Zurück zum Content

Fahrbericht Porsche Boxster T

T-Küche

4,38m lang, nur 1,27 m hoch, zwei Sitze, Mittelmotor, Vierzylinder-Zweiliter-Boxer, zwei Kofferräume, abnehmbares Verdeck, Handschaltgetriebe – wer denkt da nicht sofort an den legendären «VW-Porsche» 914 2.0? In den 1970er Jahren standen diese Eckdaten standen bei Porsche für erschwinglichen Fahrspass. Angesiedelt unter dem 911, bot der 914 ein Go-Kart-ähnliches Fahrverhalten, gutes Aussehen, ausreichend Leistung und einen für damalige Verhältnisse günstigen Kraftstoffverbrauch – und das alles zu einem unschlagbaren Preis.

All das ging mir durch den Kopf, als ich einen Porsche übernahm, der alle diese Eigenschaften zurückbringen soll. Tatsächlich hat der Porsche 718 Boxster T heute wie der 914 vor 50 Jahren den kleinsten verfügbaren Porsche-Motor, einen mittig angebrachten Vierzylinder-Boxer. Zwei Liter und nur vier Zylinder – reicht das für einen echten Porsche? Nun, wir sind mit dem T eine Woche nach Italien gefahren, um das herauszufinden.

Auch wenn der Boxster in den letzten 25 Jahren immer wieder überarbeitet wurde, bleibt der Wiedererkennungswert weiterhin hoch. Mit einer neuen Front- und Heckpartie und einer Reihe von notwendigen Verbesserungen wurde der kleinste Porsche auch auf die jüngere Käuferschicht angesetzt. Unser T – mit Ziel Italien, der Heimat von Ferrari – war indischrot, eine Farbe, die es bei Porsche schon seit Jahrzehnten gibt. Innen gab es Stoffsitze – in der heissen italienischen Sonne keine schlechte Wahl – mit rotem Keder und roten 718-Schiftzügen an den Kopfstützen. Ebenfalls willkommen: das schmale, aber griffige Lenkrad in grauem Alcantara. Äusserlich macht der T mit Aufklebern am Schweller (noch eine Hommage an den 914), schwarzen Grills und dunkelgrauen 20-Zoll-Rädern auf sich aufmerksam. Alles zusammen ein sehr überzeugender Look.

Fangen wir doch gleich beim vielleicht wichtigsten Merkmal an, dem Sound. Man kann es nicht anders beschreiben, aber an dem Ton könnte man sich berauschen. Beim Start schnellt die Drehzahl für einen Bruchteil einer Sekunde nach oben, um sich dann schnell einzupendeln. Und obwohl da nur vier Töpfe im Liegen arbeiten, stellt sich schnell eine an die Wolfsburger Flachmotoren erinnernde Tonspur ein. Wohl kein Zufall, denn wie schon die originalen 356er nutzte auch der 914 einen auf den Käfertreibern basierenden Antrieb, der akustisch aus seinen eher biederen Vorfahren keinen Hehl machte. Und obwohl uns die Zuffenhausener einen Lautstärkeknopf angeboten haben, mit dem sich über eine Auspuffklappe ein noch dominanterer Ton einstellen sollte, konnten wir weder im Stand noch in Fahrt irgendeinen Unterschied bemerken. Brauchte es aber auch nicht.

Abfahrt. Dieser Zweiliter-Boxer gehört ohne Zweifel zu den besten Vierzylindern auf dem Markt. Es gibt einen Turbo mit Ladeluftkühler, Nockenwellenverstellung und Ventilhubschaltung sowie einer integrierten Trockensumpfschmierung. Die Leistung von beachtlichen 300 PS (macht 150 PS Literleistung) steht bei 6500/min zur Verfügung. Wichtiger aber ist das Drehmoment von 380 Nm, das von 2150 bis 4500/min den kleinen Zweisitzer wie auf einem Katapult nach vorne schiebt. Mit dem leer nur 1350 Kilo schweren T hat die Drehorgel (bis 7500/min) leichtes Spiel. So überrascht es nicht, dass Stuttgart als Höchstgeschwindigkeit 275 km/h angibt, und für den Schalter einen Sprint auf 100 km/h in 5,1 Sekunden (PDK 4,9). Der Durchschnittsverbrauch im T mit drei Pedalen beträgt 8,5 l/100 km, die CO2-Emissionen 200 g/100 km. Beides kann der PDK-Automat besser: 8,1 l bzw. 185 g/100 km heissen da die Werte. Doch uns war es wichtig, die Rückkehr an den Ursprung Stuttgarter Fahrfreude mit einem nun vom Aussterben bedrohten Sechsgang-Getriebe zu erfahren.

Ausgestattet mit einem Zweimassen-Schwungrad und dynamischen Getriebelagern, ist dieses Sechsganggetriebe ein Traum. Hierzu darf ich anmerken, dass ich seit meiner Kindheit mit Schaltgetrieben nichts am Hut hatte, und Automatikgetriebe dem „Rühren im Tank“ immer vorgezogen habe. Doch diese noch dazu mit wunderbar kurzen Schaltwegen versehene Schaltung und die dazu abgestimmte Kupplung funktionieren weich, exakt und schnell – so muss ein Schaltgetriebe für mich sein.

Für den T spricht aber weitaus mehr als nur der Motor. Der kleinste Porsche Antrieb steckt nämlich in einem Chassis, das sich in seinen Grundzügen so auch im GT4 Cayman wiederfindet. Das PASM Sportfahrwerk ist um 20 mm tiefergelegt, und ein elektronische gesteuerte Dämpferregelung erlaubt die Wahl zwischen Modi Normal und Sport. Zusätzlich umfasst das Porsche Stability Management (PSM) die Funktionen von ABS, ASR, ABD MSR – ein ganz schöner Buchstabensalat. Wir sollten sehen, wir sich das alles im Alltag auswirkt und haben uns mit dem Boxster T über den San Bernardino Pass nach Italien aufgemacht.

Nach der Übernahme in Friedrichshafen (ein erneuter Dank an die Gastfreundschaft der Kollegen von ZF) nahmen wir den Bernardino von Norden über die 13 in Angriff und entschieden uns statt über den Tunnel für die alte Passstrasse, die bis auf 2066 m hinaufführt. Schon nach wenigen Kilometern auf den Pass zeigte sich der T von seiner besten Seite. 300 PS haben ein leichtes Spiel mit den 1.350 Kilo Leergewicht, verteilt auf 44% vorn und 56% im Heck.

Knackige, präzise Schaltung, runter in den Zweiten, ganz aufs Gas bis zur nächsten Spitzkehre, dann alles aus den vorn 330 mm und hinten 299 mm grossen Vierkolben-Monobloc-Bremsen herausholen. Mit offenem Dach offen (was sich übrigens während der Fahrt bis 60 km/h durchführen lässt) genossen wir den Sound des bis 7500/min drehenden kleinen Vierzylinders, behielten dabei aber immer die Fuhre unter Kontrolle. Wobei wir wohl auch beim Herz des T angekommen sind: denn er ist eine Erinnerung an analogen Sportwagenspass, trotz der vielen elektronischen Helferlein. Besonders in engen Kurven meldet sich das ESP zu Wort. Abstellen lässt es sich in zwei Stufen: ganz aus, tritt das Heck beim Anspringen des Turbo so weit aus, dass es zumindest mich in Verlegenheit bringen könnte, in Stellung «halb aus» kommt es zwar später und lässt mehr Spielraum für Akrobatik, aber am Ende fühlten wir uns mit dem ESP an am wohlsten.

Hatte es denn gar keine Nachteile? Leider doch. Unter 2150/min nämlich schläft der Turbo und der Boxster T auch. Aus engen Haarnadelkurven heraus dauert es gefühlt eine Ewigkeit, bis der Turbo sich zu uns gesellt und uns himmelwärts schiebt. Schon klar, warum das so ist, besonders bei einem so hubraumschwachen Motor. Doch mehr als einmal schlich sehr der Gedanke ein, ob hier nicht die Porsche PDK-Automatik eine bessere Wahl gewesen wäre, um die Vor-Turbo-Schwäche zu kaschieren, denn zurück in den Ersten erschien uns auf diesen Strassen dann doch als Overkill. Oben am Bernardino Hospiz gönnen wir uns einen italienischen Kaffee, bevor es auf der anderen Seite weit gemächlicher heruntergehen soll. Ja, klar.

Zurück in Deutschland erwies sich der kleine T als ein ganz Grosser. Oberhalb von 4500 Umdrehungen wandelt sich der Sound von Wolfsburger Gurgeln zum Stuttgarter Inferno. Wo es eine Lücke gab, gehörte sie uns. Das Getriebe ein Genuss, der Motor oberhalb von 2000/min hervorragend am Gas, und die Entfernungen schmolzen nur so dahin. Und wann immer uns so ein Schlaumeier (meistens in Münchener oder Ingolstädter Rüstung) aus dem Weg haben wollte, fuhren wir rechts rüber und gaben Gas und liessen ihn hinter uns zurück. Kindisch, aber gut. Einmal standen auf dem elektronischen Tacho 278 km/h, drei km/h mehr als die Werksangabe von 275. Und auch hier gab sich der T unbeirrbar, stabil, sicher und sogar noch in Massen komfortabel.

Was für eine wunderbare Weise, Porsches Kleinsten zu erfahren, in einem leichten Package, mit einem wunderbaren Motor, tollem Sound und dem klassischen Stuttgarter Look. Auch der Boxster T ist ein Porsche, durch und durch. Die Preise für den T beginnen in Deutschland bei 70’057 Euro, in der Schweiz werden 86’000 Franken aufgerufen.

Wir bedanken uns bei Axel E. Catton für diesen Text. Andere interessante Fahrzeuge finden Sie in unserem Archiv.

Gib als erster einen Kommentar ab

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert