Zur falschen Zeit
Ach, Pietro Frua. Er hat auf «radical» ja auch schon reichlich stattgefunden, vor allem in Zusammenhang mit den Maserati A6G/54 und 5000GT, aber auch beim Schneewittchen-Sarg von Volvo und den Monteverdi. Vielleicht haben wir ihn nie genug gewürdigt, diesen «letzten Romantiker unter den italienischen Karossiers», der, Zitat www.pietro-frua.de: «seine Wagen in seinem kleinen Studio noch selbst am Reissbrett mit dem Zeichenstift entwarf und anschliessend als bis ins letzte Detail fahrfertige Prototypen auf die Räder stellte. Seine Beiträge zum Automobildesign waren bedeutend, aber er bekam dafür nie die öffentliche Anerkennung, die er verdient hätte. Seine stille und bescheidene Art mag dazu beigetragen haben.» Aber, und das ist vielleicht der Grund, weshalb er zwar im gleichen Atemzug mit den ganz grossen Namen unter den italienischen «Carrozzieri» genannt wird, aber trotzdem nie so richtig berühmt wurde: Er hat (zu) oft Design-Elemente und eigene Entwürfe wiederverwendet. Sein erfolgreichstes Werk war die Floride von Renault – und da weiss kaum mehr jemand, wer der Designer war…
Frua, geboren 1913, war ausserdem der Hausdesigner von Glas – und hatte folglich nach der Übernahme von Glas durch BMW Ende 1966 einen seiner besten Kunden verloren. Er belagerte in der Folge BMW, zeigte schon 1967 einen ersten Entwurf auf BMW-Basis, das BMW Glas 3000 V8 Fastback Coupé, doch München war nur mässig begeistert – wohl auch deshalb, weil die Studie einer anderen 67er-Glas-Studie und damit wiederum dem Monteverdi High Speed 375 S mehr als nur ähnlich war.
Bedarf hätte ja bestanden, BMW war mitten in der Planung eines Nachfolgers für den 2000CS – der dann aus der Hand von Wilhelm Hofmeister entstand, der ab 1969 gebaute und so schöne E9. Dieser 2800 GTS entstand in sehr kurzer Zeit bereits auf Basis eines E9 (siehe unten). Frau baute später noch einmal zwei sehr ähnliche Fahrzeuge, diese allerdings auf der Plattform des E3.
Manchmal ist es auch ein Glücksfall, wenn bei der Restauration eines Fahrzeugs nicht ganz so sauber gearbeitet wird. Beim BMW 2800 GTS Frua war es ein kleiner Fleck grüner Originallack unterhalb des Tankdeckel-Scharniers, der glücklicherweise erhalten geblieben war. Zwar fand die Klassikabteilung von BMW keine Referenz-Farbe, aber so in etwa dürfte die Lackierung jetzt wieder gleich sein wie im Herbst 1969, als der Entwurf von Pietro Frua auf dem Salon in Paris zum ersten Mal gezeigt wurde. Auch im Frühling 1970 auf dem Genfer Salon war er noch grün, in Barcelona im gleichen Jahr immer noch. 1971 wurde die fahrfertige Studie an einen Spanier verkauft, wohl 1985 dann restauriert, mit einem Motor aus einem 3.0 CSi versehen – und dunkelrot lackiert. im Jahr 2000 konnte BMW das Fahrzeug aus holländischem Besitz kaufen und hat es in den vergangenen Jahren liebevoll wieder in Form und zu Farbe gebracht. Und dies, obwohl die Münchner zum umtriebigen, 1983 verstorbenen Italiener Pietro Frua ein ziemlich gespaltenes Verhältnis hatten.
Es gibt diese wirklich ausgezeichnete Internet-Seite zum Schaffen von Pietro Frua, wir haben sie schon erwähnt und machen das noch so gerne noch einmal: www.pietro-frua.de. Mehr spannende BMW und andere Klassiker finden Sie in unserem Archiv.
Gib als erster einen Kommentar ab