«Die Schweiz ist klein, aber die Erwartungen sind riesig»
radical: Sie haben schon überall auf der Welt gearbeitet. Was macht den Schweizer Markt so besonders, jetzt, wo Sie hier ansässig sind? Wie unterscheidet er sich von anderen Märkten?
Jesus Fernandez de Mesa: Die Schweiz ist ziemlich einzigartig. Es ist zwar ein kleiner Markt, aber einer der reifsten und wettbewerbsintensivsten. Die Kunden hier sind sehr gut informiert – sie wissen genau, was sie wollen und was sie von einer Automarke erwarten. Die Schweizer recherchieren gründlich, denken langfristig und legen vor allem Wert auf Qualität und Zuverlässigkeit. Sie sind auch sehr interessiert an Technologie und Nachhaltigkeit – insbesondere wenn es um Elektrifizierung geht. Es ist kein Markt, der blind Trends folgt. Schweizer Kunden nehmen sich Zeit, analysieren die Details und bleiben, sobald sie eine Entscheidung getroffen haben, dabei. Das macht es herausfordernd, aber auch sehr lohnend.
radical: Wie beeinflusst das Ihre Herangehensweise?
Fernandez de Mesa: Das bedeutet, dass wir uns ihr Vertrauen jeden Tag neu verdienen müssen. Wir können uns nicht einfach auf eine globale Strategie verlassen – wir müssen uns an das anpassen, was hier Sinn macht. Die Schweiz ist klein, aber die Erwartungen sind riesig. Der Wettbewerb ist intensiv. Die Menschen vergleichen alles – Servicequalität, Zuverlässigkeit, Technologie, Kundendienst, sogar die Kommunikation der Marke. Deshalb müssen wir sehr präzise sein. Gleichzeitig ist es ein Markt, der bereit für Innovationen ist. Die Menschen hier sind wirklich neugierig auf neue Lösungen – insbesondere im Bereich Elektromobilität.
radical: Apropos Elektrifizierung: Wie sehen Sie die Aussichten für den Elektromarkt in der Schweiz?
Fernandez de Mesa: Ich bin sehr optimistisch. Die Elektrifizierung in der Schweiz schreitet schneller voran, als viele denken. Der Marktanteil ist noch relativ gering, aber er wächst jeden Monat. Wir bringen starke Produkte auf den Markt und sehen bereits grosses Interesse. Der ES90 zum Beispiel ist ein wichtiger Schritt für uns – er ist mehr als nur ein weiteres Modell, er ist ein Symbol dafür, wohin Volvo sich entwickelt. Wir haben auch den EX30, der ein etwas anderes Segment anspricht, aber dieselbe Philosophie vertritt: Sicherheit, Leistung und Nachhaltigkeit in einem Paket zu vereinen.
radical: Lassen Sie uns mehr über den ES90 sprechen – warum ist er so wichtig für Volvo?
Fernandez de Mesa: Der ES90 verkörpert wirklich das nächste Kapitel von Volvo. Er basiert auf einer völlig neuen 800-Volt-Architektur, die klare Vorteile in Bezug auf Ladegeschwindigkeit und Effizienz mit sich bringt. Man kann sehr schnell laden – praktisch in der Zeit, die man braucht, um einen Kaffee zu holen. Die Reichweite ist stark, die Leistung ist ausgezeichnet und das Auto ist unglaublich raffiniert. Es geht nicht darum, Zahlen zu jagen, sondern darum, ein nahtloses Erlebnis zu bieten. Für mich ist es auch ein Statement: Volvo ist bereit für das vollelektrische Zeitalter, und wir gehen unseren eigenen Weg – verantwortungsbewusst, sicher und schön.
radical: Wie haben die Kunden bisher reagiert?
Fernandez de Mesa: Sehr positiv. Viele unserer Kunden sind neugierig, aber vorsichtig. Sie hören seit Jahren von Elektroautos, wollen aber sicher sein, dass sie in ihrem Alltag funktionieren. Wir zeigen ihnen, dass sich die Infrastruktur rasch verbessert – Schnellladestationen gibt es mittlerweile überall – und dass die Reichweite den täglichen Bedarf mehr als abdeckt. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es einfach ist. Ich bin kein Ökonom, sondern ein Elternteil mit Kindern, einem vollen Terminkalender und vielen Fahrten. Und ich mache mir keine Sorgen mehr um die Reichweite. Neunundneunzig Prozent der Menschen fahren nicht mehr als ein paar hundert Kilometer pro Tag. Wenn man das einmal begriffen hat, kann man sich entspannen.
radical: Dennoch zögern viele Menschen. Wie können Sie ihnen bei der Umstellung helfen?
Fernandez de Mesa: Aufklärung ist der Schlüssel. Man kann nicht einfach jemandem ein Elektroauto geben und sagen: «Viel Glück.» Wir müssen diesen Weg gemeinsam mit dem Kunden gehen. Ihnen zeigen, wie man auflädt, wie man Reisen plant, was in den verschiedenen Jahreszeiten zu erwarten ist – einfach alles. Als ich mein erstes Elektroauto bekam, fuhr ich ohne grosse Planung von der Schweiz nach Spanien. Ich brauchte um einiges länger als sonst! Aber auf dem Rückweg, nachdem ich gelernt hatte, wie man das Aufladen und die Routen plant, habe ich Stunden gespart. Wenn man es einmal verstanden hat, wird es ganz einfach. Das ist es, was wir tun müssen – den Menschen ein gutes Gefühl geben, ihnen Selbstvertrauen vermitteln und sie informieren.
radical: Es geht also ebenso sehr um eine Änderung der Gewohnheiten wie um eine Änderung der Technologie?
Fernandez de Mesa: Genau. Und das erfordert Zeit, Geduld und Unterstützung. Wir tragen eine grosse Verantwortung – nicht nur Autos zu verkaufen, sondern auch aufzuklären. Das gilt für unsere Kunden, unsere Volvo Partner und sogar für uns selbst. Auch innerhalb von Volvo lernen wir dazu. Wir ermutigen alle, vom Management bis zu den Verkaufsteams, täglich Elektroautos zu fahren. Man kann nicht über Elektromobilität überzeugen, wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Man muss seinen Worten Taten folgen lassen. Und ich glaube, dass Kunden diese Authentizität wirklich wahrnehmen.
radical: Sie haben vorhin erwähnt, dass 2024 ein starkes Jahr für Volvo in der Schweiz ist. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Fernandez de Mesa: Ja – 2024 wird wahrscheinlich das beste Jahr, das wir je in Bezug auf Kundenzufriedenheit und Ergebnisse hatten. Wir sind nicht nur im Verkauf gewachsen, sondern auch in der Art und Weise, wie wir mit Menschen in Kontakt treten. Wir haben unser Geschäftsmodell modernisiert, die Effizienz unseres Netzwerks verbessert und die Interaktion mit Kunden viel transparenter gestaltet. Ich denke, das ist entscheidend – denn Vertrauen und Klarheit sind es, die das Volvo-Erlebnis ausmachen.
radical: Und was sind Ihre Erwartungen für 2025 und darüber hinaus?
Fernandez de Mesa: 2026 wird ein weiterer Meilenstein sein. Wir werden ein ganzes Jahr lang sowohl den EX30 als auch den EX90 verkaufen, was einen grossen Unterschied machen wird. Weltweit ist Volvo stärker denn je, und das spiegelt sich auch in der Schweiz wider. Mein persönliches Ziel – vielleicht ist es ein Traum – ist es, hier einen Marktanteil von etwa fünf Prozent zu erreichen. Es ist mir nicht so wichtig, der Grösste zu sein, sondern der Beste in dem, was wir tun. Für ein kleines Land wie die Schweiz würden fünf Prozent viel bedeuten – es würde zeigen, dass wir etwas Nachhaltiges aufgebaut haben.
radical: Einige Länder fördern Elektroautos mit Subventionen. Die Schweiz tut dies nicht – ist das ein Nachteil?
Fernandez de Mesa: Ich glaube nicht. Eigentlich finde ich das sogar ziemlich gesund. Subventionen können eine künstliche Nachfrage schaffen, und wenn sie wegfallen, sinkt das Vertrauen. Die Kunden warten dann auf die nächste Regierungspolitik, anstatt einfach eine Entscheidung zu treffen. In der Schweiz kaufen die Menschen Elektroautos, weil sie sie wollen – weil es Sinn macht. Das ist viel stabiler. Natürlich gibt es noch Verbesserungspotenzial bei der Infrastruktur – zum Beispiel, um das Laden zu Hause zu vereinfachen oder die Installationen zu standardisieren. Aber insgesamt erscheint der Ansatz der Schweiz solide und eigenständig.
radical: Der Fokus sollte also eher auf Infrastruktur und Aufklärung liegen als auf Anreizen?
Fernandez de Mesa: Genau. Machen Sie es einfach, machen Sie es sichtbar, und die Menschen werden sich ganz natürlich daran gewöhnen. Auch wir als Hersteller müssen helfen. Wenn wir beispielsweise ein Auto ausliefern, sollten wir sicherstellen, dass die Kunden wissen, wie sie alle Funktionen nutzen, wie sie richtig laden und wie sie Fahrten planen können. Es ist, als würde man jemandem das Autofahren neu beibringen – nur geht es diesmal um Energiemanagement statt um Gänge. Je mehr wir die Menschen bei diesem Übergang unterstützen, desto schneller wird der Markt reifen.
radical: Wie wird die Digitalisierung Ihrer Meinung nach die Kundenbeziehungen verändern?
Fernandez de Mesa: Das ist eine grosse Veränderung. Der Kaufprozess ist digitaler denn je – die Menschen recherchieren online, konfigurieren ihre Autos online und wickeln sogar die Finanzierung digital ab. Das bedeutet aber nicht, dass der menschliche Kontakt verschwindet. Ich glaube sogar, dass die persönliche Interaktion noch wichtiger wird. Der Kauf eines Autos ist nach wie vor einer der emotionalsten und bedeutendsten Käufe im Leben eines Menschen – gleich nach dem Kauf eines Hauses. Die Menschen wollen Ihnen vor der Unterzeichnung in die Augen schauen. Sie wollen Vertrauen spüren. Die Zukunft ist also hybrid: digitale Tools für Komfort, menschliche Beziehungen für Vertrauen.
radical: Lassen Sie uns über den Wettbewerb sprechen. Es kommen ständig neue Marken auf den Markt – chinesische, europäische, amerikanische. Wie sehen Sie das?
Fernandez de Mesa: Wettbewerb ist gut. Er hält alle auf Trab und motiviert uns, uns zu verbessern. Wir begrüssen ihn – solange er fair und nachhaltig ist. Tatsächlich arbeiten wir sogar mit einigen Partnern bei Technologie- oder Lieferketteninitiativen zusammen. Die Branche verändert sich schnell, und niemand kann mehr alles alleine machen. Das Wichtigste ist, seinen Werten treu zu bleiben – für uns sind das Sicherheit, Nachhaltigkeit und skandinavisches Design.)*
radical: Eine letzte, etwas leichterere Frage: Wenn Sie mit einem Volvo durch die Alpen fahren könnten, welches Modell würden Sie wählen?
Fernandez de Mesa: (lacht) Diese Frage gefällt mir. Wenn ich mich rein nach dem Vergnügen entscheiden müsste, würde ich ein klassisches Volvo C70 Cabrio wählen – Frühling, offenes Verdeck, Bergstrassen, Sonnenschein. Das ist Freiheit. Aber wenn wir über den Alltag sprechen, würde ich wahrscheinlich den EX60 wählen. Er ist komfortabel, geräumig, elektrisch und perfekt für Schweizer Strassen geeignet. So oder so, solange es ein Volvo ist, weiss ich, dass es eine grossartige Fahrt wird.
Es ist dies eine Story aus radical#5, der dortigen, bezahlten Volvo-Beilage. Mehr schöne Geschichten haben wir im Archiv.


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