Zurück zum Content

radical zero: Fahrbericht Ford F-150 Lightning – again

Oh, Allmächtiger

Selbstverständlich ist die Frage berechtigt, was man denn mit einem 6,29 Meter langen und 2,44 Meter breiten Full-Size-Pick-up in der Schweiz anfangen soll. Das fängt schon mit Pick-up an: In der Schweiz konnten sie sich nie so recht durchsetzen, auch wenn das Angebot mittlerweile ziemlich gross ist (aber immer deutlich kompakter als der Ford F-150). Warum auch, das Wetter ist hierzulande einfach nicht gut genug für eine offene Pritsche, auch in den USA verkauft Ford deutlich mehr F-150 in Texas als in Montana. Und die Zahl der Gärtner, Förster, Gemeindearbeiter ist einfach nicht gross genug, als dass dieses Segment in der Schweiz wirklich abheben könnte; Lifestyle ist zwar unterdessen auch ein Thema, doch auch bei den Hipstern und den E-Bike-Downhillern sind SUV und echte Geländewagen deutlich beliebter. Eben: Wetter. Dach und so.

Nun ist es aber so, dass der voll-elektrische Ford F-150 Lightning tatsächlich in die Schweiz, überhaupt nach Europa kommt, in hiesigen Gefilden anscheinend schon 50 Stück bestellt wurden, wir ihn dann und wann also auch auf der Strasse sehen werden. Übersehen kann man ihn ja nicht, er ist das nächstkleinere Ding hinter dem Sattelschlepper, wenn er auf dem Parkplatz steht, wirkt auch ein neuer Range Rover zwergenwüchsig. Es gibt ihn in genau einer Variante, Doppel-Kabine, was dann wiederum bedeutet, dass die Ladefläche nicht besonders gross ist (1,7 mal 1,28 Meter). Das wiederum ist vielleicht nicht falsch, denn bei einem Leergewicht von 2,9 Tonnen beträgt die Zuladung noch 600 Kilo, das ist jetzt nicht gerade übertrieben (ein Toyota Hilux, viel kleiner und viel schwächer motorisiert, schafft die Tonne locker). Für das Gewerbe ist das dann also eher nicht so zweckmässig, andererseits: die Anhängelast beträgt gut 3,5 Tonnen, da kann man dann also schon gut was wegschleppen. Einen anderen, voll beladenen Ford F-150 Lightning, zum Beispiel. Den wir ja schon einmal fahren durften, in den USA. Der dort aber einfach irgendwie besser hinpasst, weil, siehe oben: Abmessungen.

An der Kraft und der Herrlichkeit herrscht tatsächlich kein Mangel: Zwei E-Motoren schaufeln umgerechnet 458 PS an die vier angetriebenen Räder, mit 1050 Nm maximalem Drehmoment ist jederzeit für besten Durchzug gesorgt. Den Strom bezieht der Pick-up aus einer ebenfalls mächtigen 98-kWh-Baterie (91 kWh netto), die sich mit maximal 150 kWh wieder laden lässt – und gemäss WLTP für eine Reichweite von 427 Kilometern gut sein soll. Das erscheint uns etwas optimistisch, auf unserer Probefahrt waren wir im Bereich eines Verbrauches von 30 kWh/100km, da ist man dann mehr bei 300 Kilometern. Wer den Pick-up allerdings nicht zu oft auf der Autobahn nutzen will – da steht er wie eine Wand im Wind bei höheren Geschwindigkeiten – und über das technische Verständnis verfügt, dass ein hohes Gewicht halt auch anständig rekuperiert, der sollte mit dem «Lightning» allerdings keine «range fear» haben müssen. Bi-direktional laden geht übrigens auch, eine Kreissäge zum Beispiel, einen kleinen Kühlschrank, einen Luftmatratzenaufblasgenerator, was man halt so braucht im Alltag.

Auch wenn es heisst, der «Lightning» in nur gerade 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen kann, sollte man das besser nichts ausprobieren. Wir haben es selbstverständlich trotzdem gemacht, das gehört ja zum Job des Automobil-Beschreibers – und waren dann froh, dass die Strasse breit genug war, er wäre uns fast aus dem Ruder (= Lenkrad) gelaufen. Überhaupt ist die flotte Fahrt jetzt nicht wirklich die Domäne des gewaltigen Amerikaners, in den Kurven ist die Seitenneigung hoch, man muss unbedingt auch den Radstand von doch fast 3,7 Metern einberechnen, die Lenkung ist zudem auch nicht das, was man aus einem kompakteren Sportwagen kennt. Dafür ist der Ford aber so etwas von viel komfortabler als zum Beispiel ein Lamborghini Countach. Man sitzt auch viel besser, bequemer – und trotz ausladender Masse ist die Übersicht ziemlich gut. Und wer es noch nicht weiss: Strom ist Gelände (auf Schnee…) grossartig, volles Drehmoment ab quasi Null, feinst dosierbar.

Innen erinnert das riesige Tablet in der Mitte stark an den Mustang Mach-E, ansonsten gibt es noch reichlich Knöpfe und Schalter und so, etwa für die diversen Anhänger-Assistenten. Die Bedienung ist vollkommen rätselfrei, die Ablageflächen sind grösser als bei manchen anderen Autos der Kofferraum; vorne, im Frunk, haben auch noch einmal 400 Liter Platz. In die Schweiz kommt nur die Ausstattungsvariante Lariat, das ist dann schon sehr gehoben mit Leder und allem, was sonst überall Aufpreis kostet, doch das erklärt dann auch den eher hohen Anschaffungspreis von 127’000 Franken. Hier gilt aber nun wahrlich: Viel Auto für viel Geld. Und nein, wir schreiben jetzt hier nichts davon, was so ein F-150 in den USA kostet. Er wird dort übrigens auch dieses Jahr wieder das mit Abstand meistverkaufte Automobil überhaupt sein, in den ersten zehn Monaten des Jahres hat der Ford F-150 satte 21,1 Prozent zulegen können und liegt bei über 630’000 verkauften Exemplaren. Ach ja, dort gibt es ab sofort auch einen neuen F-150 Raptor – mit 730 PS.

Das nun ist wichtig für Ford, der Konzern steckt mitten in einer aus europäischer Sicht etwas eigenartigen Transformation. Da ist natürlich einerseits die Elektrifizierung, die auch der F-150 Lightning verkörpert und die dann im nächsten Sommer mit dem Explorer endlich auch richtig in Europa hier ankommen soll, andererseits bastelt CEO Jim Farley aus der Marke mit der Pflaume ein neues «Power House» mit neuen Mustang in so ziemlich jeder Rennklasse, plus noch einem neuen Supersportwagen. Davon hat Ford in Europa aber nicht viel, ganz im Gegenteil, die bisherigen Bestseller Fiesta und Focus sind ausgelaufen, Puma und Kuga erhalten erst im Laufe des nächsten Jahres ein Facelift, ausser bei den Nutzfahrzeugen läuft nicht mehr viel, gerade in Deutschland ist der Absturz von Ford von historischem Ausmass. Die paar wenigen F-150 Lightning werden da auch nicht viel ausrichten können.

Aber vielleicht gehen sie ja auch in Europa ihren Weg. Es gibt ja noch so manchen Freund des «american way of life», der sich schon immer so einen mächtigen Pick-up wünschte, aber nicht über eine eigene Tankstelle verfügte. So rein elektrisch fährt sich das nun deutlich vernünftiger, dank elektrisch verstellbarer Pedalerie kann man den allmächtigen Wagen auch mit Boots und Stetson bequem fahren. Ganz entspannt, die Marlboro zwischen den Lippen, den Ellenbogen an der frischen Luft, den Mustang im Anhänger.

Mehr Strom? zero. Alles andere: Archiv.

3 Kommentare

  1. Sgt. PEPPer's Lonely Hearts Club Band Sgt. PEPPer's Lonely Hearts Club Band

    Beschreibung
    „Da isser !! Gretas absoluter Albtraum! Ein mächtiger und seltener Oldsmobile Regency 98 mit einem 126 PS starken 5,6 Diesel V8, welcher aus seinem Abgasrohr keinen Feinstaub sondern einfach nur Briketts ausatmet. Damit lassen sich bei Bedarf sogar Klimakleber von der Straße rußen.

    Nun fährt sich der Olds aber doch ziemlich entspannt. Die plüschigen Sitze sind bequem, sogar unglaublich bequem wie eine Couch. Platz ist reichlich vorhanden. Auf der Autobahn gleitet er dank dem langen Radstand sehr komfortabel einher, Bodenwellen merkt man nicht. Für das Lenkrad genügt ein kleiner Finger, auf den Sitzen kann man sich bequem ausbreiten und es geniessen, dass man zumindest für eine kurze Zeit „King of the Road“ ist. Überholende Autos stören nicht, man ist nicht auf einer Hetzjagd sondern auf dem Weg. Das Oldsmobile macht eine überragende Figur in nahezu jeder Lage. Stellt man ihn auf dem Parkstreifen ab, so schaut er einfach nur edel aus. Die schöne Dachlinie, das lange Heck – kein Vergleich mit den seelenlosen Elektroautos heutzutage, denn er sieht nicht anrüchig aus, sondern strahlt Ruhe und Gelassenheit aus.

    1981 orderte ein Hamburger Zahnarzt auf einer Autoshow in Las Vegas den Regency und ließ den Wagen direkt nach Hamburg liefern. Gerade mal 51000 Meilen sind seither zurückgelegt worden. Vor einigen Jahren wurde die Lackierung aufgrund leichter Gebrauchsspuren erneuert. Ansonsten ist noch alles so original wie bei der Auslieferung. Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Tempomat und eine weich schaltene Automatik sind mit an Bord.

    Mit der Anhängelast von 1800 Kg zieht er mühelos auch Ihren Tabbert Wohnwagen. Alles in allem ein Fahrerlebnis der besonderen Art. Andere Autos sind sicherlich schneller, besser, und teurer – doch der Regency 98 ist und bleibt einzigartig. Und die Reaktionen der Leute lassen es vermuten: jeder merkt das dies einmal ein besonderes Auto gewesen ist – und das gilt heute umso mehr.

    Also, greifen Sie schnell zum Hörer und sichern Sie sich Gretas Albtraum.“

    https://www.classic-trader.com/de/automobile/inserat/oldsmobile/ninety-eight/98-regency/1981/351223

  2. kilo kilo

    Wohnwagen..

    Darum gibt es ja eine TOP GEAR Folge die Kult ist..

    Diese strassenverstopfenden Armutszeugnisse einer bekloppten
    Peinlichkeit, die nervt.

  3. Rolf Rolf

    Anno 2000 besuchte ich einen Freund in Houston, Texas.
    Er arbeitete dort bei Compaq Computer und es hatte sich, natürlich, schnell eine Gemeinschaft Deutscher Kollegen zusammen getan.

    Was war das erste, was die Jungs gemacht haben? Richtig Pickup-Truck kaufen.
    So kam ich in den Genuss, in der korrekten Umgebung einen F 150 V8 mit eineinhalb Kabine sowie einen V6 mit 3-Gang-Handschaltung (2. und 3. genügen immer) mit kleiner Kabine und Sportside-Pritsche fahren zu dürfen.

    Ja, in Texas ist es ok.
    Die Supermarkt-Parkplätze haben eine Größe, dass sie in München als Grundstücke für Einfamilienhäuser verkauft würden.
    Damals fuhren viele Muttis einen Ford Excursion V10, der war gerade hipp und konnte beim Türenöffnen allerdings einen daneben parkenden Golf erschlagen.

    Richtig, Pickups, Motorroller und Fahrräder sind wetterabhängig, weshalb sich auch letztere nicht durchsetzen werden in Mittel- und Nordeuropa, egal wie viele Wege man ihnen baut.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert