Alles etwas irr
Markus, also Chali», durfte damals den Pantera fahren, ich musste mit einer Corvette vorliebnehmen. Da war ich schon etwas eifersüchtig, doch Chali hatte eine schönere Geschichte zu erzählen (nachzulesen: hier – da steht auch der ganze geschichtliche Hintergrund), deshalb war klar, dass er den DeTomaso haben durfte. Als sich mir nun, viele, viele Jahre später, die Gelegenheit bot, auch einmal einen Pantera zu bewegen, sagte ich natürlich sofort zu, denn dieser «Hybrid» hat mich auch schon immer begeistert. Und Alejandro de Tomaso ist sowieso eine faszinierende Persönlichkeit, über die wir schon ausführlich geschrieben haben, zum Beispiel hier.



Wir haben es hier mit einem 72er-Modell zu tun, Pre-L, wie die Kennerin gerne sagt. Es wurde am 2. Oktober 1971 in den USA erstmals zugelassen – über die frühe Geschichte ist nichts bekannt, man weiss folglich auch nicht, welches die originale Farbe gewesen sein könnte. Seit 1989 ist dieser Pantera in der Schweiz, nach einem kapitalen Motorschaden erhielt er kürzlich von den Spezialisten Eggenberger Motorenbau AG einen neuen 351er-Motorblock, eine neue Kurbelwelle, neue Pleuel, neue Schmiedekolben und eine neue Nockenwelle. Was da buchstäblich im Nacken arbeitet, ist also eine quasi neue Maschine, man darf von etwa 315 PS ausgehen. Die auf einen sehr kompakten Körper treffen, nur 4,26 Meter lang, nur 1,80 Meter breit.









Und der 5,8-Liter-V8 tobt. Wohl in keinem anderen Fahrzeug ist der Motor so nah am Gehör der Insassen eingebaut wie im Pantera. Da ist zwar ein dünnes Scheibchen, aber man kriegt doch alles sehr direkt mit, das Klackern der Ventile, die Ansauggeräusche, sogar das Mahlen der Kolben vermeint man zu verspüren. Es ist nicht bloss beautiful noise, es sind auch good vibrations. Und das schon im Leerlauf. Sollte so ein DeTomaso Wind- oder Abrollgeräusche entwickeln, man wird sie nie hören, zu dominant ist die Maschine im Rücken. Ein Radio erübrigt sich (auch wenn unser Exemplar eines verbaut hat), ab etwa 2000/min auch jedes Gespräch. Das ist gut so, dann kann man sich auf das Fahren konzentrieren.



Und da braucht es schon ziemlich viel Aufmerksamkeit. Auch wenn nur 57 Prozent des Gewichts auf der Hinterachse liegen sollen, so hat man doch das Gefühl, dass die Lenkung mehr so ein Eigenleben führt. Logisch, kein Servo, dafür ist das Lenkrad winzig, die Arbeit daran schweissfördernd. Der Pantera fährt jeder Spurrine nach, man muss da schon gut dagegen halten, sonst geht er auf seine ganz eigene Reise. Geht man ein bisschen mehr auf das Fahrpedal, verlangt man nach mehr Vortrieb (und entsprechendem Lärm), wird der Italiener mit dem amerikanischen Herz vorne noch leichter. Das ist alles in einem guten, auch verträglichen Rahmen, doch mit dem Handy spielen sollte man auf einer Ausfahrt mit dem Pantera besser nicht. Und am Kurvenausgang auch nicht zu früh auf den Pinsel, das kann dann mit bösen Überraschungen enden, wenn man nicht alert bleibt. Will man sich aber dem Fahrvergnügen hingeben, konzentriert, dann ist es eine wunderbare Freud’. Und laut.




Der Fünfgänger schaltet sich schön knackig, die Wege sind kurz, der Stock liegt perfekt zur Hand. Auch sonst verliert man nicht die Übersicht, das Cockpit ist angenehm minimalistisch gehalten, man sieht den Tourenzähler besser als den Tacho. Und es ist überraschend viel Platz für die zwei Passagiere, andere Italiener jener Jahre sind da deutlich enger geschnitten. Das Fahrwerk ist bretterhart, das musste damals so sein, dafür sind die Sitze einigermassen weich, so verbleibt doch noch ein Hauch von Komfort. Was aber irgendwie nicht wirklich wichtig ist, man ist im Pantera mehr mit sich und seinen eigenen Fahrkünsten beschäftigt als mit solchen Nebensächlichkeiten wie Verkehrsschildern oder anderen Verkehrsteilnehmern. Welch wohltuender Unterschied zu einem modernen Fahrzeug, das nur noch piept und bimmelt, in dem man mehr mitfährt als selber die Verantwortung trägt.



Man kann aber halt auch ganz entspannt im DeTomaso, friedlich im 3. Gang durchs Dorf einhergondeln, da ist mehr als genug Drehmoment, um dann ausserorts alles zu plätten, vielleicht noch die vierte Welle einzuwerfen, wieder mehr so: cruisin’. Das macht zwar nicht weniger Lärm, ist aber besser für die eigenen Nerven, als wenn man dauernd mit dem Messer zwischen den Zähnen unterwegs ist. Wobei er halt schon nicht dringend das Automobil ist, in dem man dann auch noch den Blick für die schöne Landschaft hat oder gar die Langstrecke hinter sich bringen möchte. Dafür schüttet man am Berg so viel Adrenalin aus, dass es für die ganze Woche reichen wird. Bergauf ist aber viel freudiger als bergab, nicht, weil die Bremsen schlecht wären, es sind auch nur rund 1,4 Tonnen zu verlangsamen, doch man hat dauernd das Gefühl, dass der Motorblock im Rücken noch mehr nach vorne drängt, noch näher an die Gehörgänge will.



Und irgendwie ist er: schön. Die Form ist die reine Lehre, da ist nichts zu viel, unpassend, gekünstelt. Natürlich sind die Klappscheinwerfer längst aus der Mode gefallen, doch das macht schon Sinn gerade bei einem Mittelmotor-Fahrzeug, es baut dann vorne ganz flach, der Wagen wird zum Keil (und der Pantera ist auch nur 1,1 Meter hoch). Der Pantera verfügt im Gegensatz zu anderen Sportwagen seiner Zeit sogar über so etwas wie einen Kofferraum (hinten) – und er kostet halt nicht Millionen. Das Fahrzeug, das wir hier zeigen, wird am 1. Juni 2024 von der Oldtimer Galerie Toffen auf der Swiss Classic World versteigert, der Schätzpreis liegt bei 140’000 bis 160’000 Franken, nicht ganz günstig für einen Pantera, aber eben, im Vergleich zu einem Ferrari oder Lambo ein absolutes Schnäppchen (übrigens auch im Unterhalt). Und kaum langsamer. Und in seiner brachialen Wildheit irgendwie mindestens so faszinierend.






In unserem Archiv gibt es noch reichlich DeTomaso, auch den frühen Vallelunga, auch den Panetra-Vorgänger Mangusta.
Apropos Motorsound, physisch und akustisch, nahe der Hirnwindungen lässt der Ligier JS 2 mit Maserati/Citroen 6-ender auch keine Wünsche offen (ohne separierende Scheibe).
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Danke, Danke
Ein Lenkrad das Tacho und Drehzalmesser verdeckt, aber eine offene Schaltkulisse, Hitzeschutztape am Aspuff und einen Amimotor (bei den Überheblichen Lowtech) ein Fahwerk von Dallara und die Hülle von Tom Tjaarda! Besser gehts doch nicht – und der Sound! Ja, bei uns im Ort gibt`s auch einen – immer wider faszinierend die Kombi und stiehlt allen Proll-M-AMG-RS die Show. Es reicht ein Gasstoss. Und war es nicht Detomaso der dem dicken Ford sagte: „Big Boss big Idiot!“ Solche Autos und ihre Schöpfer sind einmalig und die kommen nicht wieder. Also geniessen und danke für den Bericht – muss jetzt gleich zu Youtube zum hören….