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Iso Grifo (A3/L)

Ein Auto wie kein Kühlschrank

Ihr Geld hatte die italienische Familie Rivolta mit Kühlschränken gemacht. Doch Renzo Rivolta, geboren 1908 und zum Ingenieur ausgebildet, war das auf Dauer ein wenig langweilig, also konstruierte er nach dem 2. Weltkrieg zuerst Motorräder und schliesslich den ersten Kühlschrank auf Rädern, ein Automobil, das ab 1954 als Isetta bekannt wurde. Wenn man das Ding genau anschaut, dann ist schnell alles klar: die Fronttür wird aufgeklappt, doch anstatt dass man sich dann ein Bier rausholt, setzt man sich hinein. Die Isetta war eine geniale Konstruktion, und so richtig berühmt wurde sie als Lizenzbau von BMW; die Deutschen konnten über 130’000 Stück davon verkaufen (und brachten damit das Unternehmen wieder so einigermassen auf den Weg). Für Renzo, der die Isetta-Lizenz ausserdem nach Frankreich, England und Brasilien verkaufen konnte und damit einen ordentlichen Batzen verdiente, konnte sich endlich auf das konzentrieren, was sowieso zu seinem mächtigen Ego passte: Sportwagen.

Es heisst, er habe sich 1960 einen Gordon Keeble GT ausgeliehen, einen englischen Gran Turismo , der von einem Chevrolet-Triebwerk befeuert wurde. Renzo soll dieses Ding, das heute kaum einer mehr kennt (wir schon, hier), in seine Werkstatt mitgenommen haben, es dort quasi in seine Einzelteile zerlegt, dann wieder zusammengebaut und nach einigen Tagen zurückgebracht haben. Danach wusste er genau, was er brauchte. Jetzt wird die Geschichte aber bereits etwas eng, denn: der Gordon-Keeble, ein durchaus spannendes Gefährt, wurde erst ab 1964 in Serie gebaut.

In der offiziellen Geschichtsschreibung heisst es ausserdem, dass Renzo Rivolta sich an Giotto Bizzarrini wandte, damit ihm dieser den schon angedachten Iso Rivolta für die Strasse tauglich machte. Bizzarrini, dieser Tausendsassa der italienischen Auto-Industrie, hatte Ferrari Herbst 1961 verlassen – und schon im Herbst 1962 war der Iso Rivolta 300 (die Bezeichnungen variieren, IR 300, GT, was man halt gerade mag) fertig, samt einem komplett selbst entwickelten Stahlrahmen-Kasten und einer teilweise mittragenden Stahlblech-Karosse. Bizzarrini muss damals einen Zauberer gewesen sein, da er in der gleichen Zeit auch noch einen 3,5-Liter-V12 bastelte und an einen Traktorenfabrikanten verkaufte (siehe: Lamborghini 350 GTV), den ASA 1000 GT auf die Räder stellte und das ATS-Projekt vorantrieb. Wie auch immer, die Konstruktion wird also Bizzarrini (sowie Pierluigi Raggi) zugeschrieben, das Design des 300 stammte von Bertone (genauer: Giorgetto Giugiaro) – und die Technik aus der Corvette, als V8 mit 5,3 Liter Hubraum und 300 oder gar 340 PS (dies allerdings in SAE…). Andererseits, und da kommen wir nochmals auf Gordon zurück – dort will Bertone 1960 das Auto auch innert 27 Tagen vom Zeichenbrett auf die Räder gebracht haben, allerdings ohne Motor.

Doch die Rede soll hier ja sein vom Iso Grifo. Denn der IR 300, der auch noch zum IR 340 wurde, war zwar nach Rivoltas Geschmack, er wurde auch gut aufgenommen (797 Stück wurden gebaut bis 1970), doch schon damals waren echte Sportwagen die Krone des Automobilbaus. Das Team stand ja schon, das Design sollte wieder von Bertone kommen (also aus der Hand Giorgetto Giugiaro), Bizzarrini und Raggi konnten sich um den Unterbau kümmern, auch in Sachen Technik wollte Renzo Rivolta das Rad nicht neu erfinden, er war ganz zufrieden mit den Corvette-Triebwerken. Weitere Bauteile stammten von  ZF (Getriebe; die Automaten kamen von Borg-Warner oder Mancie)), die Lenkung von Burman, das Sperrdifferential von Salisbury, die Scheibenbremsen von Dunlop. Für den Grifo verkürzte Bizzarrini den Radstand des Rivolta von 270 auf 250 Zentimeter, und Giugiaro zeichnete eine wunderbare Form.

Dieses Entwurf wurde als Iso Grifo A3/Lusso bezeichnet. Vom Serienprodukt sollte er sich nicht mehr sonderlich unterscheiden, einmal abgesehen von der Frontpartie, die einen schön dreidimensional ausgelegten Kühlergrill hatte sowie die schrägen Augen – als Mongolen-Blick bezeichnet – der Doppelscheinwerfer. Zwischen dem vorderen Radhaus und der A-Säule befanden sich die typischen Entlüftungsschlitze, unter denen die «amerikanischen» Sidepipes zu erkennen waren (die es leider auch nicht in die Serie schafften). Der Motor wurde hinter der Vorderachse eingebaut, was eine ausgezeichnete Gewichtsverteilung ermöglichte (49 Prozent vorne, folglich 51 Prozent hinten), die Hinterachse war eine feine, spur- und sturz-konstante DeDion-Konstruktion. Bizzarrini konnte das alles.

Aber jetzt wird es wieder kompliziert, und wir haben diese Geschichte schon einmal verfasst, bei der Beschreibung des so herrlichen Bizzarrini 5300 GT. Deshalb gibt es hier nur noch eine Kurzfassung: Bizzarrini wollte unbedingt auch Rennsport betreiben. Deshalb verkürzte er den Radstand noch einmal, auf 245 Zentimeter, der Kastenrahmen blieb nur im Bereich des Passagierraums erhalten, davor und dahinter gab es einen Rohrrahmen, gleich drei Benzintanks wurden montiert (zwei seitlich, in den Kastenrahmen, einer hinter die Sitze), der Corvette-Motor wurde mit vier Weber-Doppelvergasern auf 405 SAE-PS gebracht; dieses Prachtstück wurde A3/Competizione genannt. Rivolta und Bizzarrini gerieten bei diesem Auto zuerst an- und dann auseinander, es entstanden der Iso Grifo (aus dem Iso Grifo A3/Lusso) und der Bizzarrini 5300 GT (aus dem Iso Grifo A3/C – mehr zu diesen Modellen finden Sie hier).

Rivolta begann mit der Serienproduktion 1965. Aussen blieb der Wagen bis 1974 fast unverändert, abgesehen von einem Re-Styling durch Marcello Gandini 1970: aufsehenerregend waren die Klappen, welche die Scheinwerfer in der oberen Hälfte verdeckten. Dazu wurden zwischen 1966 und 1970 noch insgesamt 17 Targa-Varianten gebaut (plus, schon 1964, eine Studie eines Cabrio, die heute noch existiert). Doch unter der Haube geschah viel: Standard-Motorisierung war der 5,3-Liter-V8 mit einer Leistung zwischen 300 und 395 PS (immer SAE, also minus etwa 30 Prozent zu den DIN-Zahlen). Ab 1970 gab es den 5,7-Liter-Chevy-Motor (300 bis 365 PS), nach einem Krach mit GM über die Zahlungsformalitäten (Iso, wo Piero Rivolta nach dem frühen Tod seines Vaters im Jahr 1965 die Führung übernommen hatte, war ständig etwas knapp an Flüssigem) wurden dann ab 1972 Ford-Triebwerke verwendet, ein 5,8-Liter mit 325 PS. (Das silber-graue Fahrzeug oben ist eine Serie 1 von 1967, das blaue Fahrzeug weiter unten dann eine Serie 2 von 1971.)

Aber damit war noch längst nicht Ende der Fahnenstange. Ab 1968 gab es neben der Basisversion des Grifo auch den 7 Litri mit einem 7-Liter-V8 vom GM; ihm wurden über 400 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h angedichtet. Das riesige Triebwerk passte allerdings nicht unter die Haube des Grifo, also wurde das so genannte «Penthouse» montiert, eine mächtige Hutze, die den Grifo nicht unbedingt schöner machte. Auch waren die 7 Litri im Gegensatz zu den «gewöhnlichen» Grifo alles andere als zuverlässig, sie neigten zum Überhitzen. 1970 wurde der Hubraum auf 7,4 Liter erhöht, diese Grifo erhielten die Zusatzbezeichnung Can Am. Es heisst, dass 20 Can Am entstanden. Und wohl 70 7 Litri. Und wahrscheinlich 25 späte Grifo-Exemplare mit einem Ford-Motor. Insgesamt wurden 412 Iso Grifo gebaut. Oder vielleicht auch 417. Und deshalb wird es hier dann auch wieder so etwas wie eine Sammlung geben.

Chassis-Nummer: GL 650098 (1967)

Auktion: RM Sotheby’s, London 2007, verkauft für 121’000 Pfund. Gehörte einst Giuseppe Prevosti.

Chassis-Nummer: GL720134 (1967)

Auktion: RM Sotheby’s, Arizona 2024, verkauft für 324’000 Dollar, angeboten mit folgendem Text: «The car offered here was built with the 350-horsepower, 327-cubic-inch Hi-Po V-8, Borg-Warner four-speed manual transmission, 3.07:1 rear axle, air conditioning, and ZF quick-ratio steering box. Following completion on 21 March 1967 it was delivered to its original owner in Italy. According to an Iso Grifo registry publication, it was the car memorably featured in major scenes of the gritty 1973 Italian crime film, The Violent Professionals, and later registered in Holland between 2000 and 2013. Subsequently it was acquired in 2017 by Stewart Parr of New York, from whom it was purchased by the present owner in 2021. Mr. Parr undertook a cosmetic restoration of the car in what are reportedly its original colors and with the original drivetrain». Mehr Bilder oben.

Chassis-Nummer: GL 720140 (1967)

Auktion: RM Sotheby’s, Monaco 2024, Schätzpreis 260’000 bis 340’000 Euro.

Chassis-Nummer: GL 130348 (1971)

Auktion: RM Sotheby’s, Arizona 2023, verkauft für 533’000 Dollar, angeboten mit folgendem Text: «These Series II examples were mostly equipped with a monstrous 427-cubic-inch Chevrolet V-8 engine. While the big block produced more straight-line speed, many enthusiasts preferred the available small-block 350-cubic-inch Chevy V-8 for its lighter weight, resulting in superior handling. With the small block weighing approximately 200 pounds less, yet still producing around 350 horsepower, the difference in handling and performance was noticeable. Iso historians suggest that only 17 Grifo Series IIs were built in small-block coupe configuration. This wonderfully restored Iso Grifo Series II is one such example. Built in May 1971, it was ordered with a 350-cubic-inch small-block uniquely mated to a three-speed automatic transmission, believed to be one of only two so equipped and ranking this car among the rarest Grifos ever built. After its original delivery to Germany, the car made its way to the United States before being acquired by its current caretaker in 2010 from an Iso Grifo enthusiast in Southern California». Mehr Bilder oben.

Chassis-Nummer: 350410
Motoren-Nummer: 3510-4V

Auktion: Artcurial, Paris 2024, Schätzpreis 300’000 bis 400’000 Euro, angeboten mit folgendem Text: «Out of the factory on the 8th October 1973 as stated by its production records, this example from the second series is the penultimate one produced. It was one of 34 units powered by the 351cc Ford Cleveland V8 engine, renowned for its reliability and low maintenance costs. This powerful V8 is linked to an automatic gearbox (10 examples produced in this configuration) and an axle with a 3.07:1 ratio. Its first owner (an Italian from South Tyrol) chose the stunning Blue Green colour for the bodywork, combined with a light blue leather interior. The package also included gorgeous Campagnolo rims (identical to those fitted on the Iso Grifo A3/C and the Bizzarrini 5300 GT), as well as air conditioning, power steering and a car radio. This beautiful Iso was then sold on the 7th October 1975 to an Italian who kept it until 2012 and had it repainted in midnight blue. It was then acquired by an American dealer and the car was offered at auction in 2014 by Gooding & Co. during the Amelia Island Concours of Elegance. It was described there in amazing original condition, with approximately 5,000 genuine kilometres. Returning to Europe in 2016 (Netherlands more precisely), the car was purchased by its current French owner the same year, then resold… which he deeply regretted and that led him to buy it again as soon as possible. Since then, the bodywork has been restored and returned to its original colour. The sheet metal alignments are excellent and so is the quality of the paint».

Chassis-Nummer: 250223 (1974)

Auktion: RM Sotheby’s, Amelia Island 2014, verkauft für 440’000 Dollar, angeboten mit folgendem Text: «This very car was the last of the 413 Grifos on the assembly line when the factory shut down in 1974. The car was left unfinished, and it departed the factory destined for Ennezeta, a well-known fabrication firm that was established by several former Iso employees who purchased the remaining parts from the factory. Under their custody, it became the last Iso Grifo produced, and it was later assigned a 1967-era VIN. Additionally, this car boasts several special features that make it unique among Iso Grifos, namely the presence of a more traditional hood with a lower scoop rather than those with the “pagoda”-style hood seen on other 427- and 454-powered Grifos. This car also has rear brake cooling ducts, which were cut into the lower valence panels and are also a feature unique to this Grifo. It is believed to have been owned by Salvatore Diomante, Bizzarrini’s factory manager, during the 1980s, and it is believed that these features were installed on the car at this time. This car, nicknamed the “the Ennezeta” in Grifo owner’s circles, was purchased by its current owner in 2003, who immediately commissioned Autosport Designs, of Huntington Station, New York, to perform several modifications to make the car more comfortable to drive great distances. The factory ZF five-speed manual transmission was removed and a Richmond six-speed gearbox was installed in its place. All of its original components, including the shift knob and boot, were utilized to maintain cosmetic originality. In addition to an electronic ignition, a stereo with a trunk-mounted CD changer and speakers were discreetly installed underneath the parcel shelf. Maintaining the same level of discretion, the controller for the speakers is located in the ashtray and the speakers themselves can easily be hidden from view to not disrupt the overall original appearance of the car. It should also be noted that service receipts from Autosport Designs are included with the sale».

Mehr spannende Fahrzeuge haben wir in unserem Archiv.

3 Kommentare

  1. Marli Marli

    THE BAD ASS CAR FOREVER !

    Ich liebe ihn. Maril 🙂

    ps. bitte nur die guten und geilen. die suv und Elektromülltonen nicht. danke.

  2. Giovanni Comolli Giovanni Comolli

    Ich kaufte 1970 einen Silbernen ISO Grifo mit der 5.3 Liter Maschine.
    Jahrgang 1967 für 21’000.00 Franken. Damals war das sehr viel Geld. An Zahlung gab ich den BMW 2002.
    Mein Kollege hatte damals eine Corvett Jahrgang 1964. Der Unterschied im Fahrverhalten waren Welten! Vorallem am Berg. Die Hinterachse war um gegenüber der Corvett um Jahren voraus. Leider lief das Regenwasser bei den Schlitze an der B Säule rein und von dort in eine Art Trichter und dann mit einem Schlauch in den hinteren Querträger. Das war in meinen Augen entweder eine Fehl Konstruktuon oder von Werk aus eine Schlampige Arbeit. Innerhalb von 6 Jahren war der Grifo hinten total durchgerostet. Danach habe ich das Auto an einen Schrotthändler verkauft, da sich zu der damaligen Zeit eine Reparatur nicht mehr gelohnt hat. Der Rost war überall.
    Was mich heute noch fasziniert ist die zu damaligen Zeiten gehobene Innenausstattung.
    Damals war ich noch jung und unerfahren. Könnte ich die Zeit nochmals zurückdrehen, hätte ich ihn gemacht, total Konserviert und später total Restauriert. So wie ich es mit meinem Jaguar E der Serie 1 Jahrgang 1967 gemacht habe und nun in den Nächsten Monaten fertig werde.
    Wie hoch werden JSO Grifo im Zustand 1.5 bis 2 heute gehandelt.

  3. Peter Wolfers Peter Wolfers

    This is a GL production Grifo. There were 2 Grifo A3/L cars made – the 2 prototypes.

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