ bleiben auch in ihrer neuen Form ein irgendwie altertümliches, sehr konservatives Fahrzeug. Ein klassischer Sauger als Front-Motor, dazu Heckantrieb, ein manuelles Getriebe, Transaxle. Am Konzept haben die Japaner selbstverständlich festgehalten, auch optisch muss man genau hinschauen, um GT86 und GR86, den alten und den neuen BRZ voneinander unterscheiden zu können. Doch mit der für die Marken so typischen Akribie haben Toyota/Subaru das Fahrzeug überall dort verbessert, wo so ein bisschen Bedarf bestand. Das war vor allem beim Motor und der vorderen Aufhängung der Fall – letztere wurde erleichtert und gleichzeitig versteift, die Lenkung wurde noch einmal geschärft (13,5:1). Das macht den GR86 nun extrem präzis, fast schon zu sehr, am ist sich das gar nicht mehr gewohnt, dass schon die geringsten Lenk-Bewegungen solch einen Einfluss haben.
Der Vierzylinder-Boxer wurde aufgebohrt, kommt jetzt anstatt auf 1998 auf 2387 cm3. Das ergibt nicht bloss mehr Leistung (234 anstatt 200 PS bei 7000/min), sondern vor allem mehr Drehmoment bei einer flacher verlaufenden Drehmomentkurve. Vorher war es 205 Nm bei 6600/min, jetzt sind es 250 Nm schon bei 3700/min. Ja, das entspannt das Fahren entscheidend, während man beim GT86/BRZ I immer so ein bisschen mit dem Messer zwischen den Zähnen unterwegs sein musste, hat der GR86/BRZ nun genug Power, um auch einigermassen friedlich unterwegs sein zu können. Mehr Leistung bringt dann natürlich auch bessere Fahrleistungen, der GR86/BRZ rennt in 6,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h und maximal 226 km/h schnell.

Wichtig und interessant: der doch deutlich grössere Motor ist genau gleich schwer wie sein Vorgänger. Und obwohl die Japaner die Torsionssteifigkeit der GR86/BRZ um stolze 50 Prozent verbessern konnten, ist das Fahrzeug insgesamt 10 Kilo leichter. Mit einem Leergewicht von 1264 Kilo vermag der aussen kompakte und innen nicht wirklich überdimensionierte Japaner aber in diesem Bereich eh zu überzeugen.

War der Toyota GT86 mit seiner Agilität, Handlichkeit und Analogität schon bisher ein Quell der Freude, so ist beim GR86 jetzt alles noch einmal deutlich besser. Auf den spanischen und dänischen Landstrassen, über die wir ihn scheuchen durften, überzeugt er mit blitzschnellem Ansprechverhalten (Sauger!), knackiger Schaltung, ausgezeichnetem Handling (neue Vorderachse), noch reichlich Rest-Komfort. Weiterhin ungenügend für solch ein Fahrzeug: der Sound. Aber der After-Market muss ja noch etwas zu verkaufen haben. Auf der Rennstrecke dann waren wir aber nicht mehr ganz so überzeugt: Wenn man richtig hart auf der Bremse ist, dann wird er hinten schon sehr leicht. Und das Heck hat schon die Tendenz, ziemlich früh seiner eigenen Wege gehen zu wollen. Das ist zwar unproblematisch, auch leicht wieder einzufangen, doch schneller wird man so ja nicht. Für unseren Geschmack ist das ganze Fahrzeug etwas gar nervös.
Das ist der entscheidende, tatsächlich grosse Unterschied zum Subaru BRZ. Der macht deutlich mehr auf «Gran Turismo», ist komfortabler abgestimmt, bei weitem nicht so «spitz» wie der Toyota. Auf einem Handlingskurs konnten wir die beiden Fahrzeuge direkt nacheinander bewegen – und während der Toyota doch recht giftig ist, bei jedem schnellen Richtungswechsel hinten ausbrechen will, sich mit einem Zucken in der rechten Augenbraue in den Drift bringen lässt, bleibt der Subaru die Ruhe selbst. Wer dann am Schluss schneller ist, das wollten wir nicht messen: Spass machen beide. Auch wenn wir schon ziemlich erstaunt sind, wie viel Einfluss kleine Korrekturen bei der Fahrwerksabstimmung auf zwei Fahrzeuge haben können, die eigentlich eines sind.

Der Subaru BRZ ist auch innen etwas edler ausgestattet; noch kennen wir den Basispreis nicht. Der sportlich(er) orientierte Toyota GR86 ist ab 33’900 Euro/37’900 Franken zu haben – und bleibt damit ein Sonderangebot unter den Sportwagen. Der Kunde hat jetzt aber wirklich die Qual der Wahl zwischen diesen beiden Fahrzeugen, die einen doch erfreulich unterschiedlichen Charakter haben. Wahrscheinlich werden sie aber trotzdem Exoten bleiben in unserem Strassenbild, es scheint zu wenig Auskenner zu geben, die Freude haben an einem nach allen Regeln der Kunst konstruierten und doch noch vernünftigen Sportwagen – direkte Konkurrenz machen sich beiden Japaner nur selber.
Weitere interessante Fahrzeuge haben wir in unserem Archiv.
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