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Ferrari 166 MM

Aus einem Auto-Leben

Der 166 MM hatte zusammen mit dem 166 Inter 1948 seine Premiere auf dem Turiner Auto-Salon erlebt. Doch dann ging es gleich richtig los für den kleinen Rennwagen, Clemente Biondetti gewann 1948 die Mille Miglia auf einem 166 MM – und 1949 gleich nochmals. 1949 siegte Luigi Chinetti mit so einem Ferrari auch bei den 24 Stunden von Le Mans, und wir nennen hier bewusst nur seinen Namen, denn er sass 23,5 Stunden am Steuer.

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Der 166 MM war auch kommerziell ein grosser Erfolg für die noch junge Marke Ferrari. 46 Stück konnte verkauft werden, 25 davon waren wie das hier gezeigte Fahrzeug so genannte «Barchetta», kleine Schiffchen, die von Touriing eingekleidet wurden. Ein Design für die Ewigkeit, sehr einfach, aber halt perfekt, wunderschön. Man liegt wohl nicht komplett daneben, wenn man diese Touring-Barchetta als die ersten wahren Ferrari bezeichnet. Oder wie Dean Batchelor im «Automobile»-Magazin schrieb: «Das Herz des Ferrari-Mythos war immer diese etwas verworrene Unterscheidung zwischen Strassen-Fahrzeug und Rennwagen – und der 166 MM war das Modell, mit dem diese Magie begann.» Deshalb haben wir noch mehr darüber geschrieben, hier.

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Doch wir wollen doch anhand eines Beispiel etwas tiefer dringen: Dieser 166 MM trägt die Chassis-Nummer 0024 M – die geraden Chassisnummern waren Renn-Fahrzeugen vorbehalten. Und doch ist es ein ungewöhnliches Fahrzeug, denn der Innenraum war nicht so spartanisch wie sonst bei den Rennwagen. Was etwas damit zu tun haben dürfte, dass 0024 M 1949 auf dem Salon von Paris ausgestellt war. Und das Fahrzeug war hellblau lackiert, auch eher aussergewöhnlich. Das hatte einen Grund: Der argentinische Rennfahrer Carlos Menditeguy hatte das Fahrzeug bestellt. Es gab in Paris Gerüchte, dass der 166 MM Evita Peron zum Geschenk gemacht werden sollte, doch die patriotische Lackierung hatte einen viel profaneren Hintergrund: Menditeguy wollte die Peronisten beeindrucken – und hoffte, die horrenden Einfuhr-Steuern erlassen zu bekommen. Interessant ist, dass 0024 M den Motor mit der Seriennummer 0022 M eingebaut erhielt.

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Menditeguy nahm am 15. Januar mit dem 166 MM an einem Rennen in Mar del Plata teil. Das er locker gewann. Doch der Steuervogt zeigte sich unnachgiebig, im Juni 1950 wurde 0024 M zurück nach Italien verschifft. Der nächste Besitzer, ein Francesco Zaccaria Terravazzi aus Nerviano, kaufte 0024 M am 6. November 1950 für 6,2 Millionen Lire. Am 28. April 1951 fuhr er zusammen mit Aprile Palmer die Mille Miglia, mit der Startnummer 344. Das Duo schaffte den 94. Rang und den 8. Platz in ihrer Klasse, was ein gutes Resultat für ein Privat-Team war. Palmer kaufte Terravazzi den Wagen ab – und verkaufte ihn am 23. September 1952 an einen Paolo Berio, der in Imperia wohnte.

Nun begann eine Leidenszeit für 0024 M. Berio liess dem 166 MM eine Vignale-Berlinetta-Karosserie verpassen. Aber die Freude war eine kurze, am 4. September 1954 verschacherte er den Ferrari für 1,2 Millionen Lire an Francisco Rizzoli aus Turin. Sechs Monate später war ein anderer Turiner der neue Besitzer, Ermani Garbuccio. Der starb am 1955, und im April verschenkten seine Erben 0024 M quasi an den Amerikaner Theodore Pala. 200’000 Lire bezahlte der Mann, und erhielt dafür ein in drei Farben lackiertes Auto, weiss, blau, grau. Pala brauchte den 166 MM als «Muli» für die Mille Miglia 1956, dann verschiffte er das Auto nach Los Angeles.

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Jetzt wird es bitter: Pala hatte technische Probleme mit 0024 M, also baute er den gesamten Antriebsstrang aus und verkaufte die Hülle an Donald Oreck. Der liess sich bei Warren Olson einen 283-ci-Corvette-V8 (4,6 Liter Hubraum) samt Corvette-Getriebe und -Hinterachse einbauen. Oreck verkaufte das Auto 1960 an Joseph Spencer, der mit dem Ferrari am 3. September 1961 eine Parkbusse kassierte. Er bezahlte die Busse nicht, sondern verkaufte den Wagen 1962 an Armand La Rue, der ihn immerhin bis 1966 behielt. Und der nächste Besitzer, Peter Negri, schaffte es noch länger, bis 1974. Dann verkaufte er 0024 M an Stanley Nowak, einen bekannten Ferrari-Händler in Mount Vernon im Bundesstaat New York.

Dass war das Glück des Ferrari 166 MM. Denn Nowak vertiefte sich in die Geschichte von 0024 M, trug jede Menge Dokumente zusammen. Aber schon im Dezember 1974 verkaufte er den Wagen an einen Mister Schonwald, für 4000 Dollar. Doch Nowak tat noch mehr: Er machte auch den originalen Motor ausfindig. Pala hatte diesen 1962 an Tasso Haritos verkauft, der ihn wieder auf- und dann in seinen Siata-Special-Rennwagen einbaute. Harritos war 1974 noch im Besitz der originalen Weber-32-DCF-Vergaser und anderer Teile, den Motorenblock fanden Nowak und Schonwald bei John Mead in New Jersey.

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Nun begann eine längere Restauration bei Chris Leydon, der die Vignale-Karosse (die eigentlich zur Chassisnummer #0097S gehörte) abbaute – und die Barchetta wieder zum Leben erweckte. Doch ganz zu Ende kam Leydon nie, 1986 wurde 0024 M samt Motor an Keith Duly weiter verkauft. 1989 war der Wiederaufbau endlich fertig, und 1990 kaufte der Kalifornier Don Young das Auto. 1995 ging es nach Japan, 2006 kaufte ein anderer Japaner den Wagen, und 2008 wurde er wieder in die USA verkauft. 2011 versteigerte RM Auctions 0024 M in Arizona – und erzielte einen Preis von 1’870’000 Dollar. Der Käufer war Leslie Wexner – der dann 2023 versuchte, das Fahrzeug wieder loszuwerden. Bloss wollte niemand die mindestens 4 Millionen Dollar, die er forderte, bezahlen.

Klar, dass diese Ferrari 166 MM auch eine Sammlung brauchen.

Chassis-Nummer: 0054M

Auktion: RM Sotheby’s, Amelia Island 2005, verkauft für 1’760’000 Dollar.

Chassis-Nummer: 0058M

Dazu haben wir eine wunderbare Story, hier.

Chassis-Nummer: 0066M

Stand bei Tom Hartley Jr. zum Verkauf, angeboten mit folgendem Text: «1950 nahm Ferrari keine wesentlichen technischen Änderungen am 166 MM vor, brachte aber eine Berlinetta-Version auf den Markt, deren Karosserie ebenfalls von Carrozzeria Touring gebaut wurde. Dieses attraktive Coupé erhielt den Namen „Le Mans“, um den Sieg des Vorjahres zu feiern. Es gab nur fünf Fahrzeuge mit dieser Karosserie, was sie zu einem der seltensten und begehrtesten frühen Ferrari-Modelle macht. Der Le Mans erwies sich als äußerst vielseitig und war in der Lage, alle Arten von Terrain zu bewältigen, von Strassenrennen über Rennstrecken bis hin zu Bergrennen. Einer dieser Wagen gewann 1950 die Mille Miglia unter der Leitung von Giannino Marzotto». Nein, wir können nix für diese grauenhafte Beschreibung. Erster Besitzer war aber ein Anteo Allazetta aus Triest, der einige Rennen damit fuhr, 1958 kam der Wagen (wohl mit einem 195-S-Up-Grade) in die USA, ging durch viele Hände, war auch mal noch in Japan.  Aber ja, das Fahrzeug scheint sehr original zu sein – und ist schön.

Es gibt da noch eine Folge-Geschichte zu den Ferrari 166 MM/53, hier. Mehr Ferrari gibt es in unserem Archiv.

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