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Mate Rimac und sein Traum

Das Wunder von Sveta Nedelja

Das ist dann sehr beeindruckend, schon aus der Ferne: Es sieht aus, als ob ein riesiges Ufo etwas ausserhalb der kroatischen Hauptstadt Zagreb gelandet sei. Silbern glänzt der Rimac Campus in der (nicht wirklich hübschen) Umgebung, ein Heptagon in der Grösse von 75’000 Quadratmetern, gebaut aus Beton und Stahl, verkleidet mit Alu-Wänden, gedeckt ist das alles mit einer gewaltigen Photovoltaik-Anlage. Innen ist alles hell, breite Gassen, welche die einzelnen Abteilungen abtrennen – eigentlich hätte alles offen sein sollen, doch da legte die Feuerwehr ihr Veto ein. In einem Teil werden die Rimac Nevera mehr oder weniger von Hand gefertigt, zwei riesige «Häuser in einem Haus» sind für BMW reserviert, das Design hat reichlich Raum, sogar die persönlichen Schätze von Mate Rimac werden hier standesgemäss untergebracht. Wenn man nun weiss, dass dieses Gebäude nur der erste Teil einer Anlage ist, die bis 2027 noch um drei weitere, sogar noch grössere Gebäude erweitert werden wird, unter anderem eine eigene Batteriefertigung, dann darf man durchaus ein wenig staunen. Zumal die Rimac Group das alles aus eigener Tasche stemmt, auf rund eine Milliarde Euro werden die Gesamtkosten geschätzt.

Mate Rimac also, geboren am 12. Februar 1988 in Livno (damals Jugoslawien, heute Bosnien). Als er drei Jahre alt war, floh seine Familie vor den Bürgerkriegswirren nach Deutschland, im Jahr 2000 kam er dann nach Samobor in Kroatien. Der junge Mate war kein guter Schüler, aber immer fasziniert von Technik und Autos – und er hatte ein gutes Händchen für Elektronik. Motiviert von seinem Lehrer gewann er mehrere Preise, auch international, entwickelte mit 17 den Computer-Handschuh «iGlove», kurz darauf einen Rückspiegel, kaufte mit 18 einen BMW 323i, den er mit 19 zum E-Auto umbauen musste, nachdem sein bester Freund Goran den Sechszylinder verheizt hatte. Es wird erzählt, dass Mate dafür den E-Motor aus einem Gabelstapler seines Vaters ausgebaut habe – und das Ding auf über 600 PS brachte. Damit schaffte er dann mehrere Rekorde – und die Fachwelt wurde auf ihn aufmerksam.

2009 gründete er Rimac Automobili, ganz allein. Ein Jahr später tat er sich mit dem damaligen GM-Designer Adriano Mudri zusammen mit dem Ziel, gemeinsam einen elektrischen Sportwagen zu entwickeln. Rimac fand auch arabische Investoren, doch weil er sich weigerte, seine Firma nach Abu Dhabi zu verlegen, versiegte diese Geldquelle bald wieder; trotzdem konnten Rimac und Mudri 2011 auf der IAA den Concept One vorstellen, 1241 PS. Es dauerte dann noch ein bisschen, bis das Gerät wirklich serienreif war, doch ab 2016 konnte man den Rimac kaufen, 980’000 Dollar, eine Serie von 88 Stück war geplant – wie viele davon tatsächlich gebaut/verkauft wurden, mag Rimac nicht kommentieren. Berühmtheit erlangte der Concept One unter anderem, als «Grand Tour»-Moderator Richard Hammond 2017 beim Bergrennen Hemberg nach der Zieldurchfahrt von der Strecke abkam und das Fahrzeug komplett ausbrannte. Nachfolger des Concept One war 2018 der C_Two, der schliesslich 2021 als Nevera auf den Markt kam, doch das ist eine andere Geschichte.

Man könnte ja nun meinen, die typischen Verspätungen eines Start-up, einer kroatischen Bastlerbude. Nun, das stimmt halt nicht, wie man nicht nur am Rimac Campus sieht. Was in den vergangenen Jahren in und um Sveta Nedelja abgegangen ist, das ist mehr als nur erstaunlich. Zuerst klopften allerlei grosse Fahrzeug-Hersteller bei den Kroaten an, kauften Know-How, liessen ganze Fahrzeuge entwickeln – ohne Rimac wäre etwa der Aston Martin Valkyrie nie das geworden, was er mit viel Verspätung nun ist. Hyundai kaufte sich bei den Kroaten ein, auch Porsche, ein grosser chinesischer Batteriehersteller – und im Juli 2021 gelang Mate Rimac der ganz grosse Coup, seine Rimac Group übernahm 55 Prozent des neuen Unternehmens Bugatti Rimac (VW/Porsche halten die restlichen 45 Prozent). Daneben gibt es aber auch noch Rimac Technology, die zu 100 Prozent Rimac gehört – und die der weitaus grösste Brocken in diesem Konstrukt ist, in den nächsten Jahren auch komplette E-Autos für andere Hersteller bauen wird (siehe oben, BMW). Relativ frisch ist ein weiteres Start-up, Verne, da kümmert man sich ausschliesslich um das autonome Fahren. Verkauft hat Rimac dafür Greyp Bikes, elektrische Hochleistungs-Velos, mit denen er einst die Welt verändern wollte.

Das will er immer noch, täglich: Mate Rimac ist überzeugter Vegetarier, er schliesst jeden seiner Vorträge mit der Aufforderung, doch auf den Konsum von Fleisch zu verzichten. Er selber ist zudem ein nicht so konsequenter Verfechter der E-Mobilität, in seiner Garage stehen ausschliesslich Verbrenner; gerne hätte er noch ein paar Zwölfzylinder mehr. Nicht so schlecht für einen Mann, dem man vor 15 Jahren noch gesagt hatte, es sei absolut unmöglich, in Kroatien ein Auto zu bauen.

Mehr schöne Geschichten haben wir in unserem Archiv.

4 Kommentare

  1. Max Max

    Und das alles geschafft ohne Genderwissenschaftsstudium.

  2. loic dymande loic dymande

    Der Ort wo ein Auto gebaut wird ist pfeif egal!

    2025 noch mehr. Wenn Skill und Herzblut und Wille nicht vorhanden ist,
    gibt es nichts.
    Wenn man es nur mit der Kälte, der nicht vorhandenen Struktur und keiner
    Geschichte betrachtet. Der Großraum Modena, Italien zeigt, dass eine Kultur
    und eine Vorgeschichte, zu Neunen und rebellischen Aktionen führt, die uns
    später den Enzzo Ferrari gebracht haben ( der sich gegen Alfa Romeo lehnt)
    eine neue, oder wieder fort geführte Agenda oder feurige Zielsetzung ( die damals
    neue Formel-1 und hier die ersten 1948er, 49 er Derivate..) Eine Konkurrenz, im
    Inland und in ganz Europa, der Welt ( die Briten sind Motorsport, die Deutschen haben nach 1950 wieder begonnen an etwas neues ( altes ) zu glauben, so entwickelt
    sich das. Und so weiter.

    2030 hast du mit etwas Kapital die Möglichkeit eine Mikrofabrik hin zu stellen, gute
    Leute und eine passendes Fahrzeug, und es kann aufgehen.
    Das ist der nächste Schritt.
    Die alten Strukturen ( VW..) zerbrechen.
    Und in einer Welt, die immer öfter weg gespült wird, sollte die Frage lauten, wie wenig schade ich der Umwelt und letztlich mir. Und das kickt Ideen an und wir landen wieder beim Leichtbau, moderateren Leistungen und geringem Verbrauch.

    In etwa das, was ein Lotus ganz am Anfang mal konnte.
    Wenn Du das nicht tust der kannst, werden die Kunden ausbleiben.
    Zumindest im zivilisierten teil der Welt.
    Wenn man natürlich halb dumm oder ganz in der Bubble lebt wie obiger Max, dann
    wird man halt max weiter mit dem Fuhrwerk fahren, wo hinten der Mist raus kommt.
    Und gen-der-N ist Mode.
    Wie vieles, aber ein intellektueller Tiefflieger, der unter dem Meeresspiegel daher kommt ist halt sehr anaerob. Mit der Zeit.
    Wobei gerade dort der Stirlingmotor gutes für den Akku produziert.( U-boot).
    Und ein Ferrari V-12 der Bio Plasma co2 neutral verbrennt, weil geschlossener Kreislauf, die Kunden wird es dort egal sein, wenn ein Liter oder Kilo FERRARI NUMMER 5 dann 40 oder 50 Euro kostet.
    Es ist die breite Masse die mir MAX sorgen macht. Zombies.

    na ja. Netter Bericht.

  3. Rolf Rolf

    Ich ziehe den Hut vor dem jungen Mann!

    Ich denke, es wird eine Denk- und High-Tech-Fabrik bleiben und kein Massenhersteller von Autos werden, insofern ist es unerheblich, ob die paar Supercars in Kroatien oder sonst wo gebaut werden.

    By the way, Rumänien ist nun auch nicht der klassische Autostandort, aber Dacia sehe ich schon viele.

  4. B.P. B.P.

    Man sagt er hat dem (bereits komplett bankrotten und maroden) Staat Kroatien 200 Millionen abgeschwindelt, teilweise für diesen Monsterbau….

    Man sagt er sei fester Bestandteil aus Waffenbarone, Schmuggler, Balkan-Mafia und Kriegsprofiteure zussammengesetzter kroatischen Oligarchie….

    Man sagt er sei ein narzissistischer Megalomane (Elon?) mit penibelst gewarteter Fassade für die Außenwelt….

    Ein Schelm wer böses denkt….. wer aber das wahre Kroatien kennt (nicht das potemkinsche Dorf der Küste entlang), könnte schon a bissl ins Grubeln kommen…

    Was immer man auch glauben mag….. Ich kaufe mir definitiv kein Auto aus Kroatien, ganz gleich ob da am Ende BMW, VW, Hyundai oder wasweißich drauf steht.

    Dann lieber einen Chinesen. Zumindest ist dort die Scheinheiligkeit nicht Teil des Pakets.

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