Jetzt wird es irr (2)
Diesen Titel, jetzt wird es irr, hatten wir erst dieser Tage, auch bei einem Porsche, einem Ruf CTR «Yellowbird», für den mindestens sechs Millionen Dollar erwartet werden. Nun braucht es das schon wieder, jetzt geht es um diesen Porsche 959 Sport, Chassis-Nummer WP0ZZZ95ZJS905016 – und wieder geht es um einen absurden Betrag, denn RM Sotheby’s hat dieses Fahrzeug mit einem Schätzpreis von 5,5 bis 6,5 Millionen Dollar angeschrieben.



Jetzt einfach mal unter uns Klosterschwestern: Ja, ich bin nicht mehr der Jüngste, aber ich kann mich gut dran erinnern, dass diese 959 für weniger als ein Viertelmilliönchen, manchmal sogar fünfstellig zu haben waren – und trotzdem standen wie Blei. Das wollte niemand, viel zu teuer im Unterhalt, zu problematische Technik, oft wurden sie weggestellt, weil sich die Reparatur nicht lohnte. Vor etwa zehn Jahren begannen die Preise sanft anzuziehen, vor fünf Jahren erreichten richtig gute Exemplare dann die Million, das hat sich noch verdoppelt, blieb aber in den vergangenen zwei Jahren einigermassen konstant bei etwa zwei Millionen. Und jetzt, aus dem Nichts, quasi das Dreifache?



























Gut, wir haben es hier mit einem von nur 29 Sport zu tun (insgesamt gab es wohl 292), 100 Kilo leichter, keine Klima, kein Radio, kein adaptives Fahrwerk (eh nur eine Problemzone). Er hat auch nur gerade 3757 Meilen auf dem Tacho, eine noch überblickbare Reihe von Besitzern; er war lange in der Schweiz. Aber mindestens 5,5 Millionen Dollar? Für die Hälfte gibt es übrigens einen 959 SC von Canepa mit 825 PS, siehe hier. Oder einen Ferrari F40.









Die ganze Geschichte und die Sammlung der Porsche 959 gibt es hier, seltene 911 hier, das Archiv: hier.
Für das Geld gibt es dann schon irgendwann einen 250 SWB. Da sollte die Wahl nicht schwer fallen.
Ja, der 959 ist ein Hypercar, sogar eines, was man benutzen kann.
Ja, der 959 war ein unglaublicher Technologieträger.
Ja, der 959 war unglaublich schnell, für seine Zeit extrem modern, viel besser zu fahren als ein F40, nahm diverse Entwicklungen des 911 vorweg, war sicher von Anfang an auch eines dieser unseligen Spekulationsobjekte.
Aber er war unfaßbar häßlich und ist es auch bis heute!
Die wahnsinnig schöne, funktionale und puristische Form des 911 wurde zu einem riesenhaften Geschwulst verunstaltet, am schlimmsten ist die Heckansicht, die abfallende, elegante Dachlinie des Elfers versinkt in dem riesigen, viel zu langen und schrecklich breiten „Heckbalkon“, von vorne sieht er aus wie ein etwas debil dreinschauendes Nilpferd.
Und innen hat er das Flair eines mittelprächtigen Kongreßhotels auf der Schwäbischen Alb mit modisch-frech gestreiften Polstermöbeln.
Nein, ich wollte ihn nie haben und das hat sich auch nicht geändert, auch wenn er grün ist und von Canepa überarbeitet wurde.
Weder für 500.000 bis 600.000 $ noch für 5 bis 6 Millionen $.
Von dieser Summe könnte man sich eine feine, kleine Porsche-Sammlung zusammenstellen:
356 Speedster, 356 A Coupé, 901, 911 Softwindow-Targa, 911 2,7 RS, 911 Carrera 3,2, 964 Speedster, 993 Turbo WLS, 986 Boxster, unbedingt in Tannengrün-Metallic, 996 GT3 Clubsport, 997 Coupé, 991 GT3 Touring.
Das dürfte sich ungefähr ausgehen mit der Summe und eine schöne, alte Fabrikhalle mit Alarmanlage und ein generalüberholter, konservierter Audi RS 2 für den Familienausflug ist vermutlich auch noch drin.