Der beste Ferrari?
Die amerikanische Sportwagen-Rennszene der 50er Jahre war grossartig, Teambesitzer mit viel Geld kauften ehemalige Werksrennwagen, einige der legendärsten Fahrer der Geschichte kämpften um Siege und Preisgeld. Unbeeinflusst von Sponsoren-Sorgen oder behördlichen Kontrollen riskierten sie Leib und Leben bei den Veranstaltungen des noch jungen SCCA-Rennen (Sports Car Club of America) der Collier-Brüder, die oft auf alten US-Luftwaffenpisten ausgetragen wurden, die der ehemalige General Curtis LeMay zur Verfügung gestellt hatte. Es war dies eine goldene Ära des Rennsports, in der einige der schönsten und wildesten Rennmaschinen des Jahrzehnts an den Start gingen.

In dieser Szene, zu der so berühmte Persönlichkeiten wie Briggs Cunningham, Tony Parravano, John von Neumann und Jim Kimberly gehörten, genossen nur wenige Teambesitzer mehr Respekt als John Edgar. Edgar wurde in Ohio als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren, deren Unternehmen Küchenmaschinen herstellte. Als junger Mann fuhr er einen Mercer Raceabout und einen Pierce-Arrow, und seine Anfänge im Rennsport machte er im Boot-Rennsport, wo er Anfang der 1930er Jahre Vierzylinder-Aussenbord-Rennboote auf den Flüssen des Mittleren Westens und den Binnengewässern Floridas einsetzte. Doch dieser einzigartige Charakter, der Shakespeare zitierte und Ernest Hemingway persönlich kannte, gab das Wasser auf, nachdem er in der Biscayne Bay von Miami einen schweren Unfall hatte, bei dem er sich alle Rippen brach und eine Niere verlor.

Nach einer kurzen Denkpause nahm Edgar seine Wettkampftätigkeit in einem neuen Umfeld wieder auf – bei Sportwagenrennen. Ursprünglich war er von einer Teilnahme an den Indianapolis 500 fasziniert, aber das mörderische Rennen passten nicht zu einem Mann, der einfach nur Spass haben wollte. So kam es, dass er 1948, nachdem er nach Kalifornien umgezogen war, mit einem aufgemotzten MG TC beim El Mirage Dry Lake Zeitfahren antrat, wo er den damals 21-jährigen Phil Hill schlug. Doch Edgars Zukunft kristallisierte sich heraus, als er beim Rennen in Palm Springs im März 1951 die Ferrari 166 Barchetta von Jim Kimberly sah, der seinen MG Special um zwei Runden deklassierte. Die Rennmaschine aus Maranello war reine Schönheit, pure Kraft, und Edgar wusste, dass er so einen Ferrari haben musste.

Kurz darauf erwarb sein Freund Henry Manney III den Ferrari mit der Chassisummer 0032 MT, einen frühen 340 America, den die Scuderia Ferrari bei der Mille Miglia und den 24 Stunden von Le Mans eingesetzt hatte. Edgar wusste, dass das 4,1-Liter-Vieh mit Lampredi-Motor für seinen Freund zu viel sein würde, und innerhalb eines Monats gehörte der Wagen ihm. Mit Jack McAfee am Steuer begann 0032 MT in den Jahren 1953 und 1954 SCCA-Siege für das aufstrebende Edgar-Team zu holen. Schon bald führte dieser grosse Erfolg dazu, dass Edgar seinen nächsten Ferrari kaufte, den Le Mans-Sieger von 1954, den 375 Plus mit der Chassisnummer 0396 AM. Vom Virus befallen und immer mehr davon besessen, eine SCCA-Fahrermeisterschaft zu gewinnen – was er liebevoll als «das ganze Drumherum» bezeichnete -, kaufte Edgar den Vierzylinder-Ferrari 857 Sport mit Chassisnummer 0588 M. Das gut abgestimmte und von McAfee souverän pilotiete Fahrzeug sicherte Edgar 1956 auch den Sieg in Stockton.

Im Februar 1956 in Palm Springs rannte ein frustrierter Edgar aber gegen eine Mauer aus überwältigender Kraft. Dies in Form des 4,9-Liter-Ferrari 410 Sport (0592 CM) von Tony Parravano, der von einem ehemaligen Hühnerzüchter aus Texas namens Carroll Shelby gesteuert wurde. Dies war der Moment der Inspiration für Edgar, den leistungsstärksten und am weitesten entwickelten Rennwagen zu erwerben, den Ferrari bis dahin produziert hatte, den 410 Sport. Nur in seinen kühnsten Träumen ahnte Edgar, der von der Fachpresse bald «The Kingfish» genannt wurde, dass dieser ehemalige Werkswagen mit der Chassisnummer 0598 CM schon bald vom charismatischen Shelby selbst für das Team Edgar gefahren werden würde – und damit das Vermächtnis des Texaners als einer der talentiertesten Rennfahrer Amerikas festigte.

Doch blicken wir zuerst zurück: Enzo Ferrari war fest entschlossen, sich 1955 die FIA-Sportwagen-Weltmeisterschaft zu sichern. Die letzte Etappe war die Carrera Panamericana, ein zermürbendes, fünftägiges Rennen durch die mexikanische Wildnis auf dem Weg zur Grenze bei El Paso, Texas. Ferrari hatte auf fast allen Rennstrecken überwältigende Erfolge erzielt, mit Ausnahme eben dieser berüchtigten Carrera Panamericana. 1952 wurden mehrere Ferraris von Privatfahrern eingesetzt, darunter drei der neuesten Sportwagen aus Maranello, Berlinetta mit Vignale-Karosserie, die mit dem Lampredi-340-Rennmotor ausgestattet waren. Diese später als 340 Mexico bezeichneten Autos waren vielversprechend, Luigi Chinetti belegte den 3. Rang. Ein Jahr später konnten die verbesserten 340 MM nicht mit den dominierenden D24-Rennwagen von Lancia mithalten, obwohl Umberto Maglioli auf der letzten Etappe des Rennens einen Vorsprung von 10 Minuten herausfuhr. 1954 fuhr Maglioli in einem 375 Plus im Team von Erwin Goldschmitt zum Sieg. John Edgars Einsatz jenes 375 Plus, mit dem Gonzalez/Trintignant 1954 Le Mans gewonnen hatten, endete in einer Tragödie, als der Beifahrer von Jack AcAfee, Ford Robinson, bei einem schweren Unfall ums Leben kam. Diese extrem leistungsstarken Autos waren zu wild, um sie sicher beherrschen zu können, und es bedurfte eindeutig einer weiteren Entwicklung des Fahrwerks, um auf den holprigen und unberechenbaren Oberflächen der Carrera die Kontrolle zu behalten.

Für die Carrera 1955 entwarf Ferrari daher ein völlig neues Fahrgestell, den Typ 519/C. Es bestand aus einem tiefliegenden, röhrenförmigen Spaceframe mit ungewöhnlicher Breite und einem kürzeren Radstand; damit sollten die Unebenheiten der mexikanischen Strassen ausgeglichen werden. Anstatt den 4,9-Liter-Rennmotor des 375 Plus zu einzubauen, entschied sich Lampredi für eine Überarbeitung seines brandneuen V-12-Langhubers, der für den Superamerica-Strassenwagen entwickelt worden war. Mit 4961 cm3 war dies der grösste Motor, der bis dahin je in Maranello gebaut worden war, und in der Rennversion verfügte der Motor vom Typ 126/C über eine Doppelzündung, einen Vierfachverteiler sowie drei riesige Weber-46-DCF-Vergaser mit zwei Drosselklappen – und kam auf fast 400 PS. Dies war eine noch nie dagewesene Leistung für einen Ferrari-Sportwagen – und 40 PS mehr als die ersten beiden 410 Sport (0592 CM und 0594 CM) mit Motoren vom Typ 126 und Weber 42DCZ/4-Vergasern.

Nur zwei 410 Sport wurden nach diesen Spezifikationen gebaut. Sie trugen die Chassisnummern 0596 CM und 0598 CM, wobei das Kürzel CM für «Carrera Messicana» steht. Nachdem die Entwicklung des 410 Sport im Jahr 1955 begonnen hatte, wurden jedoch sowohl die Carrera Panamericana als auch das 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring wegen der Tragödie von Le Mans abgesagt (bei der 83 Zuschauer getötet und weitere 180 verletzt wurden, als ein Mercedes-Benz 300 SLR von der Strecke abkam). Stattdessen stellte Maranello die 410 Sport neu auf, um an der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1956 teilzunehmen. Sie debütierten bei den 1000 km von Buenos Aires im Januar 1956.

Die beiden Fahrzeuge mit den Fahrgestellnummern 0596 CM und 0598 CM wurden von den Teams Peter Collins/Luigi Musso und Juan Manual Fangio/Eugenio Castellotti gefahren. Fangio hatte für 0598 CM eine spezielle Modifikation beantragt, die das Gaspedal zwischen Bremspedal und Kupplung verlegte. Nachdem Castellotti ein Reifenproblem hatte und das Auto zur Reparatur an die Box musste, sprang Fangio in 0598 CM und jagte Stirling Moss im führenden Maserati 300S hinterher. Nachdem Fangio wieder in Führung gegangen war, gab das Differential in der 89. Runde (28 Runden nach dem Ausfall des Getriebes in 0596 CM) seinen Geist auf. Es war zu viel an Kraft, das Tempo von Fangio zu hoch. Beide Wagen wurden zur Überholung ins Werk zurückgeschickt und später im Jahr 1956 an Privatkunden ausgeliefert. Einer davon: John Edgar.

Im Juli 1956 hatte John Edgar Carroll Shelby von der Scuderia Parravano weggelockt. Während er auf die Auslieferung von 0598 CM wartete, errang Shelby für das Team Edgar eine Reihe von Siegen auf kleineren Rennstrecken, darunter das «Race to the Clouds» in Mount Washington, New Hampshire, das Laurel Run Hillclimb, das Brynfan Tyddyn und das Breakneck Hillclimb ausserhalb von Cumberland, Maryland. Die Hauptattraktion sollte jedoch per Luftfracht im August 1956 in San Francisco eintreffen, wo der unermüdliche Teammechaniker und Spediteur Joe Landaker den 410 Sport abholte und ihn zur Seafair-Veranstaltung nach Bremerton, Washington, transportierte. Bei seinem ersten Rennen in 0598 CM holte Shelby gleich den grossen Pot und legte damit den Grundstein für viele weitere Siege in der Zukunft.

Mit Shelbys Siegen kamen auch Telegramme von Enzo Ferrari, der anscheinend ein aktives Interesse an Shelbys anhaltendem Erfolg am Steuer von 0598 CM hatte und John Edgar bei mehr als einer Gelegenheit gratulierte. Beim SCCA-Saisonfinale in Palm Springs Anfang November trat Edgar mit sechs Fahrzeugen an, um die Meisterschaft zu gewinnen. Der 410 Sport wurde von der Presse als «Edgars Modena-Monster» bezeichnet, und mit Shelby am Steuer schien es kein Rennen zu geben, das er nicht gewinnen konnte. Shelby sagte zu einem Reporter der Los Angeles Times: «Nichts kann diesem Ferrari etwas anhaben, wenn er läuft». Jahrzehnte später fügte er hinzu: «Es war der beste Ferrari, den ich je gefahren bin.» Edgars Sohn William, der die ganze Geschichte aus der ersten Reihe miterlebte, schrieb im Laufe seiner Karriere als Motorsportjournalist viele Male darüber und fasste später zusammen: «Das Auto war die perfekte Verbindung zu Shelby – frech, kraftvoll, brillant darin, wie es die Konkurrenz vernichten konnte. Ihn laufen zu sehen war atemberaubend. Nein, beängstigend.»

Shelby holte sich die Pole Position für das Vorrennen am Samstag in Palm Springs. Er stand einem starken Feld gegenüber, zu dem auch Phil Hill in einem Ferrari 857 Sport gehörte, der gerade sein erstes Jahr im Ferrari-Werksteam hinter sich hatte (das 1956 die FIA-Sportwagenweltmeisterschaft nach Maranello brachte). Nach einem stehenden Start um 15.00 Uhr übernahm Bill Murphy in seinem Kurtis mit Buick-Triebwerk die Führung, wurde jedoch schnell von Shelby und Hill überholt. In den Kurven behielt Hills agiler 857 S die Oberhand, während Shelby hart bremsen musste, und auf den Geraden gab Carroll mit seinem 5-Liter-Motor Stoff, um die Führung zurückzuerobern. Dieses Muster wiederholte sich während des Rennens immer wieder, wobei Shelby am Ende jeder Runde als Erster ins Ziel kam. In der letzten Runde kämpften die beiden Autos Seite an Seite, bis Shelby mit nur einer halben Sekunde Vorsprung vor Hill zum Sieg rauschte. Shelby scherzte später, dass er mit seinem PS-Monster jederzeit einen grösseren Vorsprung auf Hill hätte herausfahren können, aber er habe zu viel Spass an ihrem epischen Duell gehabt. Der Texaner gewann das Rennen und krönte damit eine Saison, in der er 40 verschiedene Veranstaltungen, darunter 18 Hauptrennen, gewann. Vier Monate später zierte sein ansteckendes Grinsen die Titelseite des Magazins Sports Illustrated, das ihn zum US-Sportwagenfahrer des Jahres 1956 kürte – seine Berühmtheit hatte sich auf eine grössere Bühne verlagert.

Anfang Dezember 1956 wurde 0598 CM zur Bahamas Speed Week nach Nassau verfrachtet. Der Asphalts war rau, mit zerkleinerten Korallen durchsetzt, das Team Edgar bestellte einen Satz belgischer Englebert-Reifen, um die Standard-Pirelli zu ersetzen. Shelby begann stark, gewann das Freitagsrennen der Governor’s Trophy und nahm sich am Samstag frei, um sich für das 200-Meilen-Hauptereignis der Nassau Trophy am nächsten Tag auszuruhen. Na ja, er spielte Football mit einer Kokosnuss und verletzte sich an rechte Schulter. Dazu kam mehr Englebert-Verschleiss als erwartet. Trotzdem kämpfte er mit Stirling Moss, Masten Gregory und Marquis de Portago um die Spitze, gab aber dann nach ungeplanten Reifenstopps und unter grossen Schmerzen 70 Meilen vor Schluss auf.

Zu Beginn der Saison 1957 setzte John Edgar seine Hoffnungen weiterhin auf Shelby im 410 Sport, und obwohl Carroll sich bei einem verregneten Rennen in Pomona im Januar nicht qualifizieren konnte, gelangen ihm im Februar in New Smyrna Beach, Florida, zwei Siege. So kam es zu einem epischen Duell beim Gran Premio de Cuba, einem 310-Meilen-Rennen über 90 Runden durch die Strassen von Havanna und entlang des Malecón am Strand. John Edgar filmte das Rennen vom Balkon seines Hotelzimmers aus und beobachtete, wie Shelbys 410 Sport sich gegen Portago behauptete und schliesslich mit 60 Sekunden Rückstand auf Juan Manuel Fangios Maserati 300S den zweiten Platz belegte.

Von diesem Zeitpunkt an begann Edgar, Maserati zu umwerben und stimmte schliesslich einem Deal zu, bei dem Shelby einen 450S, Modenas gewaltigen neuen Sportwagen, pilotieren sollte. Maserati hatte aber Schwierigkeiten, das Auto zu liefern, und bot stattdessen einen 300S als Leihwagen an. Da der Vertrag mit Maserati vorsah, dass Shelby unter keinen Umständen einen Ferrari fahren durfte, begnügte sich Edgar damit, Phil Hill im 0598 CM für die Hawaii Speed Week im April 1957 einzusetzen. Hill war der schnellste Fahrer in der berüchtigten «Radarfalle» auf dem Luftwaffenstützpunkt Dillingham im Norden von Oahu, wo er eine atemberaubende Höchstgeschwindigkeit von 165,12 Meilen (ca. 265 km/h) erreichte. Nach einigen nächtlichen Telefongesprächen mit Barbara Hutton erklärte sich Edgar jedoch bereit, ihren Sohn Lance Reventlow den Porsche 550 des Teams Edgar fahren zu lassen, während Hills Teilnahme an dem Rennen mit dem Edgar-Ferrari unerklärlicherweise abgesagt wurde. Einen Monat später belegte Hill den 3. Platz beim Rennen in Santa Barbara, wo die kurze, kurvenreiche Strecke die Stärken des 410 Sport auf langen Geraden zunichte machte – kurz darauf verliess Hill das Edgar-Team für immer, um für die Scuderia Ferrari in Le Mans zu fahren.

John Edgar hatte fast eine halbe Million Dollar in den Bau des neuen Riverside International Raceway gesteckt, und nachdem Shelby bei einem Unfall mit einem der Edgar-Maseratis verletzt worden war, musste Richie Ginther im Ferrari 410 Sport bei der Premiere der Rennstrecke im September 1957 antreten. Vom 5. Platz in der Startaufstellung aus sah sich Ginther einer beängstigenden Konkurrenz gegenüber, darunter Chuck Daigh in einem Troutman-Barnes Special, Bob Drake in einem Ferrari 375 Plus und Pete Woods in einem Jaguar D-Type. Doch Ginther liess sich nicht beirren und übernahm nach 22 Runden die Führung, die er am Steuer des 0598 CM nicht mehr abgab – und damit das erste Rennen in Riverside überhaupt gewann. Richie Ginther fuhr mit 0598 CM auch den Rest der Saison 1957, die auf der Bahamas Speed Week endete. Ginther erreichte in Nassau mehrere zweite Plätze und insgesamt vier verschiedene Top-5-Ergebnisse.

1958 gab es weniger Action für den 410 Sport, obwohl es mit dem Gran Premio de Cuba aufregend begann. Die kubanischen Rebellen unter Fidel Castro bereiteten der Regierung Battista bekanntlich ziemliches Kopfzerbrechen, indem sie Fangio entführten und beinahe auch Moss erwischten. Masten Gregory fuhr den Edgar 410 Sport mit Bravour, überholte Stirling Moss in einem Ferrari 335S und baute seinen Vorsprung aus. Nachdem ein Ferrari wegen einer Ölspur von der Strecke abgekommen und in die Zuschauermenge gerast war, wurde das Rennen mit roter Flagge und Gregory auf Platz 1 abgewunken. Im Glauben, das Rennen gewonnen zu haben, nahm er das Gas weg. Moss zog mit voller Geschwindigkeit an ihm vorbei, und ein verwirrter Gregory sah entsetzt zu, wie die Zielflagge Moss als Sieger anwinkte. Moss erklärte dem wütenden Gregory, der als Zweiter ins Ziel kam, kurz darauf, dass nach den Regeln für rote Flaggen die letzte Runde zu Ende gefahren werden muss, bevor das Rennergebnis ermittelt wird. Moss anerkannte, dass Gregory das Rennen gewonnen hätte, wenn er nicht über diese Formalität gestolpert wäre, und teilte als wahrer Gentleman das Preisgeld mit dem Amerikaner.

Carroll Shelby verlangte eine letzte Fahrt in seinem vertrauten 0598 CM, nachdem der Maserati 450S wegen mechanischer Probleme vor dem Hauptrennen in Palm Springs im April 1958 ausser Gefecht gesetzt worden war; er brach damit die Vertragsbedingungen von Maserati. Zurück in den Händen von Shelby, schlug sich der 410 Sport achtbar und belegte den 2. Platz. Über seine Zeit mit Edgar und dem 410 Sport sagte Carroll Shelby später zu William Edgar: «Das Rennfahren in den 1950er Jahren war wirklich und wahrhaftig eine der besten Zeiten meines Lebens. Es war eine Ära, die vorbei ist und nie mehr zurückkehren wird.»

Im Oktober nahm Masten Gregory zusammen mit der jungen schwedischen Fahrer Joakim Bonnier am Los Angeles Times Grand Prix in Riverside teil und belegte in der Gesamtwertung Platz 11 und in der Klasse Platz 3. Der Schwanengesang für 0598 CM für das Team Edgar fand zwei Monate später in Nassau bei der Bahamas Speed Week 1958 statt, wo Bruce Kessler den Wagen am Samstag im Ferrari-Rennen zum Sieg fuhr. Nach seiner glänzenden Rennkarriere verkaufte John Edgar 0598 CM 1960 an Luigi Chinetti. Der Wagen wurde aus dem Ruhestand geholt und für das Daytona Continental 3 Hours 1963 für NART-Fahrer «Fireball» Roberts vorbereitet. Die Regularien hatten sich jedoch geändert, seit 0598 CM das letzte Mal auf der Strecke war. Die Regeln besagten nun, dass die Autos ein festes Dach haben mussten, was die Anfertigung eines kruden Hardtops erforderte, damit 0598 CM antreten konnte. Nachdem sich in den Trainingsrunden herausstellte, dass das improvisierte Hardtop das Auto zu sehr verlangsamte, um sich zu qualifizieren, ging 0598 CM zurück in den Ruhestand und Roberts fuhr stattdessen einen Ferrari 250 GTO.

Chinetti behielt den 410 Sport zwei Jahrzehnte lang und verkaufte das Auto schließlich 1980 an Howard Cohen. 1984 wurde der Ferrari an Don Walker verkauft, 1987 dann vom Hotelier Bill Marriott erworben und ein Jahr später an den Schweizer Sammler Engelbert Stieger von der Turning Wheel Collection verkauft. Auch nach dem Erwerb durch den prominenten Ferrari-Sammler Chris Cox im Jahr 2005, der den 0598 CM beim Goodwood Festival of Speed 2005 fuhr, trat der 410 Sport weiterhin auf Rennsport-Veranstaltungen auf. Im Januar 2006 wurde der Ferrari von Chris Cox durch den aktuellen Besitzer erworden – im August 2022 von RM Sotheby’s in Monterey versteigert. Für die Kleinigkeit von 22’005’000 Dollar.
Weil es ja nicht so viele sind, wollen wir doch die anderen Ferrari 410 Sport auch noch zeigen. Zu #0594CM haben wir schon eine ausführliche Geschichte, hier.

Und dann steht bei Copley Motorcars #0592CM zum Verkauf (Mai 2024), also das Parravano-Auto (die Geschichte von Tony Parravano haben wir hier, ausführlich, ein Genuss, quasi Pflichtlektüre…). Nachdem Tony verschwunden war, übernahm sein Vertrauter Javier Velasquez den Wagen, verkaufte ihn 1971 an Robert Dusek, der doch bis 2008 Freude daran hatte. #0592CM kam dann 2008 zu Friederich Loh und 2014 über Rick Cole zu Leslie Wexner (der anscheinend seine Sammlung auflöst). Auch ein gutes Stück:
















Fehlt noch: #0596CM. Kommt dann auch noch – ein paar andere Ferrari finden Sie in unserem Archiv.
Ein wunderbarer Artikel der viel Freude bereitet. Lieben Dank!
Toller Artikel, gute Recherche. Danke!