Geschenk
Eigentlich dachten wir ja: Maserati macht ein hübsches, dickes Buch zum 100-jährigen Jubiläum. Und das wars dann. Doch dann macht sich Maserati auf dem Genfer Salon selber noch ein Geschenk: Den Alfieri. Und eine neue Designsprache.
Zuerst: Alfieri. Also, es gab zwei Alfieri Maserati, Alfieri I kam 1885 zur Welt – und starb 1886. Alfieri II, von dem hier die Rede ist, kam 1887 zur Welt und war einer der sieben Gebrüder Maserati, von denen drei am 1. Dezember 1914 die Società Anonima Officine Alfieri Maserati in Bologna gründeten; neben Alfieri II waren noch der Ernesto und der Ettore dabei (Bugatti würde daraus gefühlte 34 Sonderserien machen, auch die Cousinen noch einbauen). Der Alfieri II begann seine Karriere mit 16 Jahren bei Isotta-Fraschini, wechselte dann zu Bianchi, dann wieder zu Isotta-Fraschini, wanderte nach Argentinien aus, kam wieder nach Italien zurück. Der Carlo, der Erstgeborene, verstorben schon 1910, und der Alfieri II waren ganz anständige Rennfahrer. Und ausserdem war der Alfieri II der beste Konstrukteur von allen. Damit ist nun alles unklar, denn wenn Maserati sein jüngstes Produkt Alfieri tauft, dann ist dies wohl in Erinnerung von Alfieri I. Oder auch Alfieri II. Egal. Wir fragen besser nicht nach, solche Dinge stehen auch nicht im dicken Buch…
Der Chefdesigner von Maserati heisst Lorenzo Ramaciotti. Er ist gleichzeitig auch der Scheffscheff des Designs der ganzen Fiat-Gruppe, ganz feiner Mensch, und Maserati ist sein Steckenpferd, er hatte schon die fünfte Generation des Quattroporte (2003 bis 2012) entworfen, damals noch in Diensten von Pininfarina; Ramaciotti ist einer der wenigen engen Vertrauten von Sergio Marchionne, was der 66-jährige in Sachen Optik und Kultur sagt, das ist in Turin Befehl. Und jetzt sagt er also: «Der Alfieri markiert einen Übergang zwischen unserer glorreichen hundertjährigen Historie und der Zukunft, die vor uns liegt.» Maserati erzählt, dass die Idee zum Alfieri im Sommer 2013 entstand, dass damals mehrere Designer gebeten wurden, ohne Vorlagen und Vorgaben eine Studie zum 100. Geburtstag zu entwerfen. Als Vorbild erwies sich dann aber doch der 53er A6 GCS-53, ein Entwurf von Pininfarina (der letzte übrigens für 50 Jahre… – hat jemand ein Bild?). Innen ists dann mehr 5000 GT. Aber es ist ja ok, wenn bei der Feier der Vergangenheit so ein bisserl Retro mitspielen darf. Hinten 21-Zöller, vorne 20-Zöller, das muss dann aber schon sein.
Der Alfieri krankt aber am gleichen Problem wie die anderen aktuellen Maserati: er ist ein Trumm. Der 2+2-Sitzer ist 4,59 Meter lang, das sind zwar fast 30 Zentimeter weniger als ein GranTurismo, aber den kann man ja nicht wirklich als Massstab nehmen, der ist ja der Sattelschlepper unter den Coupés. Es wundert nicht, dass in der ausführlichen Mitteilung zum Alfieri nix zum Gewicht steht…
Was da steht: auf Basis des GranTurismo-Stradale-Chassis (minus 24 Zentimeter), also – Recycling eines Alfa Romeo 8C. Von da kommt auch der allerdings bei Ferrari in Maranello gebaute 4,7-Liter-V8-Sauger mit dann 460 PS und einem maximalen Drehmoment von 520 Nm bei 4750/min. Was man Lärm gehört hat beim Auftritt des Alfieri in Genf: sehr edel. Wie es der 8C auch konnte. Recycling ist halt schon eine gute Sache…
Gut jetzt, also: neue Designsprache bei Maserati. Wir konnten sie irgendwie nicht erkennen. Ramaciotti sagt, dass man den Alfieri in den nächsten zwei Jahren auf die Strasse bringen könnte, dies aber vielleicht nicht tun wird. Oder dann eben doch; wir würden es empfehlen, der GranTurismo, erfolglos seit 2007, könnte einen Nachfolger aber mehr als nur dringend gebrauchen. Und es ist ja jetzt auch wieder Spaziergeld in der Kasse der Modenesen: 2013 konnte Maserati weltweit 15’400 Fahrzeuge verkaufen, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 148 Prozent. Das ist zwar noch eine Ecke von den von Sergio Marchionne geforderten 50’000 Stückern jährlich entfernt, aber der Weg ist ja schliesslich – oder endlich? – das Ziel.
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