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Fahrbericht VW Käfer 1303 S GSR

Gelb-Schwarzer Renner

Es gibt Automobile, die erkenne ich blind am Geruch. Dazu gehören diverse Alfa Romeo aus den 60er und 70er Jahren, natürlich der Citroën 2CV – und der VW Käfer. Selber besass ich nie einen Käfer, ich möchte auch keinen, nicht geschenkt. Aber meine Mutter fuhr so ein Ding, als ich noch ein Bub war, mich so langsam für Autos zu interessieren begann. Und als ich mich kürzlich in einen VW Käfer 1303 S GSR von 1973 setzte, da sagte die Nase sofort: diesen Duft kenne ich. Ich kann ihn nicht genau bestimmen, es ist eine Mischung aus Benzin, Öl, Plastik, muffigem Stoff, Gummi, aber er ist unverkennbar. Und nein, auch die Alfa und der Döschwo riechen nicht besser. Aber anders, ebenso typisch.

Genauso unverkennbar ist die Geräuschentwicklung beim Käfer. Ich lächle, als ich den GSR aus dem VW-Museumbestand anwerfe, sofort kommen auch akustische Erinnerungen hoch. Es ist zwar Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte her, dass ich zuletzt einen Käfer gefahren bin, aber dieses Rasseln, Geschepper: einmalig. Und halt irgendwie schon ganz grosses Kino, wenn man sich in Erinnerung ruft, welch Erfolg der Typ 1 war, welche Bedeutung er in der Automobil-Geschichte hat.

Unter den Käfern nimmt der GSR, was tatsächlich für «gelb-schwarzer Renner» steht, eine besondere Stellung ein. Gebaut wurde er nur zwischen dem 27. Dezember 1972 und dem 1. Februar 1973, es entstanden genau 3500 Exemplare, die schon im März 1973 ausverkauft waren. Das Besondere war: Der GSR erhielt von Volkswagen eine offizielle Tuning-Freigabe – bis zu 100 PS und 165 km/h Höchstgeschwindigkeit. Was «Friseure» wie Oettinger dann auch sofort in die Tat umsetzten.

Ab Werk war der GSR zwar auffällig lackiert, doch Wolfsburg beliess den 1,6-Liter-Motor bei den braven 50 PS, wie es sie auch im 1303 S gab. Das reichte dann für 135 km/h Spitze, in etwa 20 Sekunden kam man von 0 auf 100 km/h. Doch es gab ab Werk schon diverse Möglichkeiten zur Leistungssteigerung, ein Zusatzblatt listete weiteres Sportzubehör auf, Zusatzscheinwerfer, Sportschalthebel, Doppeltonhupe. Und man konnte auch Domstreben vorn, eine verstärkte Getriebeaufhängung oder die verstärkten Längsschweller aus dem Cabrio bestellen.

Das Ziel war klar: Man musste dem Käfer, der sich 1973 nicht mehr wirklich auf der Höhe der Zeit bewegte, mit gutem Marketing nochmals etwas Aufschwung verleihen. Mit einem Preis von 7650 D-Mark war der GSR fair eingepreist, denn er erhielt neben der Biene-Maja-Lackierung auch eine komplett schwarze Stoffausstattung, ein Sportlenkrad mit Lederbezug, Sportsitze sogar mit Kopfstützen und Lehnenverstellung, eine heizbare Heckscheibe und 15-Zoll-Felgen, auf die Pirelli Cinturato von der Grösse 175/70 SR aufgezogen waren. Der normale 1303 S, der 1972 eingeführt worden war und der schon über Einzelradaufhängung mit Federbeinen und querliegenden Schraubenfedern vorn, Scheibenbremsen, die Panorama-Frontscheibe und einen echten Armaturenträger verfügte, kostete 6890 D-Mark. So ein GSR war halt also so ziemlich das Beste, was mit einem Käfer ab Werk möglich war.

Und so rassle ich durch die Gegend. Wobei: Der GSR verhält sich überraschend ruhig, ich hatte das lauter in Erinnerung. Die Lenkung ist nicht das, was man als präzis bezeichnen würde, es ist mehr so eine ungefähre Richtungsangabe. Das Getriebe ist hakelig, der Schaltstock hat die Länge eines Spazierstocks, entsprechend lang sind auch die Wege. Und der 1,6-Liter gehört zu den ganz klassischen GNC, also: gasoline-to-noise-converter. Richtig wild geht es nicht voran, weder Fahrwerk noch Pilot kommen annähernd an ihre Grenzen, doch wir gehören ja auch nicht zu den erfahrenen Käfer-Treibern; anscheinend geht da ziemlich viel, wie die Käfer ja auch auf den Rallye-Pisten bewiesen. Doch wir nehmen lieber noch eine Nase voll – und lächeln zufrieden.

Sie sind übrigens sehr selten geworden, diese GSR, keine hundert Original-Exemplare sollen noch existieren. Natürlich mutierten über die Jahre viele «normale» 1303 S zu gelb-schwarzen Rennern, zumindest optisch, doch das Original hat halt schon seinen besonderen Charme. Tuning-Freigabe ab Werk, allein schon dieser Gedanke ist wunderbar. Und der Geruch selbstverständlich auch.

Wir fuhren den VW Käfer 1303 S GSR im Rahmen einer Veranstaltung von #gcoty, «German Car of the Year»; herzlichen Dank an die Classic-Abteilung von Volkswagen für dieses Vergnügen. Andere Klassiker-Erlebnisse finden sich in unserem Archiv.

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