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Röhr Tatzelwurm

Talentschmiede

Selbstverständlich müssten wir einmal etwas schreiben über Röhr, gegründet 1926 von Hans Gustav Röhr zusammen mit Hugo Greffenius. Schon 1927 kam der Röhr 8 auf den Markt, ein für die damalige Zeit sehr fortschrittliches Fahrzeug, vorne mit zwei einzeln aufgehängten Rädern an Querblattfedern, hinten mit einer Schwingachse mit Ausleger-Halbfedern, angetrieben anfangs von einem 2-Liter-Reihen-Achtzylinder, später von einem 2,5 Liter mit ebenfalls acht Zylindern, die aber um 10 Grad V-förmig gegeneinander versetzt waren (eine Konstruktion, die VW in den 90er Jahren wieder verwendete). 1931 musste die Röhr Konkurs anmelden, es entstand mit Geld des Schweizer Importeurs Joos Andreas Heintz die Neue Röhr AG, für die Ferdinand Porsche ein völlig neues Fahrzeug konstruierte, das aber weiterhin Röhr 8 hiess. Ab 1933 gab es zudem den Röhr Junior, der auf dem Tatra 75 basierte, wieder mit fortschrittlichem Fahrwerk, aber diesmal mit einem 4-Zylinder-Boxer. 1934 war dann aber endgültig Schluss; Hans Gustav Röhr wurde 1931 Chefdesigner bei Adler, später dann technischer Direktor bei Daimler-Benz.

Und damit sind wir schon mitten drin in der Geschichte des Röhr Tatzelwurm. Denn Karl-Wilhelm Ostwald, der damals als Praktikant bei Röhr arbeitete, fand wahrscheinlich 1933 oder 1934 ein ungebrauchtes Chassis eines Tatra 75 bei seinem Arbeitgeber. Er konnte es günstig erstehen – und setzte ihm eine selbst erdachte und gebaute Karosserie auf. Die ziemlich aerodynamisch war, zumindest im Bereich des Vorderwagens. Denn nach hinten war der Tatzelwurm ein Cabrio, das Dach liess sich biss zur Stossstange öffnen. Weil der Eigenbau nur etwa 900 Kilo wog, war er mit den 30 PS des 4-Zylinder-Boxers von Tatra ausreichend motorisiert. Man beachte unbedingt auch die moderne Lounge im Innenraum.

Karl-Wilhelm Ostwald und seine Familie behielten und fuhren den Tatzelwurm bis weit in die 70er Jahre. Für Ostwald selber war dieses Fahrzeug der einzige Versuch in der Auto-Industrie, er war später einer der Haupverantwortlichen für den Bau der deutschen Autobahnen. Und für uns ist der Tatzelwurm – der von Artcurial Anfang Februar 2023 in Paris versteigert wird – eine wunderbare Fortsetzung unserer Reihe der «Aussergewöhnlichen». Mehr spannende Fahrzeuge gibt es zudem in unserem Archiv.

2 Kommentare

  1. Wie kam der Röhr Wagen zu dem Namen „ Tatzelwurm“?

    • Peter Ruch Peter Ruch

      Wie genau, das wissen wir auch nicht. Der Tatzelwurm ist ein Fabeltier und wird gern als ausgesprochen hässlich dargestellt. Da lag die Benennung wohl nahe. Das Fahrzeug war so hässlich, dass er nicht einmal zum Militärdienst im 2. Weltkrieg eingezogen wurde.

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