Zurück zum Content

Bugatti Type 35B – #4947

Rennwagen, damals

George Burianu dürfte eine spannende Persönlichkeit gewesen sein. Geboren am 20. August 1901 in Braila, in der tiefsten Walachei, wanderte er anscheinend mit 16 Jahren nach Italien aus. Dort traf er, heisst es, auf Felice Nazzaro, den damals schnellsten Mann der Welt, der so ziemlich jeden Geschwindigkeitsrekord jener Jahre hielt und auch zwei Mal die Targa Florio gewann, der dem jungen Rumänen den Rat gab, sein Glück in Belgien zu versuchen. Belgien, warum Belgien, mag man sich fragen, doch Burianu, unterdessen wohl mehr Georges Bourianou, fand eine Anstellung bei Minerva, einem einst berühmten Hersteller von Motorrädern und Luxus-Fahrzeugen. Möglicherweise war Bourianou ein begabter Ingenieur, auf jeden Fall war er ein talentierter Rennfahrer, der sich 1929 einen gebrauchten Bugatti Type 35C leisten konnte – und damit prompt bei ersten Grand Prix von Monaco auf den zweiten Platz fuhr. Er habe dann im Herbst 1929 von Ettore Bugatti einen neuen Type 35B zu einem «very special price» angeboten bekommen, #4947, mit dem er 1930 wieder in Monte Carlo antrat, nach einer etwas intimeren Begegnung mit einem Sandsack aber aufgeben musste. Bourianou fuhr noch ein paar weitere Rennen mit #4947, hatte ein groben Unfall, technische Probleme, Tiere auf der Fahrbahn, brennende Vergaser, halt all die Kleinigkeiten, mit denen sich Rennfahrer damals zu beschäftigen hatten.

1934 verkaufte der Rumäne, der sich unterdessen in Waterloo niedergelassen hatte, später als Pilot bei der Royal Air Force diente, nach dem 2. Weltkrieg den Verkauf von Land Rover in Belgien ankurbelte und 1996 in biblischem Alter verstarb, seinen Bugatti an einen Konkurrenten, den Belgier Arthur Legat. Dieser war mit dem Type 35B, getauft als «La Boule II», deutlich erfolgreicher, gewann ein paar Strassen- und auch Bergrennen (Bergrennen in Belgien…), verkaufte das Fahrzeug an Pierre Vingerhoedts, der dem Bugatti eine stromlineinförmigere Karosse verpasste und ihn bis 1949 bei Rennen einsetzte. Wohl 1956 kam der Bugatti dann über den niederländischen Händler Jean de Dobbeleer über den grossen Teich zu Colonel George S. Felton, besser bekannt als «Fearless Felton». Die Frage ist nun, in welcher Konfiguration sich dieser Type 35B damals befand, was alles noch original war. Felton liess das Fahrzeug auf jeden Fall restaurieren (oder vielleicht besser: «zurückbauen», rebuild) – und nachdem er 1959 verstorben war, kam das Auto in die Hände von Anton «Tony» Hulman Jr., den Begründer des Indianapolis Motor Speedway Museum, wo #4947 die vergangenen 65 Jahre ein angenehmes Daheim hatte. Bei RM Sotheby’s, wo das Fahrzeug Ende Februar 2025 versteigert wird, geht man davon aus, dass der Rahmen, der Motor, das Getriebegehäuse, der Tank und die Hinterachse noch original sind, in vielen anderen Bereichen zeitgemässe Original-Teile von Bugatti verwendet wurden, während etwa Instrumente, Vergaser und Bremsen wohl in den 50er Jahren durch Fremdfabrikate ersetzt wurden. Halt die typischen Arbeiten, wie sie an einem bald 100-jährigen Rennwagen so ausgeführt werden müssen.

Andere wunderbare Automobile haben wir in unserem Archiv.

2 Kommentare

  1. Christian Christian

    Auch wenn er nicht 100%ig Original ist – sieht halt aus wie ein klassischer Bugatti!
    Und wieder eine nette Story dazu!

  2. Rolf Rolf

    Anfang der 1980er war ich anlässlich eines Elsass-Urlaubs in Mulhouse im Schlumpf-Museum.
    Da standen diese kleinen Kerle reihenweise. Die sind wirklich winzig.
    Dafür riesig ist der dort stehende Royale.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert