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Bizzarrini Manta

Der Erste

Giorgetto Giugiaro und Giotto Bizzarrini kannten sich da schon einige Jahre. Wie sie genau zusammenkamen, das weiss man nicht mehr, doch eine erste Zusammenarbeit gab es beim ASA, kurz darauf dann bei Iso Rivolta. Wie sehr Giugiaro an den Iso A3/C sowie Bizzarrini GT 5300 beteiligt war, darüber waren sich die beiden Herren nie einig; Bizzarrini sagte gern, dass er den Entwurf von Giugiaro erst tauglich machen musste. Doch damals, 1968, war die Beziehung zwischen den beiden Italienern noch bestens; sie blieben übrigens ihr ganzes Leben lang Freunde, trotz gewisser Meinungsverschiedenheiten. Und man konnte sich damals gegenseitig helfen: Bizzarrini brauchte wieder einmal Geld, Giugiaro ein taugliches Chassis mit einer anständigen Motorisierung. Und da war ja dann noch der P538 mit der Chassisnummer 003 (oder zumindest gewisse Überreste), der mit einem Corvette-Motor ausgerüstet war und schon in Le Mans gerannt war.

2009 soll Giotto Bizzarrini gesagt haben: «Dieser Manta ist überhaupt kein Bizzarrini. Ich hatte nichts damit zu tun. Es ist zu 100 Prozent gebaut von Giugiaros Italdesign». Nun denn, Giotto Bizzarrini hatte manchmal Erinnerungslücken, manchmal auch etwas gar viel Phantasie, was seine eigenen Fahrzeuge betraf, es ist mit grosser Wahrscheinlichkeit so, dass diverse Teile des «zerstörten» P538001 und des «vergessenen» P538003 für den Manta verwendet wurden. Das bestätigt auch Giorgetto Giugiaro.

40 Tage, heisst es. 40 Tage habe sich Giugiaro selber gegeben, um sein erstes «eigenes» Fahrzeug für Italdesign zu bauen. Er und sein kleines Team bei Italdesign schafften es – und es wurde ein grosser Wurf, ein wichtiges Automobil für die Geschichte. Die Basis war selbstverständlich ideal, ein Bizzarrini P538, also ein leichter Rennwagen – und Giugiaro spannte darüber eine Karrosserie, wie man sie vorher noch nie gesehen hatte, eine Art Halbmond aus gefaltetem Papier mit einem Kamm-Heck. Eines der allerersten Unibox-Design. Doch nicht nur die äussere Form war spannend, auch innen ging Giugiaro neue Wege: der Fahrer sass zentral in der Mitte, zwei Passagiere leicht nach hinten versetzt links und rechts neben ihm. Die Dimensionen des Manta sind auch heutiger Sicht erstaunlich: der Wagen ist 4,13 Meter lang, aber stolze 1,86 Meter breit und nur gerade 1,05 Meter hoch. (Bilder unten: Tobias Heil, Le Retour du Futur, Salon Genf 2018)

Erstmals ausgestellt wurde der Manta auf der Motor Show in Turin im Jahre 1968 – Giugiaro hatte seinen ehrgeizigen Zeitplan tatsächlich einhalten können. Lackiert war er in einem hellen Grün mit orangen Akzenten – womit er noch mehr Aufmerksamkeit erregte. Später wurde der Wagen silbern und auch noch rot umlackiert und auch in den USA einem staunenden Publikum vorgeführt – Giugiaro hatte erreicht, was er sich zum Ziel gesetzt hatte. Auf dem Weg zurück nach Europa ging der Manta damals «verloren» – und wurde zehn Jahre später von den Zollbehörden versteigert. Heute erstahlt das Fahrzeug wohl schöner als es je zuvor war. (Photos unten: Vesa Eskola)

Es ist dies ein Text aus radical #2, der Print-Ausgabe. Alle Stories dazu gibt es: hier.

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