Der Hype
Zwar ist ja erst kürzlich der Land Rover Defender verstorben (mit gutem Grund, siehe: hier), doch es ist nicht der fröhlich rostende Engländer, der auf dem Gebrauchtwagen-Markt die höchsten Preise erzielt, sondern sein ewiger (und weiterhin produzierter) Konkurrent: der Toyota J4 Land Cruiser. Es ist sogar so, dass in den USA ein wahrer Hype um das japanische Vieh entstanden ist, und das in mehrfacher Hinsicht. Da gibt es einerseits jene Land-Cruiser-Bastler, die auf Basis des J4 quasi neue Geräte aufbauen, mit modernen Motoren und überhaupt feinster Technik unter dem stabilen Blech. Und dafür auch phantastische Preise bezahlt bekommen.
Doch noch erstaunlicher sind die Preise, die für gut erhaltene oder top-restaurierte Land Cruiser auf Auktionen bezahlt werden. Da wird unterdessen sechsstellig abgedrückt – davon können Besitzer auch edelster Defender mit toller Historie nur träumen. Und nein, man mus das alles nicht verstehen, das ist teilweise wirklich absurd, was für diese alten Japaner bezahlt wird.
Andererseits: so ein betagter Land Cruiser ist halt schon ein grossartiges Teil. Und er machte den grössten Teil seiner Karriere in den USA – dies im Gegensatz zum Defender, der ennet des grossen Teichs offiziell gar nie angeboten wurde. Und was die Qualität betrifft, das war der Toyota dem Land Rover schon immer ein paar Wüstendurchquerungen voraus.
Wir wollen hier einige dieser FJ40-Preziosen zeigen, die in den vergangenen Monaten auf Auktionen in den USA angeboten wurden und teilweise sensationelle Preise erzielten. Das Fahrzeug, das diese Geschichte hier schmückt, ist ein Modell aus dem Jahre 1966. Alle Bilder, übrigens: ©Courtesy of RM Sotheby’s.
Doch es geht hier ja nicht allein um das Vergnügen, wir wollen ja auch etwas lernen. Keine Angst, wie gehen nicht zu tief in die Details, da fehlt uns auch der Überblick und die Kompetenz, doch so ein kurzer Rückblick ist schon interessant. Vor allem auch deshalb, weil die Entwicklung hin zum Land Cruiser am Anfang eher beschwerlich verlief. Anfang der 50er Jahre hatten die amerikanischen Truppen in Südost-Asien ein grosses Verlangen nach einem Fahrzeug, das alles können musste, was der Jeep auch konnte. Mitsubishi produzierte diesen Ur-Jeep damals schon in Lizenz, Nissan entwickelte den Patrol – und Toyota versuchte sich mit dem BJ. Der sah zwar aus wie ein Jeep, war auch aufgebaut wie ein Jeep – und doch fand er bei den Amerikanern keinen Gefallen (sie kauften, na? klar: den Mitsubishi). Doch Toyota liess sich nicht beirren, brachte den Geländewagen ab 1951 in den Verkauf – und schaffte es in fünf Jahren, gerade einmal 755 Stück an den Mann beziehungsweise Behörden und Förster zu bringen.
Ab 1954 war die Bezeichnung «Jeep» geschützt, Toyota benannte sein Fahrzeug um in Land Cruiser (auch wenn in der Typenbezeichnung das «J» weiterhin blieb, auch heute noch die Geländewagen kennzeichnet). Angetrieben wurden diese ersten Toyota-Geländewagen von einem eigentlich überdimensionierten 3,4-Liter-Sechszylinder, der es auf 85 PS brachte. Ab 1956, der Land Cruiser war unterdessen beim Code J2 angelangt, wurde gar ein 3,9-Liter-Sechszylinder eingebaut, der mit 125 PS und einem massiven Drehmoment glänzen konnte. So langsam wurde der Toyota auch im Ausland, sprich: den USA bekannt, es gab noch den äusserst kurzlebigen J3 (der aber immerhin schon so aussah, wie man sich heute einen klassischen Land Cruiser vorstellt, aber nur gerade drei Monate produziert wurde) – und 1960 wurde dann der legendäre J4 eingeführt.
Von aussen war es eigentlich nur ein Facelift, jene weisse Blende um Kühler und Scheinwerfer, die dem Land Cruiser sein so gut erkennbares Gesicht verleiht. Und es gab den J4 mit drei verschiedenen Radständen: als FJ40 (2285 Millimeter), als FJ43 (2430 Millimeter) und als FJ45 (2650 Millimeter). Und auch sehr wichtig: der J4 war ein echter Geländewagen, logisch, Leiterrahmen, aber auch mit einem neuen Getriebe mit Geländereduktion und manuellen Freilaufnaben, über die sich bei Bedarf die vorderen Antriebswellen zuschalten liessen. Als Antrieb diente weiterhin der 3,9-Liter-Sechszylinder, ein 3,6-Liter-Diesel mit 85 PS kam erst 1972 ins Programm.
Bevor wir weiterfahren mit der Geschichte, wollen wir zur optischen Ergötzung einen weiteren perfekten Land Cruiser zeigen, diesmal Jahrgang 1967, wieder ein FJ40, also mit kurzem Radstand. Und ja, man achte auf die Details – die Bilder in der Galerie lassen sich auch grösser betrachten, einfach anklicken.
Über die Jahre wurde das Programm immer weiter ausgebaut. Ab 1967 gab es eine so genannte Hardtop-Version, was insofern etwas verwirrlich ist, weil es ja vorher schon abnehmbare Hardtops aus Fiberglas gab, die Hardtop-Variante aber ein festes Blechdach hatte. Und der offene Land Cruiser als Vinyl Top BJ43 zu haben war. Sehr hübsch ausserdem: der Pick-up, den es auch mit ganz langem Radstand von 2950 Millimeter gab – und Aufbauten, in den bis zu 13 Personen Platz fanden. Auch bei den Antrieben wurde das Angebot breiter, nach dem ersten Diesel im Jahr 1972 kam schon 1974 ein zweiter, sehr ähnlicher Selbstzünder mit 3 Litern Hubraum und 75 PS ins Programm. Der ehrwürdige 3,9-Liter-Benziner wurde dann 1975 durch einen 4,2-Liter mit 135 PS abgelöst – wieder keine High-Tech-Maschine, aber halt ein bärenstarkes Trumm, das auch miserables Benzin ertrug. Und sein maximales Drehmoment von 284 Nm schon bei 1800/min schaffte. Geschaltet wurde über ein klassisches, manuelles 4-Gang-Getriebe. Und das Konzept des Hinterradantriebs, der nur bei echtem Bedarf auch von den vorderen Rädern unterstützt wird, wurde ebenfalls beibehalten. Wir zeigen hier jetzt einen 68er FJ40, wieder ganz klassisch.
Ach, es waren gute Zeiten. Der Land Cruiser war ganz einfach ein Arbeitstier. Das Blech dünn und die einzige Form von Lärmdämmung, die Federung bretterhart, auch ein gepolstertes Armaturenbrett wurde zur Recht verzichtet, solches braucht ja nun wirklich niemand. Aber er war ein harter Kerl, und gerade in den USA machte Eindruck, dass er für die wirklich langen Reisen taugte – ein 30’000-Kilometer-Trip durch Venezuela, Ecuador, Peru, Chile, Argentinien und Brasilien wurde Anfang der 60er Jahre von den Medien massiv ausgeschlachtet und erleichterte dem Land Cruiser auch den Start in Südamerika. Wo er über die nächsten fünf Jahrzehnte immer das Geländefahrzeug der ersten Wahl bleiben sollte. In Brasilien wurde der J4 bis 2001 quasi unverändert als Bandeirante mit einem Mercedes-Diesel produziert.
Wir gehen jetzt acht Jahre vorwärts – und sehen, dass sich ein 76er Toyota Land Cruiser nur in kleinen Details von einem 68er-Modell unterscheidet. Auch das macht viel vom Charme des Land Cruiser aus.
Kurze Zwischenbemerkung, bevor wir dann fortfahren: was eben auch bestens geht beim Land Cruiser, das sind die Umbauten. Dieser 65er FJ45 Pick-up mag auf den ersten Blick aussehen wie so ziemlich am Ende, ist er aber gar nicht. Der «rat look» ist gewollt (und aufwendig konserviert) – und unter der Haube arbeitet nicht die zwar fast unzerstörbare, aber halt auch ziemlich lahme Toyota-Maschine, sondern ein Chevrolet-V8 mit über 300 Pferchen, der an ein manuelles 5-Gang-Getriebe gekoppelt ist. Damit dürfte man an der Ampel ziemlich viel Freude haben…
Aber selbstverständlich können wir auch einen «sauberen» Pick-up zeigen, dafür geht es aber ein paar Jahre zurück, ein FJ45 aus dem Jahre 1964.
Und noch einmal zwei Jahre vorwärts (also ab dem schon gezeigten 76er…), es folgt eine (sehr ausführliche) Bildergalerie eines 78er FJ40. Gut, man kann sich die Frage stellen, ob dieses bald 40jährige Fahrzeug nicht überrestauriert ist, denn wahrscheinlich ist es besser als es neu je gewesen sein konnte. Andererseits muss man die Liebe zum Produkt und zu den Details schon sehr schätzen. Ob man mit einem solchen Klassiker, der ja schon auch eine schöne Stange Geld kostet (wir sprechen von 82’500 Dollar Zuschlagspreis…), aber noch dorthin fahren will, wo er eigentlich hingehört – Dreck! -, das ist dann aber eine andere Frage.
Nein, wir sind noch nicht am Ende, noch lange nicht, wir haben noch einen 78er FJ40. Aber diesmal wollen wir für einmal eine andere Darstellungsform wählen, einen Slider.
Wir haben ja schon mal einen Pick-up gezeigt, weiter oben (der allerdings ein bisschen speziell war…), wir haben auch schon von den verschiedenen Karosserieformen geschrieben. Hier können wir jetzt mal noch einen fast ganz offenen FJ40 mit Jahrgang 1973 zeigen; diese Variante ist eher selten. (Mit dem hier gezeigten Modell versucht RM Sotheby’s am 7. September in London wohl auch den europäischen Land-Cruiser-Markt anzukurbeln – die Frage ist aber wohl schon, ob die absurden amerikanischen Preise auch in Europa erzielt werden können.)
Und zum Schluss haben wir eine gute Nachricht: Unsere Freunde von der Hamburger Garage 11 bieten aktuell einen sehr schönen FJ40 an. Zu einem Preis, der uns absolut vernünftig scheint. Ganz besonders, wenn man den Hype in den USA betrachtet. Mehr Infos zu diesem Fahrzeug, das wir unten zeigen, gibt es: hier.
Mehr Toyota haben wir in unserem Archiv. Und wir haben auch einen ausführlichen Test der jüngsten Land-Cruiser-Generation.
[…] MagToyota J4 Land CruiserDer Hype um die Toyota J4 Land Cruiser ist grossartig. Wir schauen zurück – und zeigen jede […]
Beim Gartenbauamt Zürich (Schweiz) war das mein Einsatzfahrzeug. Und wie ich den liebte. Der war für jede Würgerei gut, Baumstrünke ausreissen, steckengebliebene Autos aus dem Graben ziehen und so weiter. Manchmal, wenn wir zum Mitagessen fuhren, machte ich mir den Spass, die Sperre reinzuhauen und auf zwei Rädern aufs Parkdeck zu fahren. Was mich auch fasziniere, war die Minigrubenlampe im Handschuhfach. Schön dass Ihr den auch im Herzen derer weiterleben lasst, die sich halt bei den heutigen Preisen keinen leisten können.