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Ferrari 288 GTO Evoluzione

Zwischenstufe

Es muss jetzt auch mal geschrieben sein: Irgendwie glauben wir diese Geschichte nicht. Klar, sie stimmt, sie ist belegt, am 1. Juni 1985 wurde der Ferrari 288 GTO ganz offiziell von der FIA für die Gruppe B homologiert. Und deshalb durften auch 20 Evo-Modelle pro Jahr gebaut werden. Alles gut, aber: Was wollte Ferrari in der Gruppe B? Rallies fahren? Gegen Audi, Peugeot und Konzern-Schwester Lancia? Entweder befand sich Ferrari da Mitte der 80er Jahre massiv auf dem Holzweg (was des Öfteren vorkam, siehe aktuell: Formel 1. Oder Purosangue) – oder die Geschichte ist vielleicht anders. Und andere Überlegungen führten zum Ferrari 288 GTO Evoluzione. Bloss: Wir wissen es nicht. Aber Rally-Siege war sicher nicht das, was Maranello mit der Weiterentwicklung des 288 GTO plante.

Wie auch immer: Wahrscheinlich entstanden fünf Ferrari 288 GTO Evoluzione. Und sie waren schon ein Brett: Die Leistung stieg gegenüber de schon nicht schwächlichen 288 GTO um 60 Prozent auf 650 PS, dies in erster Linie durch grössere Turbos. Pininfarina orgelte am Gewicht, Karbon war damals noch ein heisses Ding, doch man bracht soe in Turin das Gewicht runter auf 940 Kilo – ein Leistungsgewicht von 1,61 kg/PS. Als Design-Ikone taugt der Ferrari 288 GTO Evoluzione sicher nicht, aber seine eigenartige Form war immerhin sehr aerodynamisch – als Höchstgeschwindigkeit wurden bei Testfahrten 369,9 km/h erreicht.

Es gibt dann jetzt noch mehr Fragen. Dieses Fahrzeug hier, Chassisnummer ZFFPX16X0J0079888, wurde mit Hilfe von Michelotto 1988 fertiggestellt. Da war die Gruppe B schon seit mehr als einem Jahr: tot (buchstäblich). Und der F40 war auch schon ein Jahr in Produktion. Es war also eigentlich komplett sinnlos, dieses Fahrzeug noch zu bauen – und dann auch noch zu kaufen, wie das der belgische Gentelman-Driver Jean Blaton über die legendäre Garage Francorchamps von Jacques Swaters tat. Blaton, mit Reichtum und auch reichlich fahrerischem Talent gesegnet, fuhr in den 50er bis in die 70er Jahre erfolgreich Rennen, oft unter dem Pseudonym «Beurlys» – und stand mehrfach auf dem Podium bei den 24 Stunden von Le Mans. Ach ja, ein ausgezeichneter Jazz-Musiker war er auch noch.

Wie auch immer, 1992 hatte «Beurlys» genug von dieser eigentlich unnötigen Zwischenstufe zwischen 288 GTO und F40, das Fahrzeug ging an Swaters zurück, der es bis 2006 behielt. Dann schrieb Lawrence Stroll wohl einen sehr grossen Check aus, er war damals gerade daran, eine feine Ferrari-Sammlung aufzubauen (siehe auch: Ferrari 250 GTO #3451GT). 2013 gab er das Unterfangen auf, der Evo ging in der Folge durch mehrere Hände, wurde strassentauglich gemacht, kürzlich bei Michelotto für viel Geld renoviert – und kommt von 19. bis 21. Oktober bei einer «sealed auction» von RM Sotheby’s zum Verkauf. Selten ist er ja, dieser Ferrari 288 GTO Evoluzione, aber sicher nicht selten schön. Und ja, da sind noch diese Fragezeichen um seine ganz grundsätzliche Existenz.

Wir haben kürzlich schon etwas geschrieben zu den Ferrari-Prototypen.

Aber wir haben auch sehr schöne klassische Ferrari in unserem Archiv.

1 kommentar

  1. Matthias Reinshagen Matthias Reinshagen

    Danke für den Hinweis auf diesen sehr speziellen Ferrari – eure Redaktion hat eine sichere Spürnase für exotische Nischenautos! Irgendwie hat dieser Renner seinen Reiz, weil oder obwohl die Karosserie vorwiegend aus Löchern unterschiedlicher Art und Grösse besteht. Da lohnt sich ein modellgeschichtlicher Seitenblick auf den 1984 präsentierten Ferrari 308 GT/M, ebenfalls aus der Werkstatt von Michelotto. Ich finde das Design dieses Autos fast noch gelungener und harmonischer als das vom oben gezeigten „Evoluzione“. Obwohl die Form so gut wie nichts mehr mit dem 308 GTB gemein hat. Hier z. B. mehr zu diesem Gruppe-B-Kraftei:

    https://rallygroupbshrine.org/the-group-b-cars/group-b-prototypes/ferrari-308-gt-m-group-b-prototype/

    Selten ist dieses Auto auch als 1:43 Modell, wo es doch sonst alles mit dem springenden Pferd gibt. Grosses Glück hat, wer noch einen antiquarischen Resine-Kit dieses Vogels von Tron oder FDS ergattern kann…

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