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Kauft Rennwagen!

The next big thing?

(Wir haben einen ähnlichen Artikel schon vor sechs sowie zehn Jahren einmal geschrieben. Hätten wir damals das Spaziergeld gehabt und auf uns selber gehört, dann würden wir heute wohl den Blick über eine feine Sammlung schweifen lassen können und uns selber auf die Schultern klopfen. Aber ist halt nicht so, deshalb wiederholen wir uns hier – und gehen einen Schritt weiter. Oder vielleicht: zurück?)

Klassische Formel 1. Das war lange, lange ein Geschäft nur für Insider. Die 3, 4 Dutzend Jungs, die mit solchen Geräten spielten, sie verkauften und meist auch gleich noch selber bewegten, waren viele Jahre ein verschworener Zirkel, die Freimaurer unter den Oldie-Spezialisten. Es braucht auch eine ganz spezielle Liebe zum Objekt, denn ältere Formel 1 sind ja zumeist Einzelstücke, jedes Blessürchen geht massiv ans Portemonnaie, man organisiert sich selbst oder in Clubs, oder dann gibt es Spezial-Programme wie jenes von Ferrari, das die Besitzer von alten F1 hegt und pflegt wie Schosshündchen. Denn, eben: es geht um vielviel Geld, weniger beim Kauf (alte F1 waren bislang verhältnismässig günstig, wenn man berücksichtigt, wie selten sie sind, wie grossartig ihre Technik, ihre Historie), aber dafür beim Unterhalt. Dieses Spiel hat Bewegung aufgenommen, wird aber wohl nie Tummelwiese für die breite Masse werden. Doch jetzt verkauft Ferrari-Weltmeister Jody Scheckter über RM Sotheby’s im Mai 2024 seine Sammlung – und das könnte eine neue Klientel auf den Plan bringen. Da wollen wir doch einmal ein paar Beispiele zeigen:

1979 Ferrari 312 T4, Chassis-Nummer: 040, Schätzpreis 5’250’000 bis 6’500’000 Euro – mit genau diesem Fahrzeug gewann Schckter 1979 drei Grand Prix, sicherte sich in Monza mit einem Sieg den Weltmeistertitel – und Ferrari den Konstrukteurentitel.

1973 McLaren M23, Chassis-Nummer: M23-2, Schätzpreis 1’750’000 bis 2’250’000 Euro.

1975 Tyrrell 007, Chassis-Nummer 007/6, Schätzpreis 650’000 bis 900’000 Euro.

1977 Wolf WR1, Chassis-Nummer W.R.1/3, Schätzpreis 450’000 bis 650’000 Euro – was für eine grossartige Geschichte von Walter Wolf, die müssen wir dann noch einmal erzählen.

Es geht auch günstiger: Dieser 1971 Merlyn Mk21 ist zwar kein Formel 1, sondern ein Formel 3, wird auf 35’000 bis 55’000 Euro geschätzt – und von Scheckter, der damals Mitarbeiter von Merlyn war, selber gebaut.

Blicken wir nochmals zurück, eben, vor bald sechs Jahren: Am 7. Juli 2018 hatte uns Artcurial in Le Mans eine Auktion um die Ohren gehauen, auf der es nur so wimmelt vom Feinsten. Wunderbare Sachen, ach, hätten wir doch nur das Spaziergeld für den Lamborghini Miura, den Countach «Periscopo», die drei Porsche 911 Carrera RS 2.7 und ganz besonders den Carrera RSR 3.8, den BMW 3.0 CSL, den Alfa Romeo GT Sprint Veloce…

Es gibt da auch das ganz grosse Obendrüber, wir haben es schon kurz beschrieben: Ferrari 365 GTB/4 Competizione, Gruppe 4, aus dem Jahre 1971. Herrlich. Wir sehen aber etwas anderes, eine interessante Entwicklung. Denn Artcurial, die ihr Näschen schon seit Jahren ein bisschen näher am Wind haben als andere Auktionshäuser, schon manch einen Trend losgetreten haben und auch die Möglichkeiten haben, gewisse Fahrzeuge, Marken oder ganze Segmente zu pushen, hat in Le Mans eine erstaunliche Anzahl und Vielfalt von Rennwagen im Angebot. Eigentlich ja nichts Neues, Rennwagen, nein: Renn-Sportwagen aus den 50er und 60er Jahren gingen schon immer bestens, ganz besonders, wenn Ferrari draufstand. Und wenn die Dingers auch noch eine gute Historie haben, dann gehen die wie warme Semmeln. Artcurial konnte in Le Mans davon nichts bieten, keinen Formel 1, keinen Le-Mans-Sieger aus den 50er Jahren, sondern versuchte es mit: Breitensport. Witzigen, coolen Geräten, mit denen man für relativ bescheidenes Geld so richtig viel Spass haben kann. Schön schräg ist zum Beispiel dieser 65er Ford Anglia. Diese Fahrzeuge waren damals ziemlich schnell und schafften reichlich Klassensiege – und man kann davon ausgehen, dass auch dieses gute Stück Spass macht. So ab etwa 15’000 Euro dürfte man dabei sein – das ist doch schon einmal ein gutes Argument, oder?

Gar als «no reserve» wird der Datsun 1600 Sports (besser bekannt als «Fairlady») angeboten. Einverstanden, er ist mit 95 PS auch nicht wirklich übermotorisiert, doch man sieht diese Japaner in Europa nur ganz selten. Und als Sportgerät aufgerüstet dürfte er gerade bei Oldtimer-Rallies ziemlich viel Freud’ machen.

Der Mini Marcos GT 1300 von 1966 ist ja zwar «nur» ein Mini, aber halt ein sehr, sehr schneller. Obwohl nur ein 1300er, geht er über 200 km/h, das Fahrwerk verspricht extreme Agilität: ein wahrer Kurvenräuber. Weil Marcos aber in den vergangenen Jahren vor allem unter britischen Sammlern wieder an Bedeutung gewonnen hat, ist dieses Teil nicht ganz günstig: ab 40’000 Euro.

Nochmals Marcos, jetzt aber deutlich flotter: Dieser Mantis GT3 aus dem Jahre 2001 verfügt über einen über 500 PS starken Ford-V8 und kann es jederzeit mit den Porsche seiner Zeit aufnehmen. Es wurden damals fünf Stück entsprechend dem FIA-GT3-Reglement aufgebaut. Erfolg hatten sie zwar keinen, aber laut snd sie. Und cool. Und mit einem Schätzpreis ab 60’000 Euro im Vergleich zu den Porsche ein wahres Schnäppchen.

Gut, ein Ferrari kostet immer etwas mehr. Und wenn es ein seltenes Stück ist, dann wird der Betrag dann halt siebenstellig. Doch dieser 308 GTB, der von Michelotto nach dem Gruppe-B-Reglement aufgebaut wurde (insgesamt sollen 15 Stück entstanden sein), hat einen guten Auftritt. Und dürfte reichlich Fahrspass machen.

Auch nicht ganz günstig ist die Alpine Renault A110 Gruppe 4 «BIS» «Compétition Client» aus dem Jahr 1977. Damals wurden 13 Stück vom Werk aufgebaut, davon gingen neun Exemplare an Kunden. Dieses gerät verfügt über einen 1800er-Motor, ist – mit kundiger Hand – so richtig schnell. Und leider mit einem Schätzpreis ab 220’000 Euro auch nicht mehr so ganz günstig.

Auch sehr schön und irgendwie verhältnismässig günstig: der Toyota Celica, den Sainz/Moya 1991 bei der Rallye Akropolis auf den zweiten Platz fuhren. Er hat zwar eine sperrige Bezeichnung (Toyota Celica ST 165 TC 4-55), aber der Allradler geht selbstverständlich bestens. Und erscheint mit einem Schätzpreis ab 150’000 Euro als ein interessantes Projekt.

Das perfekte Teil, um damit zum Einkaufen zu fahren: Mitsubishi Pajero L040 Paris-Dakar. Man könnte damit dann einfach in gerader Linie fahren. Dieses Ding ist mit einem 360 PS starken 2,2-Liter-Turbo ausgerüstet, fuhr 1994 die echte Paris-Dakar – und wäre wohl für etwa 40’000 Euro zu haben.

Auch von diesem Talbot Sunbeam Lotus glauben wir, dass er nicht überbezahlt ist mit einem Schätzpreis ab 40’000 Euro. Zwar er ist er «nur» der zivile Bruder eines veritablen Renngeräts, 2308 Stück wurden davon gebaut, motorisiert von einem etwa 230 PS starken 2,2-Liter-Lotus-Motor. Ach ja: Heckantrieb, wie es sich gehört.

So richtig wild ist der D.B Monomil aus dem Jahr 1954. Damals wurde damit die erste Rennserie weltweit mit identischen Fahrzeugen ausgetragen, später fuhren viele Monomil in der Formel Junior. Schätzpreis: ab 25’000 Euro, das kann man eigentlich gar nichts falsch machen.

Und zum Schluss kommen wir noch zu unserem Liebling: der 79er Ford Zakspeed Capri Gruppe 5. Ja, das kostet nun wieder viel Geld, der Schätzpreis liegt bei 550’000 bis 750’000 Euro, auch der Unterhalt wird nicht ganz ohne sein. Aber dafür kriegt man jede Menge Rennsport-Geschichte, denn dieses Gerät wurde als «Super Capri» berühmt. Ausgerüstet mit einem rund 500 PS starken 1,4-Liter-Turbo-Motor, konnten diese Ford mit den Porsche K3 mithalten und verwiesen BMW in die Schranken. Dieses Fahrzeug, 002/79, wurde 1979 von Harald Ertl gefahren, erhielt 1980 einen 1,75-Liter-Motor und schaffte sieben Siege. 1982 übernahm dann «Berglöwe» Herbert Stenger den «Super Capri» und wurde prompt Europameister. Und: der Wagen sieht einfach nur gut aus.

Ja, schauen Sie doch mal, was diese Fahrzeuge heute wert sind. Und besuchen Sie doch auch unser Archiv!

2 Kommentare

  1. yumiyoshi yumiyoshi

    Schon wahr. Einerseits. Andererseits wurde das Problem schon bei den historische Formel 1 angesprochen: Rennwagen (auch ein alter Anglia) sind völlig alltagsuntauglich. Auch wenn man keinen F1 besitzt gilt: Der Wartungsaufwand ist bei hochgezüchteter Renntechnik egal welchen Alters hoch bis extrem. Und ganz ehrlich: Wie viele Mechaniker gibt es in Europa, die z.B. einen F1-Cosworth-Motor, die dazugehörenden Getriebe, Kupplung und das Rundherum sachgerecht warten und instand setzen können?

    Schon bei Alltagsautos aus den 1950ern und 60ern muss man schauen wo man hingeht. Vergaserspezialisten zur Wartung und Überholung findet man z.B. keineswegs mehr an jeder Ecke. Mit alten Rennwagen verschärft sich das nochmals deutlich. Was tun, wenn dann Spezialisten aufhören und keiner da ist, der das weiter führt (siehe bspw. Abarth)?

    Ich befürchte, dass historische Rennwagen – je schärfer umso mehr – auch weiterhin nur etwas für eine kleine Gruppe mit ausreichend Geld bleiben werden. Ja, klar, Spekulanten kaufen alles, was Gewinn verspricht. Einen historischen Rennwagen zu besitzen und ihn sachgerecht zu bewegen wird aber auch weiterhin einen Aufwand erfordern, den die Mehrheit der Oldie-Liebhaber nicht stemmen kann.

  2. maxi moll maxi moll

    Ich will mit einem Formel 1 Wagen nicht einkaufen gehen..!

    das Wort alltagstauglich ist so fad wie zukunftssicher.
    zweiteres ist der typisch deutsche Schwachsinn, seine eigene
    Vergänglichkeit in beamteter Gewissheit ewig zu bemessen.

    Habe mir heuer einen Formel 2 Lotus geholt. ( >700.000 Euro für Plastik und Alurohre
    und altes Grün…)
    Das Teil ist geil.
    Wenn man das eh nicht will, ja dann einen biederen braven 0 8 15 Golf holen und brav
    jeden Samstag zum Ikea radeln und das 123 zigste Billi Regal kaufen.
    Oder geizig sparen um dann Geld für Grabbeigaben zu haben.
    LG 🙂

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