Zurück zum Content

related: Sportwagen-Weltmeisterschaft 1966

Zum ersten Mal: Ford

Es war einfach: zu kompliziert. 1965 gab es 20 Läufe zur Sportwagen-Weltmeisterschaft, es gab Koeffizienten von 2.0 (Le Mans) über 1.6 und 1.3 bis 1.0, es gab einen Weltmeister bis 1,3 Liter Hubraum (Abarth), einen weiteren bis 2 Liter Hubraum (Porsche), noch einen über 2 Liter Hubraum (Shelby) und schliesslich die Prototypen-Trophy (Ferrari). Die FIA hatte im Jahr darauf ein Einsehen mit sich selber, den Teams und vor allem dem geneigten Publikum, es gab nur noch 13 Läufe, alle zählten gleich mit Ausnahme der 24 Stunden von Le Mans (Koeffizient 1.5) und dem einzigen verbliebenen Bergrennen (Crans-Montana, Koeffizient 0,5). Blöd nur: Es gab noch mehr Weltmeister-Titel. Bei den Prototypen über 2 Liter Hubraum gewann Ford (endlich! Alles zum Projekt Ford GT40 gibt es: hier), bei jenen unter 2 Liter Hubraum Porsche. Dann gab es noch Pötte für die Sportwagen über 2 Liter Hubraum (Ford), bis 2 Liter Hubraum (Porsche) und bis 1,3 Liter Hubraum (Abarth). Aber: Es gab ganz grossartige Rennen, die Saison 1966 gehört zu den absolute Höhepunkten der Sportwagen-Weltmeisterschaften.

24 Stunden von Daytona (6. Februar)

Niemand mag das 24-Stunden-Rennen in Daytona Beach. Der Kurs besteht zu drei Vierteln aus dem üblichen amerikanischen Oval, dazu gibt es ein paar fiese Ecken im Infield. Vor allem aber findet das Rennen quasi im Winter statt, 1966 war es der 6. Februar, für die Nacht waren Minus-Temperaturen vorausgesagt. Da ist es kein Wunder, dass kaum Publikum an der Strecke ist. Für die erste Austragung eines 24-Stunden-Rennens – davor wurde meist über 2000 Kilometer gefahren – hatte zudem Pepsi das Patronat übernommen, es gab keinen Alkohol auf dem Renngelände, nur Cola. Es war klar: Ford musste nun endlich Erfolg haben. Carroll Shelby brachte drei Mk.II mit dem neuen 7-Liter-Motor, auch Holman & Moody meldete zwei GT40, dazu kam noch ein Werks-Fahrzeug aus England. Ferrari versuchte sein Glück mit zwei 365P2 (aber ohne Werksunterstützung), Porsche debütierte mit dem 906, die von einer Reihe 904 unterstützt wurden. Spannend: der Chaparral 2D. Das Training dominierte Ken Miles im Shelby-Mk.II, allerdings nur knapp vor Phil Hill im einzigen Chaparral. Der sich mit Joakim Bonnier am Steuer nach dem Start auch gleich an die Spitze setzte. Doch bald schon übernahmen Miles und sein Beifahrer Lloyd Ruby die Führung – und gaben sie nicht mehr ab. Nach 24 Stunden standen drei Ford GT40 auf dem Treppchen, Miles/Ruby schafften 678 Runden (also mehr als 4150 Kilometer), acht mehr als Gurney/Grant, eine weitere Runde zurück kamen Hansgen/Donohue ins Ziel. Herrmann/Linge gewannen die Prototypen-Klasse bis 2 Liter in ihren neuen Porsche 906 (6. Gesamtrang).

12 Stunden von Sebring (26. März)

Im Gegensatz zu Daytona war das traditionelle 12-Stunden-Rennen von Sebring immer ein Publikumsmagnet gewesen; es gab dort auch Bier. Und im Gegensatz zu Daytona war Ferrari in Sebring auch wieder als Werk vertreten, die Italiener brachten einen ganz neuen 330P3 und einen Dino 206S an den Start. Vorjahressieger Jim Hall meldete zwei Chaparral 2D, Porsche kam mit vier Werkswagen, doch die Übermacht lag beim Heimspiel selbstverständlich wieder bei Ford. Dan Gurney fuhr in einem GT40 Mk.II die schnellste Trainingszeit, kam dann aber bei Start nicht vom Fleck, handelte sich gleiche eine Runde Rückstand ein – und fuhr in der Folge das Rennen seines Lebens. Dies bis ein paar Hundert Meter vor dem Ziel, da hatte sein Ford einen kapitalen Motorschaden. Gurney versuchte zwar noch, das Fahrzeug über die Ziellinie zu schieben, doch wenige Meter vor der Flagge wurde er von Ken Miles abgefangen, der zusammen mit Lloyd Ruby davor keinen Meter geführt hatte. Miles/Ruby fuhren einen ganz besonderen GT40 zum Sieg, einen X1 Roadster. Auf den Plätzen 2 und 3 klassierten sich zwei weitere Ford GT40, Herrmann/Buzzetta holten auf einem Porsche 906 einen weiteren Klassensieg. Bei den Sportwagen bis 1,6 Liter Hubraum gewann der Schweizer Gaston Andrey auf einem Alfa Romeo TZ2. Das Rennen war leider überschattet von zwei tödlichen Unfällen, bei denen vier Zuschauer und und Ford-Pilot Bob McLean starben.

1000 Kilometer von Monza (25. April)

Bei den 1000 Kilometer von Monza, die im strömenden Regen stattfanden, konnte Ferrari endlich wieder auf John Surtees zurückgreifen. Der gewann in einem 330P3 auch das Rennen, obwohl ihm Ferrari-Rennleiter Eugenio Dragoni Mike Parkes als Co-Piloten zugeteilt hatte, den Surtees gar nicht leiden konnte. Hinter dem Ferrari kamen zwei Ford GT40 aufs Podium, Gregory/Whitmore sowie Müller/Mairesse. Hans Herrmann holte zusammen mit Gerhard Mitter in einem Porsche 906 einen weiteren Klassensieg. In Monza wurde auch zum ersten Mal der Matra MS620 eingesetzt.

Targa Florio (8. Mai)

Seit 1959 war die legendäre Targa Florio immer geprägt gewesen vom Zweikampf zwischen Porsche und Ferrari. 1959 hatten die Deutschen mit dem 718 RSK ihren ersten grossen Sieg geschafft, auch 1960, 1963 und 1964 standen die Stuttgarter ganz oben; dazwischen hatte Ferrari gewonnen. Auch die Targa Florio 1966 stand ganz im Zeichen dieses Zweikampfs, gleich 10 der unterdessen als Sportwagen homologierten Porsche 906 standen am Start, vier davon vom Werk gemeldet. Ferrari setzte auf einen 330P3 (als Spyder) und drei Dino 206, Ford France meldete einen GT40. Zuerst dominierte Vaccarella im Ferrari 330P3, dann schob sich Gerhard Mitter im Porsche 906 nach vorne – und dann kam der grosse Regen, der die Favoriten reihenweise von der Strecke spülte. Am Ende gewannen Herbert Müller/Willy Mairesse auf einem von der Scuderia Filipinetti gemeldeten Porsche 906 vor Guichet/Baghetti auf einem Dino sowie einem weiteren Porsche 906 von Arena/Rucci. Auf den 6. Gesamtrang fuhr überraschenderweise eine Alpine A110 – und der finnische Rallye-Spezialist Timo Mäkinen schaffte es mit einer bravourösen Leistung in einem fast serienmässigen MGB auf den 9. Rang.

1000 Kilometer von Spa-Francorchamps (22. Mai)

1966 fand erstmals ein 1000-Kilometer-Rennen auf dem 14 Kilometer langen Circuit de Spa-Francorchamps statt. Es war eine ausgesprochen schnelle Strecke, die Sieger Mike Parkes/Ludivico Scarfiotti legten die 1001,1 Kilometer auf einem Ferrari 330P3 in 4:43,24 Stunden zurück, was einem Schnitt von fast 212 km/h entspricht. Sie verwiesen Whitmore/Gardner sowie Revson/Scott in ihren Ford GT40 deutlich auf die Plätze. Auch bei den Prototypen bis 2 Liter Hubraum gewannen die Italiener (Attwood/Guichet, Dino 206S), in der Klasse bis 1,3 Liter Hubraum ging der Sieg an eine Alpine A210. Man darf diese 1000 Kilometer von Spa nicht mit dem 24-Stunden-Rennen (23./24. Juli) gleichenorts verwechseln, das der GT-Klasse vorbehalten war.

1000 Kilometer auf dem Nürburgring (5. Juni)

Das Rennen auf der Nordschleife war ein Volksfest, mindestens 250’000 Zuschauer strömten an die 22,8 Kilometer lange Strecke. Und sie sahen ein grossartiges Rennen mit einem überraschenden Sieger: Phil Hill/Joakim Bonnier gewannen auf einem Chaparral 2D (mit 2-Gang-Automat!), obwohl Hill in den letzten Runden bei strömendem Regen immer wieder die Dachluke öffnen musste, um von Hand die Frontscheibe zu reinigen. Auf den zweiten und dritten Platz kamen die kleinen Dino 206S mit Scarfiotti/Bandini sowie Rodriguez/Ginther; die zu Beginn führenden Surtees/Parkes brachten ihren Ferrari 330P3 nicht ins Ziel. Einen Klassensieg gab es für den Abarth 1300 OT.

24 Stunden von Le Mans (18./19. Juni)

Da gibt es einen ausführlichen Bericht: hier.

500 Kilometer von Mugello (17. Juli)

Mugello verfügt zwar auch über einen Rundkurs, doch das 500-Kilometer-Rennen von 1966 wurde auf einem 66,2 Kilometer langen Strassenkurs ausgetragen. Nur Porsche und Alfa Romeo (Autodelta) schickten Werkteams nach Italien, Gerhard Koch/Jochen Neerpasch gewannen das Rennen auf einem Porsche 906. Dahinter kamen gleich zwei der neuen Alfa Romeo Giulia GTA aufs Podium, bemerkenswert sicher die Leistung von Enrico Pinto, der die gesamte Strecke allein fuhr.

Coppa Città di Enna (7. August)

Das Autodromo di Pergusa bei Enna ist ziemlich aussergewöhnlich: In der Mitte des Kurses befindet sich der einzige natürliche See Siziliens. Es gibt nur eine kleine Tribüne für etwa 5000 Zuschauer, das restliche Publikum sitzt auf natürlichen Anhöhen. Die Coppa Città di Enna zählte seit 1962 zur Sportwagen-Weltmeisterschaft (und hatte in jenem Jahr Abarth einen Gesamtsieg beschert), gefahren wurden 1966 nur gerade 335,8 Kilometer, dies in weniger als zwei Stunden. Gewinner war nicht der favorisierte Lokalmatador Nino Vaccarella auf einem Werks-Dino 206S, er schied nach einem Wagenbrand aus, sondern Marsilio Pasotti, ebenfalls auf einem «kleinen» Ferrari. Zweiter wurde der Schweizer Charles Vögele auf einem Porsche 906, der damit seine beste Platzierung in einem WM-Lauf schaffte.

Grosser Preis von Hockenheim (14. August)

Der Hockenheim-Ring war erheblich umgebaut worden und durfte 1966 zum ersten Mal einen Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft austragen. Wobei: Es war mehr eine Porsche-Veranstaltung, zwölf Porsche 906 waren gemeldet, elf gingen an den Start – und sieben davon standen auf den vordersten Plätzen der Rangliste. Gewonnen wurde das in zwei Läufen ausgetragene Rennen von Gerhard Mitter vor Günter Klaas und Hans Herrmann, eben, alle auf Porsche 906.

Sierre – Crans-Montana (28. August)

Bergrennen sind eine ganz eigene Disziplin, nicht alle Rennfahrer mögen diesen Tanz zwischen Felswand und Abgrund. Die Strecke zwischen Sierre und Crans-Montana ist 11 Kilometer lang und gilt aus anspruchsvoll und gefährlich. Die Veranstaltung 1966 war gleichzeitig der sechste Lauf zur Berg-Europameisterschaft wie auch der elfte Lauf der Sportwagen-WM. Die Prototypen-WM war schon entschieden, aber in der Berg-EM ging es noch um alles, Gerhard Mitter hatte auf Porsche die ersten vier Läufe für sich entschieden, doch Ludovico Scarfiotti blieb ihm nach einem Sieg im fünften Lauf auf den Fersen. Scarfiotti holte dann auch den Sieg in Crans-Montana auf einem Dino 206S vor Mitter, obwohl dieser in einem extra gebauten Porsche 904/8 Bergspyder antrat. Auf Rang 3 kam Hans Herrmann in einem Porsche 910.

500 Kilometer auf dem Nürburgring (4. September)

Gut, man muss nicht alles verstehen. Und weil wohl niemand verstand, weshalb der zweitletzte Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft nur für Fahrzeuge bis 1,3 Liter Hubraum ausgeschrieben war, kamen auch nur 15’000 Zuschauer an die Nordschleife – beim «offenen» 1000-Kilometer-Rennen waren es noch 250’000 gewesen. Vorjahres-Sieger Mauro Bianchi fuhr auf einer Alpine A210 die schnellste Trainingsrunde, sah auch lange wie der sichere Sieger aus, schied dann aber kurz vor Schluss mit einem Aufhängungsschaden aus. Ernst Furtmayr auf einem Abarth 1300 OT konnte erben, auf den zweiten Platz fuhr Roger Delageneste auf einer Alpine A210, den dritten Platz schafften Müller/Steinmetz auf einem Abarth 1000SP.

500 Kilometer von Zeltweg (11. September)

Zum ersten Mal wurde 1966 auch in Österreich ein Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft ausgetragen, dies auf dem eigenartigen Kurs auf einem ehemaligen Militärflughafen in Zeltweg. Die Plätze in der WM waren längst vergeben, nur Porsche schickte sein Werksteam in die Steiermark, Mitter/Herrmann holten auf einem 906 den Sieg vor dem alleine fahrenden Jo Siffert, ebenfalls 906, und Schütz/Linge, nochmals 906. Erstaunlich war, dass die deutlich stärkeren Ford GT40 von Mike Salmon, Mauro Casoni, Jochen Rindt und Innes Ireland keine Chance hatten.

Was wir schon hatten:

Sportwagen-Weltmeisterschaft 1953

Sportwagen-Weltmeisterschaft 1954

Archiv.

Die Autos:

Alfa Romeo Giulia Sprint GTA

Alfa Romeo TZ / TZ2

Dino 206S

Ford GT40

Jim Hall & Chaparral

Porsche 904

Porsche 906

Die Fahrer:

Gaston Andrey

Herbert Müller

2 Kommentare

  1. maxi moll maxi moll

    1966….
    Ein anderer Planet, ein anders Zeitalter..
    Cooler Beitrag 🙂

    Wenn ich mich mit ausgeatmeter Spannung in meinen Lotus Formel-2
    ( L-41–Nummer 43 geb.) rein presse, und hoffe mein THOR-eisen-körper wird diese dünnen Rohre nicht zerfetzen, die
    wh ein Fake Aluminium sind ( Chapmann Element 234) ( lol)..und mein Freund startet den Motor, und ich pumpe und fluche über die Bremse, weil die eig für Füße Größe 23 sind, die aber trittst se net, den Motor wegwürgt, weil deine linke Latsche die Kupplung und so weiter..
    Und er geht an. Hinten noch Gemisch andrehen ( hoffen, dass der jetzt net Feuer fängt) und ich bring den Gang rein, ohne den Hebel ab zu reißen, dann geht es
    aus der Garage raus auf meine kleine Strecke.. WEHE BAUER FRITZ kommt mit dem JOHN DEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEERE ent gegegen! ( DOA)
    Es ist ein Erlebnis, und Sau teuer, nutzlos und doch alles.
    Und ein wenig hab ich etwas von dem Zeitalter geatmet.
    Als Bub stand ich erst 1970 in Le Mans.
    Nach dem Buckel.. 2456m+- nach dem Knick..
    Dort hast ein Eis gegessen und wenn der 917 L kam, mit 91 Meter in der Sekunde, haben drei Vanilleeisbälle sich erhoben und sind im Luftzug 20 Meter geflogen..
    Und dann kamen die andern. Der Matra.. Und einige rote, der Lola Krüppel, dann nix.
    Dann die Volksklasse..

    ewig…:)

  2. Beat walti Beat walti

    Wieder eine spannende Mitternachtslektüre von Euch! Vielen Dank. Keep it up!????

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert