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Fahrberichte: Mazda MX-5 (alt und neu)

Menschenrecht

Entgegen jeder Vernunft hatte Mazda da Ende der 80er Jahre einen Plan: Einen kleinen, leichten Sportwagen, am liebsten einen Roadster wollten die Japaner bauen. Die Zeiten waren schwierig, verschärfte Sicherheitsbestimmungen und vor allem der Markt hatten in den Jahren zuvor fast sämtliche Roadster aus dem Rennen genommen, das Interesse schien auch beim Publikum extrem gering. Heute würden die Finanzer das Projekt schon vor der Startphase abschiessen, anscheinend gab es auch intern Widerstände, es heisst, die verantwortlichen Ingenieure hätten in ihrer Freizeit an diesem Projekt arbeiten müssen. Denn es war ja tatsächlich etwas irr, was da Toshihiko Hirai und sein Team im Kopf hatten: Fahrspass, pur. Hirai konnte sich durchsetzen, aber Mazda selber ging bei der Präsentation 1989 von 5000 Exemplaren aus – zum Ende des Produktionsjahres 1990 waren dann aber schon 140’918 MX-5 verkauft.

Der MX-5 war nicht nur ein Glücksfall für Mazda (er ist es heute noch, bald kommt die fünfte Generation auf den Markt), er hatte auch grossen Einfluss auf die Auto-Industrie, BMW, Mercedes, Fiat, Toyota bauten plötzlich auch Autos, die Spass machen sollten (und gaben meist schnell wieder auf). Vor allem aber für die Autopilotinnen und Selbstfahrer war der 3,97 Meter lange, 1,68 Meter breite, 1,24 Meter hohe und knapp eine Tonne schwere Japaner ein Volltreffer: Der Roadster machte schlicht und einfach glücklich.

Die Technik war einfach, 1,6 Liter Hubraum, 115 PS, das 5-Gang-Getriebe mit seinen extrem kurzen Schaltwegen ein Traum, das Fahrwerk auf hohem Niveau (auch wenn schon 1992 dann noch eine hintere Querstrebe eingeführt wurde). Logisch: Heckantrieb, Gewichtsverteilung 50:50. Das Dach liess sich mit einer Hand öffnen und schliessen, es gab zu Beginn genau drei Farben. Mit einem Preis von knapp unter 30’000 Franken im Jahr 1991 war der Mazda zwar nicht günstig, aber jeden einzelnen Rappen wert.

Genau einen solchen Mazda MX-5 von 1991 durften wir kürzlich wieder fahren. Es kamen ganz viele Erinnerungen auf, gute Zeiten, wilde Fahrten etwa auf Korsika – und die reine, unverfälschte Fahrfreude war ab der ersten Minute wieder da. Es ist doch so einfach: vier Räder, etwas Motor, ein Lenkrad. Es geht nicht grob, aber anständig vorwärts: man kann an die Grenzen des Fahrzeugs gehen, ohne gleich mit beiden Beinen im Gefängnis zu stehen. Kurven sind das wahre Vergnügen, Gangwechsel auch. Ja, es windet heftig, es gibt keinen Airscarf, es gibt auch nicht viel Platz, aber genau so ist gut so. Auch heute noch. Heute vielleicht mehr denn je. Würden alle Menschen einen Mazda MX-5 fahren, die Welt wäre eine bessere, sicher fröhlichere, unbeschwertere. Und eigentlich müsste es ein Menschenrecht sein, einen solchen Roadster in der Garage zu haben. Für die schönen Stunden.

Randbemerkung: Wir haben uns diesen 91er MX-5 mit einem bekannten englischen Auto-Journalisten geteilt (dies im Rahmen einer Veranstaltung von #gcoty). Knapp über 30, er ist schon alles gefahren, Porsche, Pagani, Ferrari. Doch er sass noch nie in einem MX-5, weder neu noch älter. Er konnte es kaum glauben, wie viel Freud’ der Roadster macht, man hätte eine Tonaufnahme machen müssen von seinen Schreien der Verzückung. Wir nahmen dann noch ein paar Ecken mehr, manchmal sehr quer, nach der Rückkehr griff er sofort zu seinem Handy und suchte auf den einschlägigen Portalen nach einer Occasion. Seither schickt er mir täglich Bilder. Gut ist, dass gebrauchte Mazda MX-5 günstig sind, man kriegt sie für deutlich weniger als 10’000 Franken. Sie machen kaum Probleme, halt das, was bei älteren Autos üblich ist. Aber häufig sind die Japaner gut gepflegt, sie sind halt so etwas wie Familienmitglieder. Freudenspender, die man mehr ehrt als den Kombi. Nein, grossartige Wertsteigerungen muss man nicht erwarten.

Was aber gut ist: Was für den 91er MX-5 gilt, trifft auch auf den aktuellen MX-5 zu. Der kostet in seiner Basis-Version (1,5 Liter Hubraum, 132 PS) nicht viel mehr als damals (33’300 Franken), macht aber weiterhin wahre Freud‘. Wir fuhren kürzlich ein feiner ausgestattetes Modell, als Kazari bezeichnet und mit dem stärkeren 2-Liter-Motor (184 PS, 205 Nm bei 4000/min) dann doch schon 44’100 Franken teuer. Klar ist mehr mehr, mehr Power fühlt sich gut an, man sitzt auch gern auf Nappa-Leder in einer schönen Terracotta-Farbe, doch weitere Kazari-Gimmicks wie Matrix-LED, Rückfahr-Notbrems-Assi, Verkehrszeichenerkennung und vor allem Aufmerksamkeitswarner sind eigentlich unnötig. Kann man machen, muss man aber nicht – das Reine, Unverfälschte passt besser zum MX-5. Zumal er ja auch nicht leichter wird (in der Basis sind es offiziell immer noch 996 Kilo). Ach ja: Welches andere Fahrzeug wurde denn im Lauf seiner Karriere kürzer und flacher?

Er rennt dann halt aber in weniger als 7 Sekunden auf 100 km/h und maximal 220 km/h schnell. Und verbraucht im Alltag, das heisst: meist friedlich, manchmal alles andere als, brav seine 6,5 Liter/100 km (wieder einmal unterbietet ein Japaner die WLTP-Vorgabe – wieso schaffen das andere Hersteller nicht?). Unterdessen ist so ein MX-5 auch autobahntauglich, läuft gut geradeaus, aber am meisten Spass macht er halt weiterhin am Berg, da ist Go-Kart. Wunderbar knackiges 6-Gang-Getriebe, gut abgestimmt, präzise Lenkung, kein Platz für unnötiges Gepäck/Gewicht. Man liest andernorts von fehlendem Komfort, aber wer so etwas empfinden will, hat den Grundgedanken eines Roadster nicht verstanden. (Wir verstehen übrigens den RF mit dem elektrisch betätigten Klappdach nicht.)

Vielleicht können wir die Gattin und die Tochter noch überzeugen, ein paar Worte zum Mazda zu schreiben. Also, ja, da sind sie auch schon:

«Nun, die Gattin mag sehr wohl ein paar Eindrücke zu diesem tollen, kleinen, schnittigen, edlen, charmanten und sympathischen Auto schreiben. Natürlich hatte der kleine Flitzer schon von Beginn an einen äusserst positiven Start, denn er wurde von uns Damen sehnlichst und freudigst erwartet. Unsere gemeinsamen «Mädels-Ferien» standen ja vor der Tür und das Auto war ein Teil des gesamten Arrangements. Die Tochter hatte die zweiwöchige Tour genau geplant, die Destinationen ausgewählt und auch das offene Auto als fixe Komponente eingerechnet. Es sollte ein Roadtrip im Cabrio werden.

Da wurde das Auto also vor die Tür geliefert und unsere Begeisterung war gross. Wir befanden den Mazda als absolut standesgemäss. Beim Blick in den Kofferraum hob sich zwar kurz meine rechte Augenbraue, aber die Ferienvorfreude war grösser – das bringen wir da schon alles irgendwie rein. Danach wurde natürlich das Dach kurz auf- und auch wieder zugeklappt: das ging ja flott. Rein mechanisch. Toll!
Am Morgen, als es dann losgehen sollte, kam allerdings der Zusammenbruch; ein kleiner, kurzer nur. Er endete damit, dass ich meine Reisetasche schon leicht verschwitzt wieder in den obersten Stock trug, relativ planlos mehrere Kleidungsstücke wieder rausriss und nochmal heftig an der Tasche rumdrückte. Jetzt muss es einfach in den Kofferraum passen. Und wir machten es passend.

Unsere erste und längste Etappe hatte die Côte d’ Azur zum Ziel. Aber oft ist ja eben der Weg das Ziel. Wir drehten die Musik auf, öffneten schon sehr bald das Dach und liessen es auch für die nächsten zwei Wochen immer offen für alle Autofahrten. Uns wurde schon schnell klar, dass wir einen Namen für unser tolles drittes Team-Mitglied brauchten. Etwas Edles sollte es sein, dennoch ein wenig verwegen, zierlich, nicht zu pompös, sympathisch, süss: Audrey.
Wir zogen Audrey zwei dünne Strandtücher über die noblen Ledersitze, montierten unsere Sonnenbrillen, versuchten die Problematik mit den Haaren irgendwie in den Griff zu kriegen und fühlten uns ein wenig wie im Film. Wo wir auch anhielten (bei den Maut-Stationen), beim Tanken, in Kolonnen einher rollten oder überholten, stets ernteten wir lächelnde Blicke, Daumen-Hoch oder andere Sympathie-Bekundungen.

Das Fahren mit Audrey machte einfach Spass, spritzig beim Überholen, die 6 Gänge zu bedienen fühlte sich manchmal gar ein wenig „sportiv“ an, das Verbinden des Handys für Sound und Navigation funktionierte reibungslos und auch das Fahren auf der Autobahn mit 160 km/h fühlte sich trotz offenem Dach völlig entspannt an.
Wir hatten einfach unseren Spass.
Am ersten Etappenziel fuhren wir auch in der ersten Querstrasse direkt auf eine freie Parklücke. Diverse SUVs kurvten durch’s Quartier und suchten verzweifelt nach einem passenden Platz für ihren Koloss. Audrey hingegen passte perfekt auch in den knappsten Parkplatz und noch selten habe ich so gerne seitwärts parkiert, denn das Auto ist wirklich sehr übersichtlich und wendig.
Das Aussteigen nach mehreren Stunden Fahrt hatte bestimmt auch etwas «Filmreifes». Vielleicht sind das einfach Ü50-Probleme, aber ich musste jeweils ein paar Hula-Hoop-Trockenübungen machen, ein- bis zweimal die klassische Kniebeuge, um mich danach einigermassen geschmeidig in Bewegung setzen zu können. Danach natürlich kurz der Griff an den Hinterkopf: die von den Windverwirbelungen wild zerzausten Haare wieder in eine halbwegs vernünftige Frisur drücken. Nun – sonnengebräunte Arme, Beine und Gesicht haben eben auch ihren Preis. Wir waren ja im Film.

Die Sorge, dass jemand unserer Audrey in einer dunklen Hintergasse zu nahe kommen könnte, war völlig unbegründet. Das Auto fällt weder auf noch provoziert es. Der Mazda fügt sich total unauffällig einfach in ein grosses Gesamtbild und lässt die Autos rundherum eher protzig wirken. Wir wurden an unserer zweiten Destination, dem hübschen und pittoresken Städtchen Crema, äusserst kompetent und freundlich in Empfang genommen auf dem Dorf-Parkplatz von einem selbstständig arbeitenden Parkwächter-Marktschreier-Touristenhelfer. Er strahlte uns (in unserem Auto) an und begleitete uns durch die technisch komplizierte Parkschein-Löse-Prozedur, verfolgte interessiert und – wie mir schien – beeindruckt auch unsere mehrere Minuten dauernde Auslade-Prozedur (inklusive einleitenden Turnübungen), blieb auch beim Zudecken und Abschliessen des Autos fasziniert an unserer Seite und lächelte uns zu.
Wir verabschiedeten uns von unserem Freund am übernächsten Tag natürlich freundlich, als wir unsere Audrey unversehrt und ohne Parkbusse wieder startklar machten. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir die verschiedenen Stauräume, Klappen und versteckten Fächer zu diesem Zeitpunkt schon total im Griff hatten und optimal auszunutzen wussten. Der Platz hinter den Sitzen ist definitiv ein Geheimtipp: da passt eine enorme Masse an Dreckwäsche hin, zum Beispiel. Man kann aber auch heikle Nudelpackungen oder sperrige Spiele und Bücher dort verstauen. Wir sind eigentlich nur an einem Gepäckstück beinahe verzweifelt: der bunte Volleyball blieb bis zum Schluss ein doch wahnsinnig sperriges Ding, das so manche Tetris-Taktik komplett zunichte machte.

Die Reise führte uns danach an die Lagune von Venedig. Da macht man doch gerne ein Foto – Motiv und Hintergrund passen gut zusammen, fanden wir. Wir mussten Audrey noch mit verschiedenen Vignetten bestücken, damit sie nach einem Abstecher über Wien in die «goldene Stad» Prag einfahren durfte. Auch sonst war es ein strenger Weg für unsere Cabrio-Dame. Wir meisterten die nur aus Kopfsteinpflaster bestehenden Strassen aber «wegweisend» (Navi sei dank) und fanden auch einen würdigen Platz für unsere Wegbegleiterin.
Unsere Reise führte uns dann noch via Hamburg zurück ins heimische Emmental. Insgesamt haben wir ungefähr 4500 km gemeinsam verbracht. Wir würden mit Audrey jederzeit weitere Roadtrips unternehmen und sie als Familienmitglied aufnehmen.»

Mehr fröhliche Fahrzeuge haben wir in unserem Archiv.

3 Kommentare

  1. Gunther Bastner Gunther Bastner

    DAS AUTO!

    Punkt. rechts und links, stehen zwei „Letzte Ausfahrt Aufbahrungshalle auf Rädern“
    am Park-platzt. Irgendwie peinlich. Der MX-5 ist ein 24 7 Auto, wenn man anfängt so
    zu leben und zu denken, wie man ist. Oder würden Sie mit einem 240 Kilo Rucksack
    wandern gehen? Oder und so weiter.
    Leider baut Mazda kein Coupe mit dem Gewicht, etwas länger, damit stimmiger, 2+2
    Sitzer ( kann ja noch werden). Mit dem Motor und dem Getriebe. es gibt kaum vergleichbare. BMW kann es fast nicht mehr..( der 320i, 2015 ist das handgeschaltet Finale. Motor ja eh..) und erst der Porsche Boxxter 2.9er, schaltet manuell sehr schön.
    Aber um 3 Mx-5=$$$$
    2023 bist du mit dem als Hersteller Exot.
    Na ja. danke für den tollen langen Text.
    Habe lang auf einen Mx-5 gespart und seit 3 Wochen ist er mein Vergnügen.
    20 gesunde Jahre ich Ihnen wünsche.
    Bin zum ersten mal auf radical-mag.

    Eine Perle LG 🙂

  2. Christian Christian

    Respekt auch an die Mädels – 4500 km!!! Leider sind sie nicht bildlich dargestellt, denn ich denke mir, die sind miiindestens genauso hübsch wenn nicht hübscher wie ihre Audrey und ich würde gerne deren Gesicht mit dem Grinsen sehen, das nach der Fahrt wohl nur von den Ohren links und rechts begrenzt wird….
    Tolle Leistung, super Bericht und für Mazda wohl eine Supertolle Werbung für den x-5 und eine Megaklatsche für die adipösen Deutschpremiumkachelöfen…
    VG Christian

  3. Arnim Arnim

    Ich habe meinen 96er NA 1.6 im Herbst 2014 für einen echten Spottpreis inkl. Hardtop und Heckträger gekauft und wollte damit nur eine kurze autolose Zeit überbrücken. Fast 10 Jahre später und gut 2x den Kaufpreis investiert ist er immer noch da und gibt regelmäßig Anlass zur Freude. Durch Bayern oder am Rhein entlang cruisen, 2 Wochen im Friaul und in Venetien von Café zur Bar zum Café tingeln: unendlicher Spass. Und geht tatsächlich mal etwas maßgebliches kaputt, sorgt die kleine italienische Werkstatt für schmales Geld für die Weiterfahrt.

    Ein ehemaliger Nachbar hatte unter dem steten Eindruck meines silbernen Roadsters sein Early-Adoptor-Tum mit einem Renault ZOE beendet und sich einen neuen ND vor die Tür gestellt. Auf den ersten Blick ein Plastik-Auto (trotz der für ein offenes Auto unpraktischen Ledersitze), auf den zweiten auch. Kommt nicht auf meine Wunschliste, obwohl technisch sicher einiges an ihm beeindrucken kann. Aber sollte er wirklich mal spontan in die Werkstatt müssen, ob nun in Italien oder anderswo, wird das sicher nichts mit schnell und billig, wie ich von meinem ‚Erstauto‘ der gleichen Gewichtsklasse weiss.

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