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Ferrari 121 LM

Halbe Portion?

Selbstverständlich gibt es auch Ferrari mit weniger als 12 Zylinder, aktuell sogar einige – und der Mondial 500 hatte gar nur deren vier. Das Fahrzeug, von dem hier die Rede sein soll, hat nur sechs – und eine sehr eigenartige Bezeichnung. Denn eigentlich bei allen Ferrari der frühen Jahre gab die Zahl in der Bezeichnung auch den Inhalt eines einzelnen Zylinders an, ein Ferrari 250 hatte also drei Liter Hubraum. Der 121 LM nun, den wir hier vorstellen, hat aber 4,4 Liter Hubraum aus nur sechs Zylindern, müsste also eigentlich 733 heissen. Weshalb Ferrari auf 121 gekommen ist, das weiss man nicht, der Vorgänger hatte 118 geheissen (und hatte über 3,7 Liter Hubraum verfügt). Diese beiden Sechszylinder basierten auf dem Vierzylinder des schon erwähnten Mondial 500, es wurden der Maschine von Aurelio Lampredi einfach noch zwei Zylinder angehängt.

Der hier gezeigte Wagen mit der Chassisnummer #0546LM hatte seine Karriere eigentlich als 118 LM begonnen, sein erstes und einziges Rennen mit dem 3,7-Liter-Sechszylinder war die Milla Miglia im Jahr 1955. Das Ziel erreichte der Ferrari, gesteuert von Paolo Marzotto, allerdings nicht, kurz nach Start explodierte ein Reifen bei deutlich über 200 km/h. Sofort nach der Mille Miglia wurde #0546LM der 4,4-Liter-Sechszylinder eingebaut – und deshalb gilt der Wagen heute als einer von nur vier gebauten 121 LM. Mindestens 330 PS brachte der von Scaglietti eingekleidete Wagen auf die Strasse, auf der langen Gerade in Le Mans schaffte er fast 300 km/h.

Doch auch mit dem neuen Namen hatte der Ferrari kein Rennglück. Bei den 24 Stunden von Le Mans im Jahr 1955 mussten Maurice Tritignant/Harry Schell nach 10 Stunden aufgeben. Er wurde nach Amerika verkauft, wo Ernie McAfee ein paar Siege einfahren konnte – und im April 1956 bei einem Rennen in Pebble Beach nach einem Unfall verstarb. In den folgenden Jahren liess der Besitzer, William Doheny, Chef von Superior Oil, den Wagen wieder restaurieren – und so präsentiert er sich heute.

Dieser Ferrari 121 LM kam am 18. August 2017 bei RM Sotheby’s in Monterey unter den Hammer. Erwartet wurden mindestens 6,5 Millionen Dollar – nicht so schlecht für eine halbe Portion. Zugeschlagen wurde er für 5,72 Millionen Dollar. Sechs Jahre später, wieder bei RM Sotheby’s, gleiches Auto, jetzt aber: rot. Und Verkaufspreis: 5,74 Millionen Euro.

Aber eben, es gab ja vier, neben #0546LM auch noch #0484LM, #0532LM und #0558LM. Das älteste Exemplar, #0484LM, steht bei Coply Motorcars zum Verkauf (Mai 2024 – es macht den Eindruck, als ob sich Leslie Wexner von seiner beeindruckenden Ferrari-Sammlung trennt). Es ist dies ein aussergewöhnliches Fahrzeug, es begann sein Leben 1954 als «306 S» (eine inoffizielle Bezeichnung, die sich auf den 3-Liter-Sechszylinder bezog), wurde kurz darauf zum «446 S» (3,7 Liter Hubraum) und als solcher bei den 1000 Kilometern von Buenos Aires 1955 eingesetzt. 1955 wurde im Werk der Radstand von 2,26 auf 2,4 Meter verlängert, Taruffi gewann damit den Giro di Sicilia und schied bei Mille Miglia aus. Mitte der Saison wurde #0484LM dann zum 121, erhielt auch eine neue Karosserie von Scaglietti – und wurde an Tony Parravano verkauft. Als Tony nach Mexiko verschwand, drehte der Ferrari ein paar Runden durch undurchsichtige Besitzverhältnisse und kam 1959 zu Bob Sorell, dem ehemaligen Mechaniker von Parravano. Der den Ferrari (und alles andere) 1985 an DK Engineering verschacherte. Von da wiederum kam der 121 LM 1986 zu Peter G. Sachs, der ihn komplett restaurieren liess – und ihn viele Jahre später an Leslie Wexner verkaufte. Der ihn nun loswerden will.

Mehr Ferrari haben wir alleweil in unserem Archiv.

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