Kunstwerk aus Belgien
Dass ausgerechnet der Niederländer Sylvain de Jong der Gründer der berühmtesten belgischen Automarke war, ist halt so eine hübsche Fussnote der Automobil-Geschichte. De Jong begann 1897 in Antwerpen als Fahrrad-Hersteller, baute ab 1900 Motorräder mit einem Schweizer Einzylinder-Motor – und schon 1903 wurde die NV Minerva Motors gegründet, die bald der grösste belgische Automobil-Hersteller war. 1907 war de Jong so erfolgreich, dass er keine Fahr- und Motorräder mehr produzieren musste, sondern sich auf luxuriöse Automobile konzentrieren konnte; die Minerva-Vertretung in England übernahm ein gewisser Charles Rolls, in den USA gehörte Henry Ford zu den Kunden. 1908 sicherte sich Minerva eine Lizenz an den Doppelschieber-Motoren des Amerikaners Charles Yale Knight, damals eine gute Entscheidung, denn diese Maschinen liefen ruhiger als alle anderen Motoren jener Jahre.



Nach dem 1. Weltkrieg konnte Minerva seine Produktion schnell wieder aufnehmen, in rascher Folge wurden neue Modelle mit vier und sechs Zylindern auf den Markt gebracht. Minerva gehörte zu den innovativsten Hersteller, es gab schon früh elektrische Anlasser und Servo-Bremsen, die Motoren wurden als Monobloc gebaut – und die Qualität war mindestens auf der gleichen Höhe wie bei den bekanntesten Namen jener Zeit. 1925 wurden etwa 3000 Fahrzeuge verkauft, 1928 hatte Minerva fast 7000 Mitarbeiter; im gleichen Jahr starb aber auch der Gründer Sylvain de Jong. Als die Belgier 1930 das Modell AL mit einem ganz neuen 6,6-Liter-Achtzylinder vorstellten, befand sich die Welt mitten in einer Finanzkrise, mit den Verkäufen ging es auch bei Minerva nur noch bergab, obwohl die Marke jederzeit mit Rolls-Royce, Isotta-Fraschini oder Hispano-Suiza konkurrieren konnte.








Der Reihen-Achtzylinder kam auf 120 PS, das war damals beachtlich. Allerdings hatten diese ventillosen Knight-Schieber-Motoren schon auch Nachteile, sie brauchten fast so viel Öl wie Benzin – und sie waren nicht für höhere Drehzahlen geeignet. Auch deshalb eigneten sie sich eigentlich nur für gemächliche Ausfahrten, was Minerva mit höchstem Luxus zu kompensieren versuchte – und einer goldenen Kühlerfigur. Die ersten Besitzer des Minerva AL, den wir hier zeigen, Chassis-Nummer #80105, hatten denn auch reichlich Spaziergeld, Nancy Reynolds Bagley war die Tochter des Tabak-Industriellen R.J. Reynolds. Sie bestellte bei Rollston einen Convertible Sedan, der New Yorker Coachbuilder führte den Wunsch einigermassen konservativ, aber gleichzeitig sehr elegant aus. Es wurden wohl etwa 50 dieser AL gebaut, von denen noch 12 existieren sollen; Broad Arrow versteigert dieses Fahrzeug Mitte Februar, erwartet werden mindestens 400’000 Dollar.









Nach dem 2. Weltkrieg baute Minerva in Lizenz zuerst noch Land Rover für die belgische Armee, 1956 schloss das Unternehmen seine Tore. Andere längst untergegangene Marken finden Sie auch in unserem Archiv. Und dann: Kauft Vorkriegs-Klassiker!
Unglaublich beeindruckendes Automobil, wundervoll gebaut.