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Ein Stück Holz

Als «ein Stück Holz mit vier Rädern und einer prächtigen Maschine» bezeichnete der rennfahrende Journalist Paul Frère den Ferrari 750 Monza. Aber so schlimm kann es nicht gewesen sein, bei der RAC Tourist Trophy, dem zweitletzten Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1954, schafften Hawthorn/Trintignant auf solch einem 750 Monza (#0440MD) den Gesamtsieg. Der dann allerdings nicht für Gesamtwertung zählte, dafür wurde die Index-Wertung an den Haaren herbeigezogen, die sich ein DB HBR gesichert hatte. Der sogar über nur zwei Zylinder verfügte.

Der Reihen-Vierzylinder war eine Konstruktion von Aurelio Lampredi, eigentlich die gleiche Maschine wie im 500 Mondial, Bohrung x Hub war allerdings 103 x 99 mm anstatt 90 x 78 mm. Das ergab einen Hubraum von 2999 cm3, eine Leistung von 260 PS bei 6400/min und ein maximales Drehmoment von 272 Nm; geschaltet wurde über ein in Transaxle-Bauweise angebrachtes, unsynchronisiertes 5-Gang-Getriebe. Es war keine sehr komplexe Konstruktion, zwei obenliegende, über Zahnräder angetriebene Nockenwellen, zwei Weber-Doppelvergaser (58 DCO A/3). Interessant war, dass Zylinderblock und Zylinderkopf aus Alu zusammengegossen wurden, die Laufbuchsen mussten von unten eingeschraubt werden.

Die Ferrari 750 Monza standen auf einem klassischen, von Gilco gebauten Leiterrahmen aus ovalen Längs- und runden Querstreben, vorne gab es eine Einzelradaufhängung mit Doppelquerlenkern und einer Querblattfeder (später: Schraubenfedern), hinten eine DeDion-Achse mit Querblattfeder sowie Hebelstossdämpfern. Gebremst wurde mit Trommelbremsen. Und der Aufbau, der vielleicht noch von Dino Ferrari entworfen worden war, aber sicher von Scaglietti kam, bestand selbstverständlich aus Leichtmetall – es entstanden wahrscheinlich 33 Spyder. Die Bezeichnung «Monza» sollen sie erst nach einem Sieg von Hawthorn/Maglioli bei der Supercortemaggiore Monza erhalten haben, bloss: dort fuhren die beiden Herren – wahrscheinlich – einen 735 S (von dem es drei Stück gab, 2,9 Liter Hubraum, alle sehr ähnlich wie die 750 Monza).

Die Scuderia Ferrari setzte den 750 Monza nicht lange ein, 1955 noch bei den 1000 Kilometer von Buenos Aires (Maglioli/Bucci wurden disqualifiziert, weil sie am Start angeschoben wurden), doch schon ab Ende 1954 wurden die ersten Exemplare an Privatfahrer verkauft. Die damit sowohl in Europa sowie vor allem in den USA zahlreiche Erfolge erzielten, bei insgesamt 219 Rennteilnahmen kamen die Ferrari auf 55 Gesamt- und noch 24 Klassen-Siege. Viele bekannte Teamchefs hatten einen 750 Monza, Swaters, Parravano, von Neumann, manch ein berühmter Fahrer prügelte den Vierzylinder um die Rundstrecken, Phil Hill, Carroll Shelby, Masten Gregory; Alberto Ascari starb auf einer Testfahrt in Monza in einem 750 Monza (#0562MD). Da wollen wir dann noch ein paar Geschichten erzählen.

Etwa jene zum Fahrzeug, das wir oben zeigen, #0510M. Das Anfang 1955 an Allan Guiberson ausgeliefert wurde, einen reichen Unternehmer aus Dallas. Der meldete es für die 12 Stunden von Sebring. Kein Geringerer als Phil Hill fuhr mit einem Transporter von Dallas nach New York, um den Ferrari bei Importeur Luigi Chinetti abzuholen – und dann gleich weiter nach Florida, zum Rennen. Dort lieferte er sich zusammen mit Carroll Shelby über 12 Stunden einen heroischen Kampf gegen den ganz neuen Jaguar D-Type von Hawthorn/Walters – und ging als Sieger durchs Ziel. Bloss: Als die Rennleitung nachzählte, bemerkte sie, dass der Jaguar wahrscheinlich doch vorne lag, 25 Sekunden nach mehr als 1500 Kilometern.

Ende 1955 kauften die Gebrüder Hall den Ferrari, Carroll Shelby schaffte 1956 bei sechs Rennen fünf Gesamtsiege (und einen zweiten Platz). 1957 kam dann Jim Hall (ja, genau der von Chaparral) zu seinen ersten Einsätzen – und im Gegensatz zu Paul Frère liebte er den 750 Monza: «Er hatte ein fantastisches Drehmoment, die Bremsen waren hervorragend, obwohl es nur Trommeln waren. Für mich war es ein grossartiger Rennwagen». 1958 stellte Jim Hall #0510MD, der unterdessen ihm persönlich gehörte, in die Garage – und pflegte den Ferrari fast 60 Jahre bestens. 2016 wurde der sehr originale, sehr geschichtsträchtige Ferrari 750 Monza von RM Sotheby’s für 5,225 Millionen Dollar versteigert.

(Selbstverständlich kommt dann hier noch mehr, so etwas wie eine Sammlung.) Es ist dies eine «related»-Story zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1954, mehr schöne Geschichten gibt es in unserem Archiv.

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