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Porsche 911 R (1967)

Purismus in Reinform

Alles beginnt mit einem so genannten Versuchsbericht. Darin fasst Porsche-Mitarbeiter Rolf Wütherich im Herbst 1966 das Ziel des Projektes zusammen: «Es soll ein Fahrzeug gebaut werden, das im Leistungsgewicht unserer derzeitigen Konkurrenz überlegen ist.» Der ehemalige Rennmechaniker von James Dean erledigt die entsprechenden Berechnungen gewissenhaft: Bei einem Leergewicht von 800 kg und 210 PS Motorleistung resultiert ein Leistungsgewicht von weniger als 4 kg pro PS – 1,5 kg weniger als die damalige Konkurrenz. Mit einem solchen Fahrzeug könnte Porsche den GT-Sport dominieren. Doch es ist ein grosses Vorhaben, der Weg des 911 in den Motorsport verlief ziemlich gemächlich. Nach einem ersten Werkseinsatz eines nur leicht modifizierten 911 bei der Rallye Monte Carlo 1965 versuchten sich nur Privatfahrer mit dem noch jungen Elfer. Unter denen aber die Erfolge von Eberhard Mahle bei der Berg-Europameisterschaft aber durchaus so vielversprechend waren, dass man es in Zuffenhausen mit einer reinrassige Rennsport-Version des 911 versuchen wollte.

Im Oktober 1966 wird ein erster Leichtbau-Versuchswagen vom Typ 911 R (R = Racing) aufgebaut, der in Weissach und auf der Rennstrecke in Hockenheim getestet wird. Die dabei gemessenen Fahrleistungen decken das Potenzial auf: der 911 R ist nur unwesentlich langsamer als ein Porsche 906 Carrera 6, immerhin ein echter Gruppe-4-Rennwagen für die Sportwagen-Weltmeisterschaft. Neben dem geringen Fahrzeuggewicht ist es das Triebwerk des 911 R, das für die hervorragenden Fahrleistungen sorgt. Angetrieben wird der Versuchsträger von einem Sechszylinder-Boxer vom Typ 901/22, der mit Doppelzündung, Titanpleueln und Dreifachvergasern 210 PS bei 8000/min leistet. So motorisiert, beschleunigt der 911 R von null auf hundert in 5,9 Sekunden und absolviert den stehenden Kilometer in nur 24.2 Sekunden – eine Sekunde schneller als ein Porsche 904 Carrera GTS und ganze fünf Sekunden vor einem Alfa Romeo GTA.

1967 entstehen dann vier Prototypen des Porsche 911 R, bei dessen Aufbau alle Möglichkeiten der Homologisierungsformel ausgenutzt werden. Unter der Maxime des maximalen Leichtbaus werden die Haubendeckel, die vorderen Kotflügel, Türen sowie die Stossstangen aus glasfaserverstärktem Kunststoff bei der Stuttgarter Firma Karl Baur gefertigt. Die Gewichtskur umfasst weitere Bauteile, die Frontscheiben werden aus nur vier Millimeter dünnem Glas gefertigt, die übrigen Scheiben aus zwei Millimeter dickem Plexiglas. Im leergeräumten Innenraum entfallen auch zwei der fünf Instrumente, Aschenbecherer, Zigarettenanzünder sowie die Beifahrer-Sonnenblende. Auch auf den Kurbelmechanismus für die Seitenscheiben wird verzichtet, diese Funktion übernehmen schlichte Lederriemen. Gegenüber einem serienmässigen 911 S – mit 1030 kg alles andere als ein Schwergewicht – beträgt die Gewichtsreduzierung 230 kg.

Bei der Entscheidung über die Stückzahl des ersten echten Rennsport-Elfers zeigt sich Porsche vorsichtig. Mit einem kalkulierten Verkaufspreis von 45’000 DM ist ein 911 R fast doppelt so teuer wie ein 911 S; die für eine GT-Homologation benötigte Stückzahl von 500 Exemplaren scheint unerreichbar. Die Porsche-Geschäftsleitung beschliesst folglich im Mai 1967, nur 19 Fahrzeuge des Typ 911 R bauen zu lassen, vier für den Werkseinsatz, 15 (oder 16?) für den Verkauf an Privatfahrer.

Es bleiben dem Werksteam nur Einsätze in der etwas exotischen 2-Liter-GT-Prototypenklasse (GTP). Das Renndebüt erfolgt im Juli 1967 auf dem «Circuito del Mugello», damals noch ein WM-Lauf. Hinter zwei Porsche 910 schaffen es Vic Elford/Gijs van Lennep im Porsche 911 R auf einen hervorragenden dritten Rang. Bei der Langstreckenfahrt «Marathon de la Route» holen Hans Herrmann, Vic Elford und Jochen Neerpasch nach 84 Stunden auf dem Nürburgring mit ihrem mit einem halbautomatischem Sportomatic-Getriebe ausgerüstete 911 R den Sieg. Der grösste Erfolg des R kommt aber erst 1969 bei der «Tour de France», die Gérard Larrousse für sich entscheiden kann.

Chassis-Nummern? Wir wollen es versuchen, zuerst die vier Prototypen für das Werk:

R1 (noch 1966) – 305876 S:

R2 – 306681 S:

R3 – 307671 S:

R4 – 307670 S:

Der R4 war der letzte Prototyp des Porsche 911 R. Und wurde anscheinend «trotzdem» 1969 an einen Franzosen namens Balas verkauft. Der wollte ihn nun, vielleicht, 1970 an einem anderen weiteren Franzosen verkaufen, Monsieur Blanc. Doch bevor es soweit kam, wurde R4 gestohlen. Und tauchte erst 1991 wieder auf – in den Händen jenes Balas. 2007 von Canepa «restauriert».

Dann die anscheinend 16 Exemplare, die verkauft wurden (auch die Prototypen wurden irgendwann verkauft):

11899 001R (das Fahrzeug, das in Monza die Langstrecken-Rekorde fuhr):

11899 002R (man weiss irgendwie: gar nichts)

11899 003R (Werks-Fahrzeug bis 1969):

11899 004R (soll Jo Siffert gehört haben):

11899 005R (zuerst: Targa Florio, dann: Sieger «Tour de France» 1969, gehört anscheinend auch mal Jo Siffert):

11899 006R (ging zuerst nach Frankreich – das ist das Fahrzeug, das wir oben zeigen):

11899 007R (ging zuerst nach Spanien):

11899 008R (ging zuerst nach Japan, komplett zerstört bei einem Feuer – neu aufgebaut…):

11899 009R (ging zuerst nach Spanien):

11899 010R (ging zuerst nach Portugal):

11899 011R (da weiss man nicht viel, gehört(e) Jerry Seinfeld):

11899 012R (ging zuerst nach Frankreich):

11899 013R (da weiss man nicht viel):

11899 014R (ging zuerst nach Frankreich):

11899 015R (24 Stunden von Daytona 1968, 12 Stunden von Sebring 1968, heute in der Collier Collection):

11899 016R (ging zuerst nach Frankreich):

11899 017R (ging zuerst nach Puerto Rico):

11899 018R (ging zuerst nach Frankreich):

11899 019R (ging zuerst an Vasek Polak):

11899 020R (ging ebenfalls an Vasek Polak):

Es ist dies mal ein Anfang, Sie können sich ja vorstellen, wie es weitergeht. Mehr schöne Porsche haben wir in unseren Archiv.

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