Grossartig
Wir beschäftigen uns ja jetzt schon ein bisschen länger sowie intensiver mit den Hemi-Motoren aus dem Chrysler-Konzern, haben ausführlich über die Frühgeschichte geschrieben, hier nachzulesen, und dann ein grösseres Stück zum Street Hemi nachgereicht, hier. Es ist damit selbstverständlich längst noch nicht aller Tage Abend, es kommen noch die Road Runner und Super Bee und sicher auch die Superbird und die Daytona, es folgt selbstverständlich auch der Charger in allen Details. Und dann auch noch den ‚cuda. Doch es gibt jetzt ein Problem.
Gut, die echten «Street Hemi» waren schon bislang keine Schnäppchen. Doch jetzt kommen Mitte Januar auf der Auktion von RM Sotheby’s in Scottsdale fast ein Dutzend aussergewöhnliche Dodge und Plymouth aus dem Jahren 1963 bis 1970 unter den Hammer, (fast) alle mit dem 426er-Hemi. Und da hat es einige wirklich spezielle Geräte darunter – die wir in der Folge etwas genauer vorstellen möchten. Das Problem ist: diese Auktion wird mit grösster Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass die Preise durch die Decke gehen werden. Nicht so sehr für den ebenfalls angebotenen Superbird, denn der ist sowieso schon sehr teuer, aber für diese wunderbaren frühen Belvedere und Coronet, die «understatement» in Reinform sind.
Einfach mal ein Beispiel: Ein 71er Hemi Cuda Convertible, wie wir es unten zeigen (nein, ein solches wird nicht versteigert, aber ein 440-6, wir wir es weiter unten ins Bild setzen) war Mitte der 80er Jahre für so 20’000 Dollar zu haben. 1999 musste man schon eine halbe Million Dollar auslegen, 2003 stieg der Preis auf 800’000 Dollar – und 2005 war man dann bei 3 Millionen Dollar angelangt. Drei Millionen Dollar! Gut, ein solcher Preis wurde seither nicht mehr erreicht, aber einfach, damit man die Grössenordnungen ein bisschen kennt. Jetzt also: ein 70er Plymouth Hemi Cuda Convertible.
Einfach der Ordnung halber, der versprochene 70er 440-6 Cuda, der in Scottsdale versteigert werden wird. Auch wenn er gar nicht hierher gehört, denn es geht ja um die 426 Hemi. Aber er ist halt auch nett – und das ist dann nicht einmal so richtig teuer… (Preisvorstellung von RM Sotheby’s: )
Doch plaudern wir weiter von den unterschätzten 426er, wir greifen uns hier jetzt einmal ein Beispiel aus der RM Sotheby’s-Auktion raus, ein 66er Dodge Coronet 500 426 Hemi Hardtop Coupé. Sieht doch ganz brav aus, hat aber den bösen Motor unter der Haube, der bei sauberer Einstellung problemlos auf über 500 PS kommt. Von diesem Exemplar kennt man die Geschichte ziemlich genau, es wurde durch Mr. Norm’s Grand-Spaulding Auto Sales in Chicago ausgeliefert. Und es ist in dieser Kombination einmalig, «Bronze Metallic»-Lackierung mit «Gold Vinyl»-Innenleben wurde nur ein einziges Mal bestellt. Vom Coronet als Hardtop Coupé mit dem Hemi-Motor und der 3-Gang-«TorqueFlite»-Automatik wurden 135 Stück gebaut, er ist also sowieso ein seltenes Stück – was seinem Preis nicht abträglich sein wird, obwohl er «without reserve» angeboten wird (Preisvorstellung von RM Sotheby’s: ab 65’000 Dollar). Aber sorry, er ist grossartig, oder?
Wir haben hier, also: unten, einen wunderbaren 63er Dodge 330 Lightweight. Der Jahrgang sagt es klar: 1963. Es kann dies also kein Hemi sein, denn die Hemi gab es ja frühstens ab 1964. Und doch sehen wir hier einen sehr interessanten Vorläufer, auch 425 PS, genau wie die Hemi später, auch ein 426er, aber halt: Max Wedge-V8. Der als 426er ja die Basis war für den 426 Hemi. Doch fast noch spannender ist das so genannte «Aluminum Package», das Dodge und Plymouth ihren Kunden anboten, das Stossstangen, Motorhaube samt Lufthutze und auch sonst diverse leichtere Teile aus Alu beinhaltete; inbegriffen im Preis war auch der Verzicht auf die Boden-Teppiche und eine Batterie, die für die bessere Gewichtsverteilung in den Kofferraum wanderte. Es gab auch sonst null Luxus, nicht, was das Fahrzeug hätte schwerer machen können – es ging bei diesem Dodge 330 um den Sprint von der roten Ampel. Und so auf- oder besser: abgerüstet war er quasi unschlagbar. Dieser Wagen, der am 19./20.1.17 von RM Sotheby’s in Arizona versteigert wird, soll das dritte von nur gerade neun gebauten Exemplaren dieses Jahrgangs sein. (Preisvorstellung von RM Sotheby’s: ab 180’000 Dollar.)
Bevor wir dann zu den echten «Hemi» kommen, die am 19./20.1.2017 von RM Sotheby’s versteigert werden, haben wir hier noch einen höchsten interessanten Vorläufer, einen 63er Dodge Polara als Hardtop Coupé. Angetrieben vom «Max Wedge», also dem 426er-V8 mit 425 PS (die so genannte Stage-II-Version), der seine Kraft über eine TorqueFlite-3-Gang-Automatik abgab, war dies schon damals ein sehr spezielles Fahrzeug, definitiv ein Muscle Car, denn der Polara war bei Dodge damals die Mittelklasse. (Preisvorstellung von RM Sotheby’s: ab 60’000 Dollar.)
Dieses Fahrzeug ist aber deshalb so aussergewöhnlich, weil es zwar den scharfen Motor hatte, wie er auch für die Super Stock und die NASCAR verwendet wurde (und an jedem Rotlicht die Gegner platt machte), aber trotzdem gut ausgestattet ist, mit elektrischen Scheibenhebern und einem Radio zum Beispiel (aber interessanterweise ohne Heizung…). Ansonsten selbstverständlich Starrachse, Trommelbremsen – ach, wir lieben diese Geräte.
Weiter, und immer weiter, heute: ein 64er Plymouth Belvedere. Der wieder ganz brav aussieht, es aber faustdick im Motorraum hat. Wir hatten in unserer Hintergrund-Story zum 426er Hemi ja schon gelernt, dass Chrysler die mit einem Hemi-Kopf verbesserten 426er Wedge im Januar 1965 bei Daytona 500 erstmals ins Rennen schickte – und Richard Petty, Jimmy Pardue und Paul Goldsmith gleich das ganze Podest besetzten. Das gefiel den Offiziellen gar nicht, also wurden sofort neue Regeln erfunden – und das Chrysler-Rennteam war die ganze Renn-Saison zur Untätigkeit verdammt. Dies ganz einfach, weil die NASCAR verlangte, dass die Motoren auch in Strassenfahrzeugen eingebaut sein mussten. Das Fahrzeug, das wir hier zeigen, ist so etwas wie eine Übergangslösung, ein so genannter «transitional car». Es handelt sich um einen 64er Belvedere, der nicht über das weiter oben beschriebene «Aluminium Package» verfügt, aber doch über ein paar Besonderheiten der «Lightweight»-Geräte, etwa die komplett fehlende Innenausstattung sowie die im Kofferraum montierte Batterie. Gemäss Büchern war dieser Plymouth mit einem klassischen «Max Wedge» bestellt worden, erhielt dann aber ab Werk den «Race Hemi» – der Kunde wird sich nicht beklagt haben. Zwischen neun und 15 solcher «transitional cars» sollen bei Chrysler entstanden sein, so genau weiss man es nicht mehr, doch dieses Exemplar gehört sicher dazu. Auch wenn es leider nicht mit einem manuellen Getriebe ausgestattet ist, sondern mit der 3-Gang-TorqueFlite. (Preisvorstellung von RM Sotheby’s: ab 125’000 Dollar.)
So langsam normalisierte sich das alles, ab 1965 bestellte man sich einen 426er Heim einfach aus dem Prospekt. Dort gab es nicht nur den 425-PS-Motor, sondern auch die Option «Super Stock». Das bedeutete dann zwar nicht mehr wie bei früheren «lightweight»-Modellen die Alu-Teile, aber es wurde immerhin dünneres Blech verwendet, auch leichteres Glas, und an der Innenausstattung konnte auch gespart werden. Und so ausgerüstet war dann so ein Dodge Coronet Super Stock Hemi Lightweight, wie er korrekt hiess, ein sehr schönes Gerät. Allerdings: so rein optisch hatten es die Dodge und Plymouth jener Jahre schwer, ein Pontiac GTO oder ein böser Chevrolet machten schon einiges mehr her. Heute mögen diese ganz klassischen Formen interessant sein, aber damals standen die Fahrzeuge wie Blei bei den Händlern. Leider gibt es zu den Produktionszahlen auch ziemlich unterschiedliche Angaben. (Preisvorstellung von RM Sotheby’s: ab 140’000 Dollar.)
Und noch ein ganz seltenes Gerät: ein 65er Plymouth Belvedere als Super Stock Lightweight, also: Hemi-Motor mit 425 PS (mindestens), diesmal mit dem manuellen 4-Gang-Getriebe – und davon gab es gerade einmal 11 Stück. Dieses hier stand viele Jahre im Chrysler-Museum. (Preisvorstellung von RM Sotheby’s: ab 160’000 Dollar.)
Aber reden wir jetzt doch auch einmal über: Geld. Denn unterdessen hat RM Sotheby’s die Schätzpreise für die Auktion vom 19./20.1. veröffentlicht. Dieses 66er Cabriolet eines Dodge Coronet 500 wird auf mindestens 175’000 Dollar geschätzt. Wir empfinden das jetzt als noch vernünftig, denn von diesem Modell wurden in Kombination mit dem 426er-Hemi und dem manuellen 4-Gang-Getriebe genau 12 Stück gebaut. Würde da jetzt Ferrari dranstehen, dann ginge der Preis in die Millionen – und die Fahrleistungen wären auch nicht besser. Kommt dazu, dass es sich bei diesem Fahrzeug quasi um einen Neuwagen handelt, das Gerät hat gerade einmal 300 Meilen auf dem Tacho.
Eigentlich ein Traum für jeden Freund von wahren «muscle cars» ist dieser 67er Dodge Coronet 440 als Super Stock Hemi. Logisch, der 426er-Motor, dazu die Option Super Stock, also: Erleichterungen allerorten. Dazu die klassische Lackierung, also: Weiss, dazu das klassische Interieur, also: Schwarz. Und doch hat das Fahrzeug einen kleinen Fehler, und es ist irgendwie auch unverständlich, weshalb er damals so bestellt wurde. Denn die 3-Gang-Automatik namens TorqueFlite passt irgendwie so gar nicht zu diesem Fahrzeug, das mit dem manuellen 4-Gänger die prefekte Renn-Maschine gewesen wäre, damals. Andererseits: das Leben besteht ja nicht nur aus Drag Races und qualmenden Reifen. RM Sotheby’s stellt sich vor, dass dieser Dodge mindesten 100’000 Dollar einbringen müsste.
So, und hiermit kommen wir tatsächlich zu einem Ende unserer Hemi-Flut. Wir geben noch einen 67er Plymouth Belvedere drauf, selbstverständlich mit dem Hemi-Motor, leider mit der TorqueFlite-Automatik, dafür schön in Weiss. Und als Super Stock – 55 Stück davon wurden 1967 gebaut, um dem NHRA-Reglement zu genügen. RM Sotheby’s erwartet mindestens 100’000 Dollar für dieses feine Stück, das wahrscheinlich erst 367 Meilen auf dem Tacho hat.
Ja, das mag jetzt alles etwas viel gewesen sein. Aber sehen Sie es als Zeitdokument, irgendwann werden wir froh sein um diese Informationen und Bilder. Mehr interessante Amerikaner finden sich in unserem Archiv.
[…] Mag426 HemiEs sei etwas erzählt von der Preisentwicklung bei den 426 Hemi. Und wir zeigen: wunderbares […]
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