Der Richter
Ob die 64er Pontiac GTO, erfunden von John DeLorean, nun wirklich die ersten «Muscle Cars» waren, darüber lässt sich sicher streiten – wir haben das ja schon ausführlich erklärt, hier. 1968 kam dann die zweite Generation der GTO auf den Markt – und am 18. März 1969 die Ausstattungspaket «The Judge». Die Amerikaner liebten diese Sondermodelle, zumal es sich bei ihnen nicht einfach um farblich und mit Klebern aufgehübschte Fahrzeuge handelte. Klar, 1969 gab es «The Judge» nur in Orange und mit einem dreifarbigen Streifen auf der Seite, dazu kam ein Heckspoiler. Doch interessant wurde es unter der Haube, Standard war der 6,6-Liter-V8 als RamAir III mit etwa 360 PS. Auf Wunsch gab es aber auch RamAir IV, auf dem Papier nur 10 PS stärker, am Drag Strip aber eine Granate.
RamAir, also «Stau-Luft»? Prinzipiell geht es hierbei tatsächlich um eine Form von «Motoraufladung», die durch den Staudruck des Fahrtwindes erreicht werden soll. Das geschieht, auch heute noch, durch eine clevere Anordnung der Ansaugöffnungen: Bei höheren Geschwindigkeiten wird den Brennräumen so mehr Luft zugeführt. Folglich kann auch mehr Benzin verbrannt werden, es ist also mehr Leistung vorhanden. Es ist also eigentlich keine Stau-Luft, sondern genau das Gegenteil. Doch für das Marketing von Pontiac war RamAir Gold wert.
Wir zeigen hier einen 69er Pontiac GTO Judge mit RamAir IV mit dem manuellen 4-Gang-Getriebe, von dem nur gerade 239 Stück verkauft wurden. Die Farbe nennt sich Carousel Red, aussergewöhnlich sind die abgedeckten Frontlampen (folglich: es gab sie auch offen). Nein, über Geld reden wir jetzt besser nicht.
Zwar wurden 1969 und 1970 nur knapp 1600 Exemplare des GTO mit dem RamAir-iV-Paket bestellt. Doch das amerikanische Fach-Magazin «Car Life» trieb einen 69er Pontiac GTO bei einem Test in 6,2 Sekunden von 0 auf 60 Meilen und in 14,45 Sekunden über die Viertelmeile. Gut, ein aktueller Porsche 911 Turbo S mit Allradantrieb schafft das in 10,7 Sekunden, aber, hey, erstens trat der Pontiac vor 54 Jahren an – und zweitens kostete er inflationsbereinigt damals keine 40’000 Franken. Auf jeden Fall strahlten die RamAir-Modelle bestens auch auf die günstigeren Pontiac ab.
Doch es ging noch besser – und dafür wollen wir runterzählen. 1970 wurden 40’149 Pontiac GTO gebaut, davon wurden 3797 mit der Ausstattungslinie «The Judge» bestellt, 168 waren Cabrios, davon kamen 17 mit der Ram-Air-IV-Option – und genau 7 mit einem automatischen Getriebe. Unter diesen sieben Exemplaren ist das gute Stück hier noch einmal etwas ganz Besonderes. Lackiert in «Orbit Orange» und ausgestattet mit Servolenkung, Scheibenbremsen vorne, Radio samt Kassettenrekorder sowie Rally-II-Felgen, wurde dieser GTO vom Werk als Ausstellungsstück verwendet. Die potentiellen Kunden dürften ziemlich beeindruckt gewesen sein.
Später wurde der GTO über den berühmten Händler Don Nichols verkauft – und dürfte ein gutes Leben gehabt haben. Zwar wurde er auch einmal restauriert, doch er gehörte lange zur legendären Sammlung von Chuck Cocoma – und gewann in den USA so ziemlich jeden nur erdenklichen Schönheitspreis. Was aber eben auch daran liegt, dass er derart selten ist. Die 70er GTO «Judge» mit den offenen Frontlampen und dem als Ram-Air-IV offiziell 370 PS starken 6,6-Liter-V8 waren sicher der Höhepunkt aller bösen Pontiac. Und sahen gerade als Convertible auch richtig gut aus; die leuchtenden Farben sorgten für einen grossen Auftritt. Man darf nicht vergessen: Sie gingen richtig gut, auch mit der Automatik rannte dieser «Judge» schon vor mehr als 50 Jahren unter 7 Sekunden von 0 auf 60 Meilen. Dieses Exemplare wurde Anfang Jahr von Mecum in Kissimmee versteigert (zusammen mit der ganzen Sammlung von Chuck Cocoma) – und für 1,1 Millionen Dollar zugeschlagen. Das war selbstverständlich neuer Weltrekord für einen Pontiac – eine Marke, die General Motors 2010 leider hatte sterben lassen. Dass gerade die GTO sich in den vergangenen Jahren stark steigender Beliebtheit erfreuen dürfen, mag dafür eine gewisse Genugtuung sein.
Wir haben eine kleine Serie mit genau abgezählten US-Cars begonnen, «Numbers»; noch lohnt sich eine Auflistung nicht. Aber über «Suche» findet man das.
Die GOATs sind wahrlich feine Geräte. Ich muss aber sage, dass jedes Muscle Car als Cabrio total entstellt aussieht. Passt m.M. nach überhaupt nicht zum bösen Charakter dieser Biester und spülen sie optisch weich.
Meine meinen zum ersten Muscle Car:
1949 Oldsmobile Rocket 88
Das wäre auch mal eine Geschichte wert @Peter Ruch
Die GOATs sind wahrlich feine Geräte. Ich muss aber sagen dass jedes Muscle Car als Cabrio total entstellt aussieht. Passt m.M. nach überhaupt nicht zum bösen Charakter dieser Biester und spülen sie optisch weich.
Meine Meinung zum ersten Muscle Car:
1949 Oldsmobile Rocket 88
Das wäre auch mal eine Geschichte wert @Peter Ruch