Eine kurze Karriere
Für den Rennsport war der später so legendäre Zwölfzylinder von Gioacchino Colombo nur bedingt tauglich. Überhaupt, Colombo fühlte sich zu wenig geschätzt in Maranello, 1950 ging er zurück zu Alfa Romeo. Zum neuen technischen Direktor wurde Aurelio Lampredi ernannt, geboren 1917 in Livorno und ausgebildet im schweizerischen Fribourg – und er musste gleich in die Hosen. Denn weil der 1,5-Liter-V12 von Colombo auch aufgeladen nicht die Leistung brachte, die Enzo Ferrari erwartete, verlangte der Commendatore einen freisaugenden Zwölfzylinder mit mehr Hubraum. Und Lampredi lieferte in kürzester Zeit, schon im April 1950 gingen an der Mille Miglia zwei ganz neue Ferrari 275 S an den Start, aufgebaut auf dem verbesserten Chassis des 166 MM, beides Barchetta mit einer Karosserie von Touring.



Doch weder Ascari/Nicolini auf #0030MT noch Villoresi/Cassani auf 0032MT kamen weit. Ascari übernahm zu Beginn zwar noch die Führung, doch beide Ferrari 275 S fielen nach Getriebeproblemen aus. Die neuen 3,3-Liter-V12 von Lampredi waren schlicht zu stark, Kupplung und Getriebe waren nicht gemacht für 270 PS der neuen Maschine. Doch es war von Anfang an klar, dass die Lampredi-Maschine Potenzial hatte, sie wurde im Juni 1950 in den 275 F1 eingebaut, aus dem schon Ende Juli der 340 F1 wurde (4,1 Liter Hubraum) und schliesslich Anfang September, wir schreiben immer noch 1950, der 375 F1, mit dem Ferrari dann 1951 sein erstes Formel-1-Rennen gewinnen konnte.



Auch die beiden Ferrari 275 S erhielten die entsprechenden Anpassungen. #0032MT fuhr mit Ascari/Nicolini 1951 noch einmal die Mille Miglia, verunfallte aber zwischen Lonato und Desenzano, wurde im Juli 1951 mit einem 4,1-Liter-V12 ausgestattet, nach Le Mans geschickt, wo es Chinetti/Lucas immerhin auf den 8. Gesamtrang brachten. 1952 kam dieser Ferrari dann in die USA, wo er von John Edgar zumeist mit Jack McAfee am Steuer erfolgreich bei SCCA-Rennen eingesetzt wurde. Das Fahrzeug soll noch existieren mit seiner ursprünglichen Touring-Karosserie, allerdings in einem traurigen Zustand.












Beim Fahrzeug, das wir hier zeigen, ist die Geschichte einiges wilder. Auch aus #0030MT wurde ein Ferrari 340, mit dem Marzotto/Marchetto 1951 bei der Mille Miglia starteten, aber nicht ins Ziel kamen. Wohl 1952 erhielt der Ferrari einen neuen Aufbau von Fontana, schaffte es mit Comotti/Ronchi aber wieder nicht ins Ziel bei der Mille Miglia – und wurde dann wohl 1954 bei Scaglietti mit den Kleidern versehen, die er heute noch trägt. 2015 versteigerte RM Sotheby’s #0030MT in Monterey für knapp acht Millionen Dollar – heute befindet sich dieser Ferrari 275S/340 wahrscheinlich in deutschem Besitz.









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