Fuffi
Die Tage des Porsche 911 (992) sind gezählt, noch in diesem Jahr kommt der Nachfolger, der in erster Linie ein intensives Facelift erhält. Doch bis es so weit ist, darf der 992 noch den Goldesel spielen, nach dem völlig überteuerten S/T (292’187 Euro, den Preis in Franken erwähnen wir besser nicht) kommt jetzt ein weiteres Investoren-Dings, der Porsche 911 GT3 R rennsport (rennsport wird tatsächlich klein geschrieben). 77 Stück für je 951’000 Euro, vor Steuern. Wichtig dabei: Weder Strassenzulassung noch FIA-Homologation, er darf also weder auf der Strasse bewegt werden noch bei irgendwelchen Rennserien mitfahren. Wer nicht über grosszügige Latifundien samt hauseigener Rennstrecke verfügt, braucht die Maschine gar nicht erst anzuwerfen. Das birgt dann allerdings auch Sparpotenzial, man braucht kein Service-Center aufzusuchen. Man kann also davon ausgehen, dass die 77 Stück direkt in die Garagen von, haha, Sammlern verschwinden, dort zwei, drei Jahre geparkt bleiben, dann auf Auktionen wieder auftauchen werden, die Plastiküberzüge noch auf dem Einzelsitz, angeboten mit etwa einem Fuffi Gewinnspanne.
Der Porsche 911 GT3 R rennsport basiert auf dem Rennsport-tauglichen Porsche 911 GT3 R (992), der seit letzten Jahr die Rennstrecken dieser Welt unsicher macht (wenn auch nicht ganz so erfolgreich wie erwartet) und für 511’000 Euro zu haben ist. Die 440k Zuschlag erklären aus einer vollkommen neu gestalteten Kunststoff-Karosse so ein bisschen im Retro-Stil (der 935 lässt grüssen), 620 statt 565 PS, der strengen Limitierung, sprich: der grosszügigen Margen-Berechnung. Ach ja: der grösstmögliche Heckspoiler gehört auch noch dazu, der wirklich etwas absurd wirkt. Muss man so nicht machen, macht Porsche aber trotzdem.

Wir fragen uns schon, wie lange dieses Spiel noch funktioniert. Und auch: Wo kommt all das Geld her für diese limitierten Gerätschaften, von denen schon an der Monterey Car Week mindestens ein Dutzend aus irgendwelchen Margenoptimierung-Labors kroch? Gibt es wirklich so viele neue Start-Up-Millionäre, die einfach alles kaufen können, was so auf den Markt kommt? Sind es Chinesen, Inderinnen, russische Oligarchen, die ihre Fluchtgelder materialisieren müssen? Läuft das Drogengeschäft weiterhin so unglaublich gut? Die Kohle scheint endlos, 1963 der 911 S/T, gestern 999 Aston Martin Vokuhila, jetzt diese 77 kleinen rennsport. Klar, es tropft aus jeder dieser Zeilen der pure Neid – und man soll ja auch Verständnis haben für Porsche, denn Stuttgart braucht das Geld, um all die Problemzonen am rein elektrischen Macan abzuarbeiten, der weiterhin nicht markttauglich scheint.

Spannendere Fahrzeuge haben wir in unserem Archiv.





Ja, was ist denn das? Es gab Zeiten, da hatten sogar Drogen“barone“ noch so viel Stil, dass sie ihr wahrhaftig dreckiges, blutiges Geld in immerhin saubere Porsches investierten – sauber im Sinne von stilecht, also in Autos mit Historie und Charakter. (Ich bin momentan nicht sicher, aber war es nicht Pablo Escobar, der eine Zeit lang den saharagelben IROC-Carrera pilotierte, den in seiner früheren Rennkarriere Emerson Fittipaldi fuhr?) Mit solchen Autos wie dem „rennsport“ in Hot-Wheels-Lackierung mit serienmässigem Rechtschreibfehler im Namen ködert man zweifellos Investoren. Aber so ein Auto ist potenziell rufschädigend, weil man von Porsche Motorsport-Kompetenz auf höchstem Niveau erwartet – und kein Kasperltheater-Mobil, das allenfalls für Möchtegern-Rennfahrer taugt.
Ich habe den Eindruck, der Mythos 911 neigt sich dem Ende entgegen. Da wird mit Sondermodellen rausgequetscht, was an Marken-DNA noch drin steckt. Welche Porsches soll man denn künftig noch bewundern, wenn es für viel zu viel Geld viel zu wenig Emotionen und Träume gibt? Nein, die mittlerweile gebremste Preisrallye für alte Elfer liegt nicht (nur) daran, dass die Autos bei Sammlern und Spekulanten gehypt werden. Sie werden von Leuten gekauft, die das spüren wollen, was die Marke einmal ausgemacht hat. Und Sie schreiben es: Autos wie der Macan führen dazu, dass elektrisches Porschefahren so spannend ist wie eine Fahrt in der Strassenbahn. Seien wir gefasst – die Marke hat die besten Jahre im Sportwagenbau hinter sich, auch wenn die voluminösen E-Gefährte ihre Kundschaft finden und dem CFO beim Blick in die Quartalszahlen ein Lächeln über die Lippen huscht.
danke, sehr schön geschrieben.