Zur falschen Zeit
Nicht einmal die ganze Saison 1990 dauerte das Formel-1-Abenteuer von Peter Monteverdi. Der Enthusiasmus mochte gross gewesen sein, doch die Resultate waren ernüchternd, ein siebter Platz in Monaco von Gregor Foitek war die beste Platzierung. Nach zehn Rennen mussten die Schweizer aufgeben, und obwohl Monteverdi noch ein Fahrzeug für die Saison 1991 konstruierte, blieben von diesem Abenteuer nur Schulden, Kopfweh – und sechs Ford-Cosworth-DFR-V8-Motoren.
Einigermassen überraschend stand auf dem Autosalon Genf im Jahr 1992 dann ein komplett neuer Monteverdi, bezeichnet als Hai 650 F1. Es war eine wilde Konstruktion, quasi ein Formel-1-Rennwagen für die Strasse, nicht nur, weil mittig einer dieser Cosworth-Motoren mit 3.5 Litern Hubraum und einer geschätzten Leistung von 650 PS eingebaut war.
Das Chassis bestand hauptsächlich aus Kohlefasern und wurde von den Schweizer Spezialisten Stephan Kurt und Mike Schneider konstruiert, das Design stammte vom damals erst 24-jährigen Klaus Frentzel, der damals noch Student an der Pforzheimer Designschule war (und heute in leitender Stellung in der Designabteilung von Mercedes-Benz arbeitet). Die Karosserie wurde aus Epoxidharz, Kohlefaser und Kevlar geformt.
Es waren die ganz wilden Jahre der Supersportwagen, damals. Oder besser: Sie waren schon wieder vorbei, der Tod von Enzo Ferrari 1988 hatte den Markt zum Einsturz gebracht. Zwar tummelte sich der Monteverdi Hai 650 F1 in einem Umfeld von Porsche 959, Ferrari F40, Jaguar XJ220, Bugatti EB110 und auch noch dem wahnsinnigen Vector, aber eigentlich ging 1992 nicht mehr viel. Mit einem angedachten Preis von 850’000 Franken sollte der Hai mehr als doppelt so viel kosten wie ein F40, nur der Vector war noch teuerer (und wurde auch nur höchst selten verkauft).
Das dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb nur drei Stück entstanden, der Prototyp in Lila, der in Genf ausgestelllt war (ohne Motor), dazu zwei feuerrote Exemplare, von denen man auch nicht genau weiss, ob sie je einen zahlenden Käufer gefunden haben.
Das könnte auch daran gelegen haben, dass der Monteverdi Hai 650 F1 nie eine Strassenzulassung erhielt – er war schlicht und einfach ein Formel 1 mit zwei Sitzen und ein bisschen Karosserie darüber. Viel Auto war es tatsächlich nicht, in der ersten Pressemitteilung wurde das Leergewicht mit 700 Kilogramm angegeben. Hätte die Leistung tatsächlich 650 PS betragen, dann wären die angegebenen Fahrleistungen von acht Sekunden für den Sprint von 0 auf 200 km/h und mehr als 330km/h Höchstgeschwindigkeit wohl auch möglich gewesen.
Es wurden aber etwa 850 Kilogramm für 580 PS. Auch nicht schlecht. So richtig ausprobiert hat es bisher niemand.
Einer dieser Monteverdi Hai 650 F1 wird aktuell im Verkehrshaus Luzern ausgestellt, der andere steht – vielleicht – zum Verkauf: www.youngtimervision.ch. Mehr so schräge Fahrzeuge gibt es zum Beispiel unter: Die Aussergewöhnlichen.
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