TCO
Man ist ja auch nur Mensch. Jäger und Sammler. Meist letzteres, weil die Objekte der Begierde zustandsbedingt gar nicht schnell genug wegkämen. Aber wir haben ein Herz für alte, billige, spannende Gebrauchtwagen.
Das Herz ist so groß, dass die Halle mittlerweile voll ist, ein paar Autos unter freiem Himmel stehen müssen. Und jetzt in Zeiten von Corona, die in diesem Sinne dann doch etwas Positives hatte, dämmerte es uns: sind wir eigentlich noch ganz bei Trost?
Nein.
Unsere nun unregelmäßig erscheinende Serie „TCO“ ist deshalb Zweierlei. Ein Aufarbeiten unseres ganz eigenen psychischen Problems. Aber auch eine Warnung: billig muss man sich leisten können.
Wir fangen an mit unserem Smart fortwo aus der ersten Serie.
Eigentlich hätte es ein VW Lupo 3L werden sollen. Eine technische Meisterleistung, vor allem aber die Konsequenz, mit der der ordinäre Lupo zum Sparen gezwungen wurde: ein echter Piëch. Sowas musste einfach in die Garage. Es gab da nur ein Problem: die Klimaanlage. Die gab es nur in der zweiten Serie der 3L-Lupos. Und die will man nicht haben. Denn die hat keine Alu-Heckklappe mehr und und und. Viele der horrend kostspieligen Feinheiten des Alten sind nämlich ruck-zuck wieder rausgeflogen, damit der Spritsparwunder kein totales Kostendesaster wurde.
Auch sonst war das Bild der Erstserien-3L eher trostlos. Ausnahmslos runtergerittene Kisten – und wir sind da sonst eher schmerzfrei. Dazu kommt die dann doch mehr als komplexe Automation des manuellen Getriebes. Druckspeicher, Hydraulikpumpen, Gangsteller und so weiter. Spezialthemen wie 3L-spezifische Leichtlaufradlager oder Aluminium-Bremstrommeln mit eingenietetem Reibring taten ihr übriges: sogar für uns erschien ein VW Lupo 3L ab diesem Moment als Unsinn.
Was also kaufen, wenn es ein Pendelauto für „von der Innenstadt in die Innenstadt“ mit 40km je Strecke sein soll?
Einen smart.
Natürlich keiner von diesen aufgequollenen, schon gar nicht der SWB-Renault, nein, es musste ein echter aus der ersten Serie sein. Im besten Fall ein modellgepflegtes Exemplar mit den gedeckteren Farben im Interieur und den schöneren Leuchten außen.
Auch hier, leider, das gleiche Spiel in den Kleinanzeigen. Runtergerittene Kisten, servicefrei seit zig zehntausenden Kilometern, schade, wirklich schade. Zumal auch der smart mit seinem ebenfalls automatisierten Schaltgetriebe doch ein Mindesstmaß an Pflege fordert.
Dazu kamen die Ausstattungswünsche. Ein Passion sollte es sein, also die gehobene Ausstattungslinie, eine silberne Tridion-Zelle auch, dazu natürlich: die Klimaanlage. Auch das optionale Soundpaket musste sein, schließlich will man während der Zeit im Auto ja auch wenigstens ein bisschen unterhalten werden. Ebenfalls Bedingung: ein nachgerüsteter Partikelfilter. Schließlich muss er die Grüne Plakette haben, sonst darf er legal weder am Start stehen noch ans Ziel fahren.
Mit diesen Einschränkungen dünnte sich das Feld in den Annoncen langsam, aber sicher aus.
Irgendwann war ich soweit, dass ich totalen Marktüberblick hatte. Jeder in Deutschland angebotene smart 0.8 cdi passion mit Klima, Soundpack und DPF war mir nicht nur bekannt, sondern auch „geparkt“, angefragt und abtelefoniert.
Bloß: es tat sich nichts. Man meldete sich nicht, konnte nur wenig sachdienliche Hinweise zum Fahrzeug abgeben, oder war generell ein Depp. Drei, vier Fahrzeug habe ich persönlich angeschaut. Der Eine startete nicht, der Andere kuppelte nicht ein, drei und vier weiß ich gar nicht mehr – ich habe sie auf jeden Fall aus irgendeinem Grund nicht kaufen können.
Tatsächlich machte sich langsam ein bisschen Frust breit. Ich werde doch wohl in der Lage sein können, für echtes Geld einen vernünftigen, fahrfähigen Dreiliter-Diesel zu besorgen?
Es kam dann: unverhofft. Nicht ich, sondern die bessere Hälte tat ihn auf. Sie war die Lamentiererei leid und hat sich selber auf die Suche gemacht. Und es war ein echter Volltreffer. Standort Böblingen, Vorbesitzer Ingenieur bei Porsche in Weissach, seine Frau bei smart, ebenso das Auto dort zu jedem Service. Die Ausstattung: perfekt. Tempomat, Glasschiebedach, elektr. Außenspiegelverstellung, Sitzheizung, Feuerlöscher und eine originale iPod-Anbindung. Sogar die originaleverpackten Ersatzbatterien für die Funkfernbedienung waren von smart. Achtfach bereift natürlich ebenfalls.
Natürlich, der nächste Service war fällig und die Kupplung müsse auch demnächst getauscht werden. Egal, Kleinigkeiten, auf zur Probefahrt. Dort stellte sich raus: fährt gut, rupft beim Anfahren allerdings tatsächlich und komplett noch gemächlicher ein als eh schon. Dazu: der Thermostat steht offen, der kleine Diesel kriegt also keine Betriebstemperatur und die Klimaanlage kühlt nicht.
Kaufen? Ja, denn besser wird es wahrscheinlich eh nie.
Wir einigten uns auf 10% Nachlass des geforderten Preises und die Reise konnte beginnen. Die Reise zum teuersten smart fortwo cdi aller Zeiten.
Fortsetzung: folgt.
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