Zurück zum Content

radical zero: Fahrbericht BYD Sealion 7

Noch ein E-SUV

In China läuft das Geschäft von BYD auf absurd hoher Tourenzahl. Allein im vergangenen Oktober konnte die Marke über 500’000 so genannte NEV (New Energy Vehicle, also alles mit Stecker) verkaufen. Auf Platz 2 kam der Viel-Marken-Konzern Geely mit etwas mehr als 100’000 Fahrzeugen, Tesla rutschte auf Platz 5 ab (68’280), Volkswagen schaffte es noch auf gut 20’000 Stück. Auch wenn man nur die reinen Stromer zählt, bleibt BYD mit fast 190’000 Exemplare allein im Oktober sehr weit in Führung. Die Wahrscheinlichkeit, dass die chinesische Marke in diesem Jahr die Marke von 4 Millionen verkauften Fahrzeugen knackt, wird damit immer grösser. In Europa dagegen läuft es den Chinesen so gut wie gar nicht. Zwar hat BYD wohl einen anständigen Betrag ins Sponsoring der Fussball-EM in Deutschland gesteckt – doch auf der Website byd.de sieht man weiterhin keine Automobile. Zudem hat man sich in Deutschland mit dem geplanten Partner Hedin überworfen, will den Import nun selber aufziehen, bis Ende 2025 stolze 120 Vertriebspartner finden. Wie es in der Schweiz weitergeht, das steht ebenfalls in den Sternen: Anfang Jahr war eine Zusammenarbeit mit der Emil Frey AG angekündigt worden – mehr ist seither nicht passiert. Irgendwelche Auskünfte, wie es weitergeht: absolute Funkstille.

Da kann man sich natürlich fragen, warum ausgerechnet in dieser schwierigen Phase ein neues Produkt auf dem eh schon schwierigen europäischen Markt eingeführt wird, wenn die allfällige Kundin gar nicht so recht weiss, wo sie es denn überhaupt kaufen könnte. Und einfach so in die grüne Heide hinaus wird wohl kaum jemand bereit sein, doch mindestens 47’990 Euro für so ein chinesisches Fahrzeug zu überweisen – die Wahrscheinlichkeit, dass der Sealion 7 den Verkaufszahlen von BYD den dringend benötigten Schub verleihen wird, geht gegen Null. Übrigens: 2023 verkauften die Chinesen in Deutschland 4139 Fahrzeuge, heuer sind es bisher etwas mehr als die Hälfte. Das schafft BYD in seiner Heimat innert weniger Stunden.

Nun stellt sich aber eine andere Frage: Warum sollte man sich überhaupt so einen BYD Sealion 7 kaufen wollen? Nein, es kein schlechtes Produkt, ganz im Gegenteil, da haben wir sicher schon grausligeres Design gesehen aus China, technologisch ist BYD mit seiner Cell-to-Body-Konstruktion, der Blade-Batterie, der 800-V-Architektur ganz vorne mit dabei. Auch ist die gröbste Variante mit 91,3-kWh-Akku, Allrad-Antrieb und 530 PS definitiv nicht untermotorisiert, sie will in 4,5 Sekunden die 0/100 schaffen, maximal 215 km/h schnell rennen, mit 230 kW laden können – und auf über 500 Kilometer Reichweite kommen. Bloss: Das können viele andere Stromer unterdessen alles auch, manche sind hübscher als der BYD, andere sind technisch vielleicht noch etwas hinterher, aber die Auswahl an nicht wirklich günstigen E-SUV ist riesig. Und die meisten davon kann man beim Händler seines Vertrauens zur Probe fahren.

Das haben wir auch gemacht (ohne Händler, aber auf einer Veranstaltung für die Presse). Und auch da: Der 4,83 Meter lange Sealion macht seine Sache gut. Nicht überragend, aber auch in keinem Bereich irgendwie mangelhaft. Die Verarbeitung ist bei der teuersten Variante (Excellence für 58’990 Euro) gut, die verarbeiteten Materialien (echtes Leder…) angenehm, die Platzverhältnisse fürstlich, auch hinten, auch im Kofferraum (520 Liter, bis 1789 Liter bei abgeklappten Rücksitzen) gibt der Chinese sich keine Blösse, das 2,1 qm grosse Glas-Panorama-Dach will eines der grössten überhaupt sein. Und dann gibt es auch noch 128 verschiedene Ambiente-Farben für den Innenraum. Toll – aber lockt das heute noch irgendjemanden hinter dem Ofen hervor? Es fährt sich auch gut, ruhig, komfortabel, ganz flott, aber «benchmark» sieht anders aus.

Nochmals: Das ist alles ok bis gut – aber gleichzeitig doch recht weit entfernt von «Habenwollen». Der Preis mag für die Leistung ebenfalls durchaus fair sein, doch ein Schnäppchen ist so ein Sealion 7 nun wahrlich nicht. Acht Jahre Garantie auf die Batterie sind nett, doch das bieten die Mitbewerber auch. Die haben aber teilweise weniger Übersetzungsfehler in der Software. Wenn etwas heraussticht an diesem Chinesen, dann das riesige Tablet über der Mittelkonsole, das sich zudem noch drehen lässt – das ist ein lustiges Gimmick, aber wohl kaum ein Verkaufsargument. Da müssten sich die Chinesen vielleicht einmal überlegen, das wahrlich scharfe Zeug (Yangwang U7 und U9, Denza Z9, etc.), das sie in China anbieten, auch einmal nach Europa zu bringen, das würde dem Image allenfalls förderlich sein. Noch ein elektrisches, (zu) grosses, (zu) schweres, teures SUV, so dürfte der Sealion 7 einen schweren Stand haben.

Ein paar Worte wollen wir doch noch verlieren zum Design. Denn man sieht dem BYD Sealion 7 schon an, dass er ein Automobil aus China ist – obwohl mit Wolfgang Egger seit 2017 ein bekannter europäischer Designer die Optik der chinesischen Marke verantwortet. Egger hatte gerade in seiner Zeit bei Alfa Romeo (1989 bis 1998, dann wieder von 2001 bis 2007) einige sehr schöne Fahrzeuge auf den richtigen Weg gebracht, vor allem den 8C Competizione. Bei BYD scheinen ihm die Hände mehr gebunden zu sein, auch wenn er den Modellen aus der Ocean-Serie, also auch dem Seelöwen, ein einheitliches Familiengesicht verleihen konnte. Doch auch da, die richtig coolen Produkte, jene, die wohl auch mehr dem europäischen Geschmack entsprechen würden, die behalten die Chinesen derzeit noch für sich.

Mehr Strom? zero. Alles andere: Archiv.

2 Kommentare

  1. Max Max

    Bei den so stark unterschiedlichen Geschmäckern in Europa, USA und China werden wohl über kurz oder lang unterschiedliche Karosserien angeboten werden. Wird ja technisch auch immer einfacher.

  2. oskar oskar

    E N D H Ä S S L I C H…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert