FDO*
Es ist dies die Fortsetzung unseres TCO-Textes. Die Überschrift leitet sich diesmal aber nicht direkt aus den Wirtschaftswissenschaften ab, deshalb hier etwas Nachhilfe: FDO = financial disaster of ownership. Denn so ungefähr müsste man das Gesamtprojekt smart fortwo 0.8 cdi zusammenfassen. Aber der Reihe nach, schließlich sind wir gerade erst eingestiegen in unsere gebrauchte Neuanschaffung. Zum Ziel trennen uns 208 Autobahnkilometer.
Das Anlasserschnarren des OM660 ist lustig. Es klingt mehr wie ein Würgen denn ein Anlassen. Aber: er kommt dann doch immer zuverlässig. Es ist eben ein Mercedes, die Freaks haben es schon am Aggregatecode erkannt. Übrigens: der Dreizylinder ist das kleinste in Serie gebaute Common-Rail-Dieseltriebwerk der Welt. Beschleunigungsorgien dürften demnach entsprechend ausfallen.
Doch da haben wir die Rechnung ohne die Böblinger Entwicklungsabteilung gemacht. Denn es geht dann doch überraschend gut. Der kleine Motor ist ausgesprochen drehfreudig, durch das frühe Einfahren der vollen 100Nm ist er sogar recht elastisch. Dazu kommt eine perfekte Getriebeabstufung und eben: sechs Gänge. So kann man die maximalen 41 Pferde in jeder Situation bestens aufgaloppieren lassen.
Am Tachoanschlag fährt der smart fortwo cdi besonders gern
Auf der Autobahn war der Tachoanschlag (140km/h plus eine Zeigerbreite) entsprechend zügig erreicht und dort verharrte der smart dann die kommenden 90 Minuten, was die Tankanzeige mit einer überraschend heftigen Abwärtsbewegung quittierte.
Am Ziel angekommen offenbarte sich das Problem. Nicht etwa das Trinkverhalten des Motors, sondern eine heftige Leckage im Kraftstoffsystem: das ganze Heck des kleinen Roten war völlig eingesaut mit fetten Dieselöltropfen. Ein bisschen Motoröl war auch dabei, aber das Gros stammte vom Treibstoff – leider. Es roch auch bestialisch. Nach altem, heiss abgestelltem Taxi mit undichten Leckölleitungen. Widerlich.
Eine erste Sichtprüfung in der Dunkelheit ergab: es ist mehr als eine Undichtigkeit. Irgendwo läuft der Diesel hier praktisch im Sturzbach raus. Weitere Auffälligkeiten: die Halterung des Ladeluftkühlerlüfters war defekt und durch die unbarmherzigen Betriebsvibrationen des Dreizylinders hatte sie de Kühlkörper bereits massiv aufgescheuert. Auch hier muss also Ersatz her.
Die erste Reparatur
Folgende Positionen wurden bearbeitet:
Kupplungssatz inkl. Ausrücklager und Service des Gangstellers,
Kraftstoff-Hochdruckpumpe als AT-Teil,
Ladeluftkühler inkl. neuer Lüfterhalterung,
Motorthermostat,
Motorlager links,
Getriebesimmeringe beidseitig.
Ergebnis: 1870 EUR brutto nach 629 gefahrenen Kilometern. Prima, der erste Boxenstopp also gleich teurer als das ganze Auto. Ein guter Start!
Über die nächsten 5000 Kilometer folgte der abermalige Tausch der Kraftstoffpumpe, diesmal auf Kulanz, sowie eine neue Injektorleitung an Injektor 1 – vermutlich war sie generell für die Leckage zuständig, die schlampige Arbeit beim ersten Austausch der Pumpe machte aber auch deren erneuten Tausch nötig.
Ein bisschen Eigenleistung
Dazu wurde in Eigenregie die Vorderachsbremsanlage überholt, beide Radlager ersetzt, ein gebrauchter Alufelgen-Radsatz besorgt und ein Soundsystem mit Untersitz-Subwoofer und Aux-Einspielung montiert, sowie der Gebläsewiderstand für die Lüfterstufen 1 und 2 nachgelötet.
Kosten: 640 EUR, die eigene Arbeitszeit rechnen wir großzügig mit 0 EUR pro Stunde mit ein.
Die nächsten 5000 Kilometer spulte der smart problemlos ab, bis auf das die Klimaanlage nun praktisch keinerlei Kühlleistung mehr aufwies und der Dieselgeruch noch immer nicht 100% beseitigt war.
Der große Auftritt
Nach dem sicher spektakulärsten Arbeitseinsatz unseres Roten, als er sich heldenhaft auf der Rennstrecke hinter einem BMW M4 für einen Werbedreh in die Kurvenscheitelpunkte warf, eine 15.000 EUR teure Kamera auf der Frontscheibe montiert hatte und den einen Kameramann aus dem Dachfenster stehend und den zweiten im Kofferraum liegend transportierend, musste sich der smart allerdings erholen.
Denn, sie ahnen es, den Rückweg von der Rennstrecke schaffte er nur huckepack. Dieselleckage, eh klar. Das Ergebnis hatte sich aber gelohnt.
Die Laune der betreuenden Werkstätte gegenüber hielt sich nun allerdings in sehr engen Grenzen. Dennoch, schließlich war es DER ausgewiesene Spezialist in Deutschland, einen Versuch hatten sie noch.
In diesem Zuge wurde gleich die fällige Wartung erledigt, die Ölzuleitung sowie der Rücklauf vom Turbolader erneuert, eine Ölwanne mit Ablassschraube nachgerüstet (ja, die 450er smarts haben alle keine (!) Ablassschraube, sondern werden abgesaugt), beide Keilriemen erneuert, die Bremsflüssigkeit getauscht und ein neuer Klimakondensator mit frischer R134er-Füllung montiert.
Kosten: 1257,51 EUR.
Der smart lag seit Kauf zehn Monate und 10.185km im Rennen – die Instandhaltung summierte sich bis hier auf 3767,51 EUR. Und um es noch einmal zu verdeutlichen: wir hatten vermutlich den besten smart auf dem Markt gekauft. Denn keine der üblichen Krankheiten wie geplatzte ABS-Ringe oder gebrochene Fahrwerksfedern haben ihn sonst ereilt. Es waren einfache Verschleißerscheinungen, die trotz penibler Vertragswerkstattswartung eben anfallen.
Um die Kilometerkosten wenigstens in ein halbwegs erträgliches Fenster zurückzubewegen, musste der kleine Diesel allerdings weiter ran. Von Kilometer 135.595 bis 146.232 übrigens ohne weiteren Ausfall.
Leider zeichneten sich hier die nächsten drohenden Verluste ab: das Heck war wieder gesprenkelt. Nun aber nicht mit Diesel, sondern mit Motoröl. Die erste Sichtprüfung offenbarte eine ausgehärtete Stirndeckeldichtung des Kettentriebs am Block. Ohne Demontage des Motorhalters und damit des halben smarts ist hier kein Rankommen.
Die Lösung? Wir haben ihn stillgelegt. Und das nächste TCO-Desaster gekauft. Das konnten wir allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.
Die Abrechnung:
Kaufpreis 1850 EUR
Wartung 3767,51 EUR
Kraftstoff 1098,07 EUR
Steuer 492 EUR
Versicherung 1539,62 EUR
Reifen 230 EUR
Wagenpflege 26,94 EUR
Zubehör 41,99 EUR
Zulassung 48,60 EUR
Summe 9093,73 EUR
Zurückgelegte Strecke 21.840km
Kosten pro km 0,416 EUR/km
P.S.: was bringt unser smart mit nun 146.000km und frischem Service im Mai 2020 (Inspektion B in der MB Vertragswerkstatt) und neuem TÜV für 24 Monate im Verkauf? Wir sind auf ihre Einschätzung gespannt.
Also vor 25 Jahren ging das so: 15 Jahre alter 500 SEL mit 500.000 km und noch fünf Monate TÜV für 500,- DM gekauft (da ohne Katalysator) und nach einem Jahr und weiteren 10.000 km wieder für den gleichen Preis verkauft.
Einzige Kostenblöcke: Motoröl, Ottokraftstoff und die Putzmittel vor dem Verkauf.
Natürlich druckt die EZB heute Geld aber euer Smart ist keine Firma deren Anleihen von der EZB aufgekauft werden.