Ein Erlebnis
Fahrradfahren, heisst es, verlerne man nie. Und ich war überzeugt, auch CX-Fahren, das kann man einfach, schliesslich habe ich Zehntausende von Kilometern mit solchen Citroën hinter mir. Bloss, zum letzten Mal bin ich einen CX vor mehr als 20 Jahren gefahren – und musste nun bitter erfahren, dass man das durchaus verlernen kann. Wie ein blutiger Anfänger hebelte ich zu Beginn dieser Ausfahrt am Einspeichen-Lenkrad rum, hatte immer das Gefühl, korrigieren zu müssen, wo es halt gar nichts zu korrigieren gibt. Und vom peinlichen Moment beim ersten Bremsmanöver, das mich selber fast aus der Frontscheibe katapultierte, schreibe ich hier jetzt besser nichts, sonst könnten noch Zweifel an meiner gefühlten Kompetenz entstehen.



Ach, der Citroën CX. vorgestellt 1974, gebaut bis 1991 (zumindest als Kombi), fast 1,2 Millionen Exemplare. Selbstverständlich war der von Jean Giret gezeichnete CX der Nachfolger der ewigen Göttin, doch Citroën, geplagt von der Ölkrise und Maserati, wollte das Fahrzeug zwischen DS und GS positioniert sehen, in erster Linie: wirtschaftlicher. Der CX wurde auch bestens aufgenommen, wurde 1975 zum «Auto des Jahres» gewählt (vor dem VW Golf), schon im ersten vollen Produktionsjahr wurden über 100’000 Stück verkauft. Aber es war halt auch ein richtig gutes Automobil, sehr modernes Design, auch innen (von Michel Harmand), zeitgemässer Verbrauch, wunderbarer Fahrkomfort, für die damalige Zeit ausgezeichnete Bremsen. Einzig die Verarbeitungsqualität liess teilweise etwas zu wünschen übrig, die Preise lagen verhältnismässig hoch – und 1975 war Citroën bankrott, wurde von Peugeot übernommen. Noch dies zu den Preisen: 1975 kostete ein CX2000 in der Schweiz 18’600 Franken, ein CX2200 dann 19’950 Franken. Die DSpécial gab es aber schon ab 16’950 Franken, das Top-Modell, die DS 23 Pallas Injection mit 130 PS, war dann aber 27’700 Franken teuer.



Nun, die Motorisierungen. Anfang der 70er Jahre war man bei Citroën noch davon ausgegangen, den neuen CX mit bis zu 200 PS satrken Wankel-Motoren ausrüsten zu können. Diese Hoffnung zerschlug sich bald, das neue Modell musste mit dem bekannten 4-Zylindern aus der DS auskommen. Diese wurden zwar weiterentwickelt (und 30 Grad nach vorne geneigt in Querlage eingebaut), kamen als 2-Liter auf 105 PS, als 2,2-Liter auf 112 PS; später kam noch 2,2-Liter-Diesel mit 66 PS dazu (der mit einer Höchstgeschwindigkeit von 146 km/h damals der schnellste Selbstzünder überhaupt war). Natürlich war das alles mehr als ausreichend, doch der Fahrkomfort lag dank hydropneumatischer Federung und hydraulischer Servolenkung definitiv auf Oberklasse-Niveau – einen entsprechen Sechszylinder gab es leider nie. 1977 gab es für den Prestige dann eine elektronische Saugrohreinspritzung, 2,4 Liter Hubraum und 128 PS, mit kurzem Radstand wurde das Modell als GTi 2400 bezeichnet und war 190 km/h schnell. Ab 1984 gab es dann einen 2,5-Liter-Turbo mit 168 PS (156 PS mit Katalysator), der für die zweite Serie der CX, eingeführt 1985, auch einen Ladeluftkühler erhielt (das sind dann die Turbo 2), mit dem bei gleichen Leistung der Verbrauch deutlich gesenkt werden konnte. 220 km/h waren möglich, damit war der CX eine der schnellsten Limousinen jener Jahre. Aber das war dann auch der Gipfel der CX-Motorisierungen – vielleicht wollte halt auch Peugeot nicht, dass der Citroën mit einem feinen Sechszylinder zu gut wird.






Und genau ein solches Modell, Citroën CX 25 GTi Turbo 2, hat uns die Oldtimer Galerie Toffen für eine Ausfahrt zur Verfügung gestellt. Das Fahrzeug trägt Jahrgang 1990, obwohl es wohl ein Jahr älter ist, doch diese schnellen CX liessen sich damals nur schwer verkaufen (Neupreis 1989: ab 40’600 Franken), die erste Zulassung erfolgte wohl deshalb erst am 18. März 1990; da war die Produktion der Limousine schon ein gutes Jahr eingestellt. Bis 1997 blieb das Fahrzeug, lackiert in «gris météore», beim Erstbesitzer, kam dann mit wohl 18’000 Kilometern zu einem Sammler, der den Wagen bis 2021 pflegte. Vom letzten Besitzer wurde der GTi nur selten gefahren, aber bestens gepflegt, derzeit stehen etwas mehr als 28’000 Kilometer auf dem Tacho, der Wagen präsentiert sich in einem aussergewöhnlich guten und äusserst gepflegtem Originalzustand. Was doch sehr selten ist – in der Schweiz sind anscheinend ausser diesem Exemplar nur noch drei weitere Citroën CX 25 GTi Turbo 2 zugelassen. Viele waren es eh nicht, die gebaut wurden, genaue Zahlen gibt es nicht, man geht von etwa 5000 Exemplaren aus.










Gut, irgendwann hab ich das alles dann wieder im Griff. Dass sich die Lenkung, bezeichnet als «DIRAVI» (DIrection a RAppel asserVI), selber wieder gerade stellt, das kenne ich ja aus dem SM, daran erinnere ich mich jetzt wieder. Und die Bremsen sind bei weitem allgemeinverträglicher als in der DS, ein feines Füsschen hilft aber definitiv. Und ein geduldiges Händchen, die Wege durch das 5-Gang-Getriebe sind doch eher lang. Sehr überrascht bin ich dann von der Durchzugskraft des Vierzylinders, doch immerhin 294 Nm maximales Drehmoment bei 3250/min, die Leistungsentfaltung ist sehr souverän, kein fieser Turbo-Bums, sondern angenehm kontinuierlich. Damals, einst, da war ein GTi 2400 mein persönlicher Gipfel gewesen, der Turbo kann das aber schon beeindruckend viel besser. Und während man bei anderen 35-jährigen Fahrzeugen dann eher darauf wartet, ob doch noch etwas passiert, muss man beim CX tatsächlich den Tacho im Auge behalten, sonst ist dann die Rennleitung unzufrieden.






Weiterhin als Wunder empfinde ich das Fahrverhalten. Oh nein, so ein CX ist keine dieser französischen Schaukeln, als welche die Citroën gerade von deutschen Presse auch heute noch verunglimpft werden. Dieser Turbo macht auch bei flott gefahrenen Kurven seitlich eigentlich keinen Wank (noch besser kann das nur der Xantia Activa), ist aber halt beim Abrollkomfort trotzdem wunderbar weich, höchst angenehm. Dass die hydropneumatische Federung aufgegeben wurde, nicht mehr weiter entwickelt, erscheint mir weiterhin als Fehler, auch modernste Luftfederungen können nichts besser. Klar, auch als Turbo 2 taugt der CX nicht zum Sportwagen, da fehlt der Sound, dafür ist halt auch die Lenkung zu indifferent, aber fein geschwungene Landstrassen, Autobahnen, da ist er auch heute noch ein König.







Innen sind die CX der zweiten Serie nicht mehr ganz so aufregend wie ihre Vorgänger, da ist zwar noch das Einspeichen-Lenkrad, da sind auch noch tiefen, sehr bequemen Sitze, auch die Satelliten, über die sich die wichtigsten Funktionen bedienen lassen, aber vor den Augen hat man halt relativ dröge Rundinstrumente, nicht mehr diese lustigen «Walzen» für Tempo und Drehzahl. Aber man kann halt nicht alles haben. Zu haben sein wird dieser sehr feine Citroën CX 25 GTi Turbo 2 auf der Auktion der Oldtimer Galerie Toffen am 22. März 2025, erwartet zwischen 28’000 und 35’000 Franken, was uns beim einwandfreien Zustand dieser Rarität als absolut angemessen erscheint. Zumal er halt immer noch grossartig aussieht, der CX.








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Herrlicher Wagen, Horst Schimanski lässt grüssen.
Anfang der 1990er wechselte mein BMW Verkäufer zu Citroen und wollte mich „mitnehmen“. So fuhr ich den Xantia, von dem ich wenig begeistert war, dann einen XM Break mit 109 PS Diesel, der mir schon besser gefiel.
Dann eine XM Limousine mit 128 PS Diesel und die war richtig schön zu fahren. Die Hydropneumatik arbeitete so perfekt und unauffällig, da schwankte und wackelte nichts, aber es federte, es fühlte sich an, als sei die Straße frisch asphaltiert. Anschließend die gleiche Strecke mit meinem 320i (E36) mit M-Fahrwerk gefahren, konnte ich nicht fassen, wie hart der war, man konnte kaum das Lenkrad ruhig halten.
Leider hatte sich besagter Verkäufer bei der versprochenen Leasingrate gehörig verrechnet und so kam wieder ein BMW ins Haus.
Wieder so richtig begeistert hat mich dann der C6, aber da brauchte ich schon einen Kombi.
Ah der legendäre Bremsknopf.
Ein ähnliches Erlebnis kann man nur haben wenn man zum ersten Mal Automatik fährt wie meinereiner in den USA. Ihr ahnt was passierte, diese unsichtbare Mauer war ganz schön hart.
So geht Modernität!
Vor 50 (!) Jahren vorgestellt, seit mehr als 30 Jahren nicht mehr produziert und dennoch mehr als zeitgemäß:
Viel Platz für vier Personen, aerodynamisch und leicht, schnell und sparsam, extrem elegant und unangestrengt modern, natürlich war der rumpelige Vierzylinder schon in der Göttin unpassend, aber mit einem modernen Vierzylinder-Turbomotor, einem modernen Automaticgetriebe oder gar einem lautlosen Elektromotor wäre der CX heute fast allem überlegen, was derzeit in dieser Klasse auf dem Markt ist!
Und gegen das Hyperscreen-PlayStation-Armaturenbrett des neuen Mercedes CLA ist ein Erstserien-CX-Instrumententräger ein Ausblick in eine ferne, reduzierte, verheißungsvolle, bessere Zukunft!
Nur bei der Wahl der Teppichmatten wird klar, daß derjenige, der sie ausgewählt hat, das Auto nie verstanden hat…
Sehr geehrter Herr Servatius,
volle Zustimmung von meiner Seite. Die Motoren waren gar nicht so „rumpelig“ – vielleicht nicht ganz auf der Höhe der modernen Hülle…
Und, sowohl beim CX wie auch Nachfolger XM gabs eine Beinfreiheit im Fond die noch heute Ihresgleichen sucht.
Heute sind die Autos vom Außenmass her größer aber innen eher kleiner!
Nur der Heckspoiler war auch vor 50 Jahren schon hässlich.
Vielen Dank für diesen schönen Bericht! Bei mir kommen da richtig nostalgische Gefühle auf, und zufällig ist es diesen Frühling genau 20 Jahre her, dass ich einen solchen CX Turbo gekauft habe – Aussehen praktisch identisch, meteorgrau mit den VIP-Velourssitzen (viel bequemer und schöner als schwarzes Leder). Nur das Schiebedach felhte bei meinem, das hiess aber auch weniger Probleme mit Nässe und Rost. Der Zustand war etwas anders als bei dem hier gezeigten Exemplar, er hatte auch etwa sieben Mal so viele Kilometer auf dem Tacho (dafür lag der Kaufpreis auch etwa bei einem Siebtel, da passt die Relation wieder).
Damals habe ich mir den Wagen als Daily Driver angeschafft, was man heute wohl nicht mehr machen würde. Es gab aber zu der Zeit auch noch gefühlt an jeder Ecke solche Turbos zu kaufen. Aufgrund meiner hohen Kilometerleistung zu der Zeit (90 km Arbeitsweg pro Tag) habe ich den CX nur etwa drei Jahre besessen, bis er mit fast 300’000 km an den nächsten Besitzer ging. Ob zum Herrichten oder Ausschlachten, ist mir nicht bekannt.
An die Lenkung musste ich mich glücklicherweise nicht gewöhnen, denn der Turbo löste einen älteren CX der 1. Serie ab. Dafür hatte ich danach ziemlich lange Schwierigkeiten, mich wieder an die mittelmässige (im Vergleich) Lenkung eines Xantia Activa zu gewöhnen. Der hatte dafür den Vorteil eines viel angenehmer klingenden Sechszylinders, der Farhleistungen auf etwa ähnlichem Niveau wie der CX bot.
Der CX ist tatsächlich eines der Autos, denen ich am meisten nachtrauere. So ein „Gesamtkunstwerk“, bei dem alles aufeinander abgestimmt war, gab es später nie wieder. Baukasten lässt grüssen. Man konnte damit schon recht gut über Alpenpässe räubern, aber seine Stärke lag für mich im ruhigen Dahingleiten, dank des Drehmoments und der langen Übersetzung schön schaltfaul und mit erstaunlich tiefem Verbrauch (für diese Zeit): meist landete ich bei etwa 10 Litern. Dabei war schön zu wissen, dass man immer Reserve unter der Haube hatte.