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Renault 4, damals

Bewahren

Wenn Testfahrer und Ingenieure ihren Probanden einen Namen geben, dann sind sie nicht bloss an der Arbeit, sondern ein bisschen – verliebt? Als Renault Ende der 50er-Jahre mit der Entwicklung des R4 begann und das Fahrzeug auf die damals ausgedehntesten Erprobungsfahrten (2,9 Millionen Kilometer) rund um die Welt schickte, nannten die Piloten den neuen Wagen liebevoll: Marie-Chantal. Marie-Chantal war eine Revolution, für die (französische) Autoindustrie von eminenter Wichtigkeit. Die Idee dazu hatte Pierre Dreyfus, seit 1955 président-directeur général (PDG) der halbstaatlichen Renault S.A., nachdem er in einem Zeitungsartikel etwas über die demographische Entwicklung der französischen Bevölkerung gelesen hatte. Nicht nur immer mehr potenzielle Kunden würde es geben, war da anscheinend zu lesen, sondern vor allem immer mehr junge Familien mit relativ geringem Einkommen, aber vielen Kindern.

Die Öffentlichkeit sah den R4 am 28. August 1961 zum ersten Mal, als 200 weisse Exemplare um den Eiffelturm kreisten. Vor allem aber war der R4 die weltweit erste Kombi-Limousine mit vier Türen, einer grossen Heckklappe, einem erstaunlich geräumigen Kofferraum und einem variablen Innenraum. Dieses Konzept erwies sich als so erfolgreich, dass über die Jahre kaum Modifikationen erforderlich wurden. 31 Jahre lief der R4 fast unverändert vom Band. Stolze 8’135’424 Stück wurden in 28 Ländern gebaut sowie in über 100 Staaten dann auch noch verkauft. Renault schaffte mit dem R4 den Schritt in die Globalisierung – und in die Herzen nicht nur der Franzosen. Marie-Chantal wurde von Professoren genau so gefahren wie von den Studenten, er war Familienkutsche und bei Bedarf auch Nutzfahrzeug, er ist heute noch Liebeslaube und Möbelwagen.

Bloss: Viele R4 sieht man leider nicht mehr. Und deshalb darf man sich über jedes Exemplar, das man noch sieht, freuen. Und falls man/frau noch eines besitzt: es bewahren. Das ist man jeder Marie-Chantal gegenüber verpflichtet, sie ist ein Kulturgut, ein wichtiger Teil der (französischen) Geschichte, Ausdruck eines positiven Lebensgefühls. Zudem ist das Bewahren von klassischen Automobilen auch eine Form von Nachhaltigkeit: Alles, was man nicht neu zu kaufen braucht, schont Ressourcen. Man kann aber auch einfach ein bisschen verliebt sein in Marie-Chantal, sie kennt das.

Mehr Renault haben wir in unserem Archiv. (Und es kommt dann auch noch die grosse Geschichte des Renault 4, die ging nach technischen Problemen verloren.)

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  1. […] halte ewig. Zwar wurden ja damals auch schon ausführliche Versuchsfahrten durchgeführt (siehe: Renault 4), aber ob sie auch bereits in heisse Gefilde mit Dauersonnenschein führten, das wissen wir vom […]

  2. […] Geschichte des Renault R4 haben wir ja schon ausführlich erzählt, nachzulesen: hier. Guter Wagen, weiterhin. Und weiterhin auch ganz vernünftig in Preis und […]

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